Kapitel 19 - Unerwartete Hilfe

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Kapitel 19 - Unerwartete Hilfe

Langsam lasse ich meinen Blick über das riesige Haus vor mir gleiten. Es ist gar nicht so viel Zeit vergangen, seit meinem letzten Besuch und doch, scheint alles anders. Dieser Ort wirkt nicht mehr so trist, er hat etwas Leben eingehaucht bekommen. Der Schnee wurde vom Weg geräumt, die weißen Kieselsteine strahlen einem freundlich entgegen.
Ich schnaube. Nichts an diesem Ort ist freundlich. Angestrengt versuche ich, den Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken, straffe meine Schultern und ziehe meinen Zauberstab, ehe ich hart gegen das Eisentor klopfe. Keine Sekunde später öffnet es knarrend seine Pforten und gibt den Weg frei. Vorsichtig setze ich einen Schritt vor den anderen.
Du bist niedlich, wenn du nervös bist." Das heisere Kichern in meinem Kopf ist Balsam für meine Seele, bestärkt mich in meinem Entschluss nur noch mehr.
Ja, ich bin nervös – das kann ich nicht leugnen. Aber noch viel mehr habe ich Angst. Angst vor mir selbst. Dass ich mich nicht beherrschen kann, dass ich meine Wut nicht unter Kontrolle habe.
Du schaffst das schon", haucht sie mir leise zu, ohne jegliche Kraft in der Stimme. Ich muss, ich habe keine andere Wahl. Ich muss sie finden, koste es, was es wolle. Und auch, wenn das bedeutet, dass ich mich mit der Person, die mich einst betrogen hat, zusammentun muss. Hermine ist wichtiger, als es mein Stolz je sein könnte.
Die Dringlichkeit wird mir besonders dadurch bewusst, dass ich ihre Stimme nur noch sehr sporadisch und wenn, dann sehr leise hören kann. Fast so, als würde auch sie immer schwächer.
Meine Hände ballen sich zu Fäusten, meine Kiefer mahlen aufeinander, während mein Herz gegen meinen Brustkorb hämmert und meine Gedanken mich verhöhnen. Immer und immer wieder zeigen sie mir, dass ich kurz davor bin, sie zu finden, und sie dann trotzdem stirbt. Dass ich alles verliere, obwohl ich so nah dran war.
Schnell schüttle ich den Kopf, versuche, die Gedanken zu vertreiben. Ich kann es mir nicht leisten, so zu denken.
„Ich. Werde. Dich. Finden", knurre ich zwischen zusammengebissen Zähnen und erhalte ein leises Seufzen zur Antwort.
Ich weiß." Ihre Stimme durchflutet meinen Körper, überschwemmt ihn mit Emotionen und füllt jeden dunklen Winkel mit strahlend heller Hoffnung.
Ich atme tief durch, setze meine übliche Miene auf und schreite die letzten Meter mit geradem Rücke entlang und gehe schließlich durch die Eingangstür, in der niemand steht, der sie mir geöffnet haben könnte.
Meine Schritte hallen in der dunklen Eingangshalle wider, lange Schatten ziehen sich durch den einst so prunkvollen Saal aus weißem Marmor. Hier hat schon lange niemand mehr eine Kerze angemacht.
In meinem Rücken schließt sich die Tür, doch ich drehe mich nicht um. Mein Blick sucht die Schatten am anderen Ende der Halle ab, versucht, etwas zu erkennen.
„Wie komme ich denn zu der Ehre?" Seine monotone Stimme klingt in diesem dunklen Saal dumpf, beinahe klanglos. Wie ein Lied, das bloß aus einem Ton besteht.
Mein Blick gleitet in die Ecke, aus der das Geräusch kam und lässt nicht von ihm ab, als er aus den Schatten tritt.
Seine Haltung ist noch immer alles andere, als malfoyhaft. Seine Schultern hängen herunter, das einst platinblonde Haar ist stumpf und glanzlos. Die Ringe unter seinen Augen sind noch dunkler geworden. Beide seiner Hände hat er tief in seinen Hosentaschen vergraben und ich glaube, dass er zittert.
„Ich muss mit dir reden." Meine Stimme schneidet durch die Luft, teilt die kalte Atmosphäre.
„So?" Er zieht eine Augenbraue in die Höhe und für einen kurzen Augenblick erkenne ich den Malfoy, der er ist, in ihm. Doch obwohl er mein Patensohn ist, verspüre ich keinerlei Emotionen. Ich mache mir weder Sorgen, noch habe ich Mitgefühl. „Ich habe bei der Verhandlung alles gesagt, das ich wusste." Langsam schüttle ich den Kopf.
„Sie lebt", flüstere ich in die erdrückende Stille hinein und sehe dabei zu, wie seine mühsam aufgestellte Mauer aus Gleichgültigkeit und Kühle in sich zusammenfällt.
„Sie...?" Mit einem langsamen Nicken antworte ich auf seine nicht ausgesprochene Frage. Uns trennen noch immer gut zehn Meter, doch ich kann seine Verzweiflung spüren. Ganz so, als würde sie neben mir stehen, mit dem Finger auf ihn zeigen und lachen. Als könnte ich sie greifen.
„Richte dich etwas her. Bibliothek. Fünf Minuten", befehle ich harsch, ehe ich mit aufbauschenden Roben die Treppe hinauf gehe und einen gänzlich erschlagenen Draco hinter mir lasse.

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