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Er sah mich einen Moment lang an, bevor er mich küsste. „Ich liebe dich auch", flüsterte er anschließend und sah mir dann tief in die Augen. Seine linke Hand lag nun in meinem Nacken, genau über dem Tattoo. Die meiste Zeit über vergaß ich, dass es überhaupt da war, doch es gab wenige Momente in denen es mir schmerzlich bewusst wurde. Das Tattoo selber störte mich weniger, es war eher das Gefühl von ANGST ein Etikett aufgedrückt bekommen zu haben.

Er musste meinen plötzlichen Gefühlsumbruch bemerkt haben und weil er mich nun mal kannte, wusste er sofort was in mir vor ging. „Du bist niemandes Eigentum. Wie können die nur wagen, das von sich zu behaupten?" Ich sah zu ihm auf und als sein aufmunterndes Lächeln in meinen Blick fiel, konnte ich nicht anders als es zu erwidern. Dann legte ich meinen Kopf auf seine Schulter und er schlang seine Arme fest um mich, ohne ein weiteres Wort.

Ungefähr dreißig Minuten später waren wir da. Jorge landete auf einer Lichtung in einem abgelegenen Wald, der anscheinend nicht weit vom Crank Palast entfernt war. Als ich hinaus ins freie trat, traf mich die kalte Luft wie einen Schlag ins Gesicht. Die meisten Bäume hatten kaum noch Blätter, es musste also bald Winter sein. Oder es waren schlichtweg die Folgen der Sonnen Eruptionen.

Schon vom Berk aus konnte man den hohen Pfahlzaun sehen und so mussten wir nicht allzu weit gehen, bis wir schließlich auf das nächstliegende, bereits offen stehende Tor trafen. Zwei mit Granatwerfern bewaffnete Soldaten kamen heraus, sie mussten uns landen sehen haben. Wir gingen vorsichtig auf sie zu, bedacht darauf, keine falsche Bewegung zu machen.

„Wer zum Teufel seid ihr und was habt ihr hier zu suchen?", brüllte einer der Wächter. Jorge übernahm automatisch das Wort. „Wir sind von ANGST und wir sind hier um unseren Kollegen abzuholen. Er wurde ausversehen gefangen genommen und hierher gebracht." Der schwarzhaarige Mann seufzte, als hätte er das schon tausend Mal gehört. „Hört mal, ihr seid nicht die ersten arroganten Ärsche, die hier aufkreuzen. Eure tollen Jobs bei ANGST interessieren uns nicht." „Hm", brummte Jorge und strich sich nachdenklich über den den Bart. Dann griff er in seine Hosentasche und zog eine kleine Plastikkarte heraus. „Aber dafür interessiert ihr euch doch sicher, habe ich Recht?"

Die beiden Männer sahen sich an. „Okay", sagte der zweite schließlich. Er hatte einen rundlichen, glatt rasierten Schädel. „Nach wem sucht ihr?" „Er heißt Newt", sagte Thomas. Bis jetzt hatte er sich still im Hintergrund gehalten. „Ist ein bisschen größer als ich und hat rot blonde Haare. Er hinkt. Ist erst so vor ein zwei Tagen hergekommen." Der Mann überlegte einen Moment. „Ja, ich glaub ich weiß wen du meinst. Kommt mit." Die beiden stiefelten los und winkten uns hinter sich her.

Ich trat näher an Jorge heran, wobei ich den Blick weiterhin nach vorne gerichtet hielt. „Du hättest dein Geld nicht für uns benutzen müssen. Wir hätten bestimmt auch-" Doch er ließ mich nicht aussprechen. „Glaub mir, hermana, diese Soldaten kannst du nur mit Geld bestechen. Außerdem habt ihr mich und Brenda aus dem Loch das sich Brandwüste nennt raus geholt. Das ist das Mindeste, was ich tun kann." Minho seufzte und verdrehte die Augen. „Jorge, sie weiß mittlerweile, dass ihr von ANGST seid." „Oh", sagte er und zuckte die Schultern. „Na dann, gern Geschehen."

Wir folgten den beiden Soldaten und sie führten uns etliche leere Straßen entlang. „Verlassenes Dorf" würde diesen Ort wohl am besten beschreiben. Sicher, je näher man dem Zentrum kam, desto mehr Cranks kamen einem entgegen. Doch die Häuser waren allesamt runtergekommen, manche mehr, manche weniger. In irgendeiner Form waren sie alle beschädigt. Die Straßen waren genauso verdreckt und vom Gestank fange ich gar nicht erst an.

Irgendwann als wir dann kurz vorm Zentrum waren, hielten die Soldaten auf einmal an. Der schwarzhaarige sah uns abwechselnd lange an. „Nur um das nochmal klarzustellen; das da Drinnen ist kein Kindergeburtstag. Seid ihr sicher, dass ihr das wollt? Letzte Chance, um es sich nochmal anders zu überlegen." Minho verdrehte genervt die Augen. „Ja, wir sind absolut sicher. Sonst wären wir doch gar nicht erst bis hier gekommen." „Ich sag ja nur", entgegnete der Wächter schulterzuckend. „Ich weiß nicht, wie hinüber euer Freund schon ist, es könnte also unschön werden." „Wir sind sicher", sagte ich, bevor Minho noch etwas erwidern konnte und versuchte dabei den immer größer werdenden Kloß in meinem Hals zu ignorieren.

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