Kapitel 10

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Die Situation heute in der Cafeteria brachte ich nicht mehr aus meinem Kopf. Wie er mich mit seinen grünen Augen angeschaut hatte, war unbeschreiblich. Wie konnten bitte in einem Blickkontakt so viele Gefühle stecken?

Ich glaubte nie daran, dass es stimmte was die Leute so reden über die Liebe. Letztendlich muss man sich doch nur eine Person aussuchen mit der man dann sein restliches Leben verbringen muss. Wohl oder übel. Oder?

So war zumindest meine Ansicht darüber. Doch mittlerweile war ich mir da gar nicht mehr so sicher.

Ich zerbrach mir ewig lange den Kopf darüber was das denn heute genau war, denn irgendwas hatte sich jetzt geändert, irgendetwas fühlte sich anders an.

***

Mal wieder blickte ich mich im Spiegel an. Doch was sah ich da?

Ist es nur das eigene Bild von etwas das man hat und sieht es jeder etwas anders?

Es musste doch fast so sein, denn Jannik könnte wirklich jede haben und ich glaubte kaum, dass er mich dann beachten würde. Oder?

Okay, das war genug ich konnte nicht mehr nachdenken, viel zu verwirrt war ich über meine Gefühle und den komischen Hirngespinsten.

Ich ging runter in die Küche und sah meine Mutter am Küchentisch sitzen, dem Handy in der Hand und Tränen in den Augen.

Ich hatte meine Mutter bis zu diesem Zeitpunkt noch nie weinen sehen, ich hatte zwar auch nicht mehr so eine enge Beziehung mit ihr, da ich eigentlich fast nur in meinem Zimmer war und sie verbrachte auch viel Zeit in der Arbeit.

Schnell saß ich mich zu ihr und schaute sie traurig an.

Ich wusste nicht was ich sagen oder tun sollte, deshalb nahm ich ihre Hand, die schlapp auf dem Tisch lag und drückte sie leicht in meinen Händen.

Mit ihren tränengefüllten Augen sah sie mich an, schluckte und fing langsam an zu reden:

"Ich habe gerade mit deinem Vater telefoniert...und er hat gesagt, dass er jetzt in Australien festsitzt, da es mit der Maschine Probleme gibt. Er hätte ja jetzt für zwei Wochen nach Hause kommen können, jedoch wird er die jetzt in Australien verbringen müssen und dann kann er erst wieder in paar Wochen wenn nicht sogar Monaten kommen.", sie schniefte laut und putze sich mit einem Taschentuch die Nase.

Mein Vater war Pilot von privaten Leuten, die zu vielen Terminen und Aktionen um die halbe Welt mussten und konnte deshalb nur zu bestimmten Zeiten nach Hause kommen die eben schon lange im Vorraus freigehalten wurden.

Das letzte mal war er nur paar Tage beim Umzug da, jedoch hatten meine Eltern da dann natürlich auch keine Zeit für sich.

Nach ein paar Minuten Schweigen sagte sie mir, dass ich heute Abend den ersten Termin beim Therapeuten habe. Und ich bitte pünktlich fertig sein solle.

Mürrisch sagte ich ihr zu, da ich ihr nicht noch mehr Sorgen bereiten wollte.

Mein Handy klingelte kurz und wie ich bemerkte, hatte mir Selina eine Nachricht geschrieben:

Hey, hast du Lust, dass wir uns etwas treffen?

Schnell tippte ich eine Antwort, holte mir von meinem Zimmer meine Jeansjacke und gab meiner Mutter bescheid, dass ich auch wirklich rechtzeitig Zuhause sein würde.

Da wir ja nur ein paar Straßen voneinander entfernt wohnten konnte ich das leicht zu Fuß gehen.

Ich kramte in der Jackentasche nach meinen Kopfhörern und machte Musik an.

Tief atmete ich durch, die Luft roch jetzt schon nach Herbst und auf der Straße lagen auch schon einige bunte Blätter.

Früher ging ich im Herbst oft in den Wald.

Ich liebte das Geräusch der raschelnden Blätter unter meinen Füßen, das Sammeln von Kastanien und den Duft der Bäume und Blätter.

Gedankenverloren schlenderte ich also die Straße entlang bis ich sah, dass mir eine kleine Gruppe von Personen entgegen kam.

Automatisch machte ich die Musik etwas leiser, tat jedoch so, als hätte ich sie nicht gesehen.

Für einen kurzen Moment blickte ich nach vorne und da waren sie wieder, diese wunderschönen grünen Augen.

Es war unmöglich gleich wieder wegzusehen. Wirklich! Und plötzlich fühlte ich mich ganz komisch.

Ich riss mich von seinen Augen weg und tat so als würde ich eine Nachricht auf meinem Handy tippen. Was war heute bitte los?

Ich war froh, dass mittlerweile keine Kommentare mehr kamen. Anscheinend war ich jetzt schon nicht mehr interessant da ich ja schon ein paar Wochen hier war.

***

Nach einigen Minuten ging ich die Einfahrt entlang zu dem Haus, das Selinas Pflegeeltern gehörte.

Sie wartete schon an der Haustür und lächelnd umarmten wir uns flüchtig.

„Hey, alles klar bei dir?", fragte ich sie.

„Ja, ich wollte nur nicht die ganze Zeit drinnen herum sitzen und dachte mir, dass du vielleicht Lust hast etwas die Stadt zu erkunden."

„Habe ich ja! Ich habe irgendwie noch so gut wie gar nichts von hier gesehen.", gab ich lached zu.

Sie stimmte mir zu und wir machten uns mal auf den Weg.

Verlass mich nicht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt