Nach kurzer Zeit löste ich mich wieder von meiner Mum. Dabei fiel mein Blick auf die Uhr, die hier im Flur hing. 17:30. Mist! Kyle kam schon in einer halben Stunde! "Sorry Mum aber ich muss mich jetzt fertig machen. Kyle holt mich in einer halben Stunde ab.", rief ich ihr zu, während ich schon die Treppen hochlief. "Kyle? Der beste Freund von Fynn? Warum holt er dich ab?", fragte sie verwirrt. "Erklär ich dir morgen! Ich muss mich jetzt wirklich fertig machen!", und mit diesen Worten verschwand ich in meinem Zimmer. Jetzt stand ich vor meinem Schrank und wusste nicht was ich anziehen sollte. Sollte es eher elegant oder doch lieber schlicht und alltäglich sein? Ich wollte nicht, dass er dachte, dass ich mir für ihn Mühe gegeben hätte. Würden wir allerdings in ein Restaurant gehen, konnte ich schlecht in Jeans und normalem Shirt dort auftauchen. Ich brauchte Hilfe. Also suchte ich Fynn und fand ihn schließlich in seinem Zimmer. "Hey Ava, alles okay? Ich hab dich und Caitlyn vorhin schreien gehört." "Ja das hat sich geklärt, aber ich brauch trotzdem deine Hilfe. Ich weiß nicht was ich anziehen soll und Kyle kommt schon in 20 Minuten." "Kein Problem wir finden schon was schönes."
Und so stand ich nun 15 Minuten später vor meinem Spiegel und betrachtete mich kritisch. Ich trug eine schwarze eng anliegende Jeans und dazu ein helles T-Shirt mit einem Cardigan drüber, damit meine Narben verdeckt waren. Meine Haare fielen mir offen über die Schultern und ich trug kein Makeup. Das hatte ich noch nie getan und ich wollte nicht heute meine ersten Versuche damit machen, vorallem nicht in der kurzen Zeit. "Und du bist dir sicher, dass das so passt?", wollte ich von Fynn wissen, der hinter mir stand. "Du siehst perfekt aus Ava. Mach dir keinen Kopf. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es Kyle genauso gut gefallen wird wie mir.", beruhigte er mich. "Danke. Ohne dich wäre ich verloren gewesen.", gestand ich ihm und umarmte ihn zum Schluss. Das war nun schon das zweite mal innerhalb von nicht mal einer Stunde, dass ich jemanden freiwillig umarmte. Vor ein paar Wochen noch hätte ich nie gedacht, dass ich das jemals zulassen könnte, doch die Menschen hier, allen voran Fynn, hatten mir gezeigt, dass nicht jeder so wie mein Vater war und dass ich ihnen vertrauen konnte. Sie veränderten mich, aber zum besseren. Ich hoffte, dass Kyle mir heute Abend zeigen würde, dass ich auch ihm wieder vertrauen konnte. Und wie als hätte er gewusst, dass ich gerade an ihn dachte, klingelte in diesem Augenblick jemand bei uns. Kyle.
Nervös öffnete ich ihm die Tür. Er trug ebenfalls eine Jeans und ein T-Shirt, welches seine Musklen betonte und darüber noch eine Lederjacke. Er sah wirklich gut aus, schoss es mir durch den Kopf. "Hey", brachte ich schließlich raus. Ich war wirklich verdammt aufgeregt. "Hey. Du siehst wirklich toll aus Ava." Ich spürte, wie ich bei seinem Kompliment rot wurde. So etwas hatte noch nie jemand zu mir gesagt und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. "Danke.", flüsterte ich bloß und senkte verlegen meinen Kopf. "Wollen wir dann los?", fragte Kyle und hörte sich dabei leicht unsicher an. Anscheinend war ich nicht die einzige, die nervös war. "Gern." Ich folgte ihm nach draußen und stieg in sein Auto ein. "Wo fahren wir eigentlich hin.", wollte ich wissen, als er den Motor startete. "Lass dich überraschen.", meinte Kyle nur und grinste mich kurz an, bevor er sich wieder auf die Straße konzentrierte. Wir fuhren ungefähr fünfzehn Minuten, während denen Stille im Auto herrschte, da wir beide total aufgeregt waren und nicht wussten, was wir sagen könnten, bevor wir schließlich vor einer Pizzeria hielten. Kyle parkte den Wagen und wandte sich mir zu. "Ich hoffe es ist okay für dich, wenn wir hier essen. In so noblen Restaurants komm ich mir nämlich immer irgendwie fehl am Platz vor, aber wenn du lieber woanders essen möchtest, dann ist das kein Problem für mich und wir fahren weiter. Du musst es mir...", redete er drauf los. Er redete immer so viel, wenn er unsicher war, was ich, um ehrlich zu sein, ziemlich süß fand. Um ihn zu beruhigen, unterbrach ich ihn kurzerhand. "Alles ist gut Kyle. Die Pizzeria passt perfekt. Ich esse auch nicht gern in nobel Restaurants." Ich sah wie er erleichtert ausatmete. "Gut, dann lass uns doch reingehen." Gemeinsam stiegen wir aus und gingen in die Pizzeria, wo wir uns einen zweier Platz am Fenster suchten. Kurz darauf kam auch schon eine Bedienung und nahm unsere Bestellung auf. Kyle wollte eine Cola und eine Schinken Salami Pizza, während ich mir die hausgemachte Zitronenlimonade und eine Hawaii Pizza bestellte. "Wir könnten das Frage Antwort Spiel spielen um uns besser kennenzulernen.", schlug Kyle vor, nachdem uns die Bedienung unsere Getränke gebracht hatte. "Was ist das?" "Einer stellt eine Frage und der andere muss sie ehrlich beantworten. Danach wird getauscht." "Ok klingt gut." "Dann fang ich einfach mal an. Was ist deine Lieblingsfarbe?", fragte mich Kyle und sah mich an. "Grün. Und deine?" "Blau. Was isst du am liebsten?" Wir spielten bis unser Essen kam. Ich hatte viel Neues über ihn erfahren. Hauptsächlich unwichtige Kleinigkeiten, aber auch, dass seine Eltern sich getrennt hatten und sein Vater weggezogen war. Wir fanden aber auch einige Gemeinsamkeiten herraus, zum Beispiel mochten wir beide italienisches Essen. Ich hatte Spaß und die Pizza war wirklich lecker. Als unsere Teller leer waren, rief Kyle die Bedienung und bezahlte. Ich wollte mein Essen zwar selbst zahlen ,doch er ließ mich nicht, da er ja ,,etwas gut zu machen" hatte. Danach verließen wir die Pizzeria und wollten noch eine kleine Runde drehen, bevor wir wieder heimfahren würden. Unterwegs griff Kyle plötzlich nach meiner Hand und verschränkte sie mit seiner. Meine Hand fing sofort an zu Kribbeln und ich schaute zu ihm. Er sah nur lächelnd nach vorne. "Darf ich dir noch eine Frage stellen?" "Klar was willst du denn wissen?" Kyle sah mich neugierig an. "Warum ist es dir so wichtig, dass ich dir verzeihe?" Er blieb stehen und überlegte kurz, bevor er sich zu mir drehte, mir in die Augen sah, nochmal tief Luft holte und dann etwas sagte, bei dem mir der Atem stockte. "Weil mir bewusst geworden ist, dass ich Gefühle für dich habe."
Was denkt ihr, wie Ava darauf reagieren wird?
Hoffe euch hat das Kapitel gefallen.
Eure Lili
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Ava - My life with fear
RomansaSeit ihre Mutter vor zehn Jahren verschwunden ist wird Ava von ihrem drogenabhängigen Vater misshandelt und vergewaltigt. Sie lässt niemanden an sich ran, redet kaum und hat starke Berührungsängste. Doch als ihr Vater an einer Überdosis stirbt, muss...