"Weil mir bewusst geworden ist, dass ich Gefühle für dich habe." Wie erstarrt stand ich da. Kyle hatte Gefühle für mich. Kyle, der Mädchenschwarm unserer Schule, hatte tatsächlich Gefühle für mich, das kaputte, schüchterne Mädchen. Einen Moment lang dachte ich, dass er das nicht ernst meinen konnte, doch ein Blick in seine Augen, die mich so liebevoll und ehrlich ansahen, genügte, um meine Zweifel auszulöschen. Ich kam mir vor wie in einem Traum. Nie hätte ich gedacht, dass er auch Gefühle für mich hätte. Noch immer hatte ich nichts gesagt, sondern ihn einfach nur angestarrt und langsam wurde Kyle unruhig. Das schöne Funkeln in seinen Augen wich einem Ausdruck der Sorge und Unsicherheit. "Warum sagst du denn gar nichts? Ging dir das zu schnell? Empfindest du nicht das selbe? Das wäre auch okay. Wir können einfach zurückfahren und den ganzen Abend vergessen. So als..." "Ich will das, was heute passiert ist aber gar nicht vergessen.", unterbrach ich ihn leise. "Was? Wie meinst du das?", verwirrt sah Kyle mich an. "Ich...", ich musste abbrechen. Warum konnte ich ihm nicht einfach sagen, dass es mir genauso ging? Weil ich es noch nie zuvor gemacht hatte? Weil ich Angst hatte, dass er mich trotzallem wieder verletzen würde? Aber wenn ich es jetzt nicht tun würde, dann hätte ich meine vielleicht einzige Chance verpasst zu erfahren, wie es ist, wenn man von jemandem geliebt wird und dieser Person dasselbe zurückgeben konnte. Und das stellte ich mir wunderschön vor. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und beendete meinen Satz: "Ich hab auch Gefühle für dich Kyle."
Einen Moment lang schaute er mich einfach nur überrascht an. "Wirklich?", fragte er dann. Ich fand es unglaublich süß, wie unsicher er gerade wirkte. "Ja wirklich." Ein Strahlen erschien auf seinem Gesicht und vor Freude umarmte er mich stürmisch. Auch ich schloss meine Arme um ihn und versuchte es so lange wie möglich auszuhalten. Ich fand es wunderschön in seinen Armen zu liegen, doch ich konnte meine Angst vor Berührungen nicht von heute auf morgen einfach so ablegen, auch wenn es schon besser wurde. Also musste ich mich nach kurzer Zeit schon wieder von ihm lösen. "Du weißt gar nicht, wie glücklich du mich damit machst.", flüsterte Kyle, während wir nah aneinander standen und uns ansahen. Das Licht einer Straßenlaterne fiel in sein Gesicht und lies seine wunderschönen grünen Augen funkeln, sodass ich gar nicht anders konnte, als in ihnen zu versinken. Alles was in diesem Moment zählte, waren er und ich. "Ava, möchtest du meine Freundin sein?", fragte er mich plötzlich.
Am liebsten hätte ich sofort ja gesagt, doch etwas hielt mich zurück. War ich bereit für eine Beziehung? Würde Kyle akzeptieren, dass ich nicht alles, was sonst in einer Beziehung üblich war, tun konnte? Würde er mich deswegen verlassen? "Willst du das wirklich?", fragte ich ihn deshalb. "Was ist los? Natürlich will ich das, sonst hätte ich dich nicht gefragt. Du bist die erste, für die ich Gefühle habe, für die ich etwas empfinde." "Die Frage ist nur wie lange.", meinte ich leise. Tränen traten in meine Augen und ich drehte mich von ihm weg, damit er sie nicht sehen konnte. Warum konnte ich nicht normal sein? Warum standen mir meine Ängste immer wieder im Weg? Ich wollte doch einfach nur ja sagen und mit ihm glücklich werden, aber ich wäre auf Dauer nur eine Last für ihn. Er hatte jemand besseres verdient. "Hey schau mich an." Kyle fasste mich vorsichtig am Arm und drehte mich wieder in seine Richtung. "Was meintest du damit? Ich habe alles ernst gemeint, was ich zu dir sagte und ich dachte du fühlst dasselbe.", wollte er wissen. "Tu ich ja auch. Aber ich wäre nur eine Last für dich. Sieh mich an. Du hast jemand besseren verdient. Du wirst mich anfangs nicht lange umarmen oder mit mir kuscheln können, wenn das überhaupt je möglich ist. Du wirst fast jede Nacht aufwachen, weil ich mal wieder einen Alptraum hatte. Du wirst nicht mit mir schlafen können. Und du wirst nicht einmal den genauen Grund dafür kennen, weil ich einfach nicht darüber reden kann, so sehr ich es auch will. Willst du dir das wirklich antun, mit so einem kaputten Mädchen wie mir zusammen zu sein?" Tränen liefen mir in Strömen über meine Wangen und ich wollte mich schon wieder wegdrehen, als Kyle mich aufhielt und sanft meine Tränen mit seinem Daumen beiseite wischte. "Das alles ist mir egal. Ich wusste von anfang an, dass es nicht leicht werden würde und trotzdem will ich es zumindest versuchen. Du bist das erste Mädchen, dass bei mir etwas auslöst. Ich will dich beschützen, dich trösten, wenn du traurig bist, dich zum lachen bringen, einfach in deiner Nähe sein. Ich weiß, dass du eine schwere Vergangenheit hattest, dass du Ängste hast und dass du nicht darüber reden kannst. Aber all das ändert nichts daran, dass du ein wunderberer Mensch und ganz sicher keine Last bist. Du bist wunderschön, ehrlich und könntest nie jemanden weh tun. Du bist anders als alle Mädchen, die ich zuvor getroffen habe, aber genau das macht dich so besonders. Es ändert auch nichts daran, dass ich mich in dich verliebt habe. Ich wollte es mir erst auch nicht eingestehen, hatte auch Angst vor meinen Gefühlen, aber ich kann es nicht länger ignorieren. Ja ich will wirklich mit dir zusammen sein, auch wenn uns vielleicht ein paar Sachen im Weg stehen. Gemeinsam schaffen wir das. Lass es uns zumindest versuchen. Wir können es ganz langsam angehen lassen und du kannst immer bescheid geben, wenn es dir zu schnell geht. Gib nicht schon auf, bevor du es überhaupt versucht hast, denn ich weiß, dass du stark genug bist deine Ängste zu überwinden. Was meinst du? Wollen wirs versuchen? " Gerührt sah ich ihn an. So etwas schönes hatte noch nie jemand zu mir gesagt. Ich wusste nicht, ob ich ihm alles glauben konnte, was er gesagt hatte, denn ich war noch immer davon überzeugt, dass ich eine Last für ihn sein würde und er mich irgendwann nicht mehr aushalten würde, aber seine Worte gaben mir die Kraft diese Zweifel beiseite zu schieben. "Lass es uns versuchen." "Heißt das du möchtest meine Freundin werden?" Kyle sah mich überglücklich an und auch ich musste grinsen. "Ja." In diesem Moment war ich wunschlos glücklich und als er sich dann auch noch vorbeugte und mich sanft und zärtlich küsste, machte er diesen Abend für mich perfekt.
Ava und Kyle sind zusammen. Ging es zu schnell? Was denkt ihr darüber?
Hoffe euch hat das Kapitel gefallen und schöne Ferien, falls ihr jetzt auch welche habt.
Eure Lili
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Ava - My life with fear
RomanceSeit ihre Mutter vor zehn Jahren verschwunden ist wird Ava von ihrem drogenabhängigen Vater misshandelt und vergewaltigt. Sie lässt niemanden an sich ran, redet kaum und hat starke Berührungsängste. Doch als ihr Vater an einer Überdosis stirbt, muss...