Ein ganz normales Mädchen

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*Bieeeeeeeeeeeeeeeeeep!!!*

Dieser verdammte Wecker! Irgendwann werfe ich ihn noch aus dem Fenster. Es ist sechs Uhr morgens und mein Kopf fühlt sich bereits an als hätte jemand mit einer Trillerpfeife direkt in mein Ohr gepfiffen. Genervt taste ich nach dem altmodischen Wecker, den ich schon seit Ewigkeiten habe und der mich jeden Morgen gnadenlos weckt. Mit einem gekonnten Schlag beende ich endlich den unausstehlichen Ton.
Ich lasse mich mit einem Stöhnen mit dem Kopf in den Kissenberg, den ich auf meinem Bett aufgetürmt habe fallen. Nach etwa einer halben Minute muss ich mich schließlich aufrichten um Luft zu holen.

Wie jedem Tag stehe ich danach auf und hole mir ein Glas Wasser aus der Küche. Mir fröstelt ein wenig in meinem kurzen Nachthemd, sodass ich die Heizung etwas aufdrehe. Langsam aber sicher kommt der Herbst und ich kann endlich wieder dicke Pullis anziehen denke ich lächelnd. Ich schnappe mir eine Decke, mache mir einen Kakao und setze mich in meinen Lieblingssessel ans Fenster. Von hier aus kann man über halb London schauen, besonders beim Sonnenauf- und Untergang bereue ich es kein bisschen mir eine Wohnung im neunten Stock eines Hochhauses gemietet zu haben. Ich wohne noch nicht lange hier, denn mit meinen 19 Jahren bin ich gerade erst zu Hause ausgezogen.
Die Wohnung kann ich allerdings nur bezahlen, da ich neben meinem Job als Sekretärin noch kellnern gehe und meine Eltern mir noch etwas dazu bezahlen. Ich kombiniere die Jobs meiner Meinung nach ziemlich gut, an den Wochentagen gehe ich morgens ins Büro und jeden zweiten Tag kellnere ich am Abend.
Gerne würde ich mit jemandem zusammen wohnen, denn obwohl ich gerne alleine bin und lese hätte ich nichts dagegen wenn ab und zu noch jemand außer mir in der Wohnung wäre.
Die Uhr an der Wand reißt mich aus meinen Gedanken und erinnert mich daran, dass ich in einer Stunde los muss. Nur ungern verlasse ich meinen Platz am Fenster und ziehe mich an. Meine Lieblingsjeans und eine ein blau kariertes Hemd müssen für heute reichen.

Eine Minute später sitze ich vor meinem Schminktisch und betrachte mich im Spiegel.
Ich sehe unglaublich normal aus, meine blonden Haare fallen mir in leichten Wellen auf die Schulter. Ich habe blaue Augen und ein recht rundes Gesicht. Sommersprossen oder andere Merkmale wie markante Augenbrauen fallen bei mir komplett weg. Ich schminke mich nicht besonders stark, etwas Concealer und Wimperntusche reichen mir vollkommen. Ich binde meine Haare zu einem lockeren Dutt zusammen. Danach sehe ich aus wie immer, normal. Ich bin noch nie etwas besonderes gewesen, ich bin nicht so musikalisch wie mein Bruder oder so auffallend höflich und laut wie meine Freundin Katy. Im Gegenteil, ich bin ganz und gar unauffällig, in der Schule hatte ich immer gute Noten, aber nie so gut, dass es jemandem ernsthaft auffallen könnte. Seit ich denken kann verbringe ich meine Zeit lieber mit Lesen, Filme schauen, oder auf Apps wie Pinterest, Wattpad oder Tumblr als mit Menschen. Selbst mein Name ist langweilig: Olivia Thompson, als hätte man die am öftesten getragenen Namen von England gegoogelt und sich den erstbesten herausgepickt. Meine erste Beziehung hatte ich mit 16, doch die ist haushoch gescheitert. Ich lache kurz auf, als ich mich daran erinnere​ wie Alex mich zum ersten mal geküsst hat. Ich weiß echt nicht was alle daran so toll finden, es war einfach nur feucht und nicht gerade toll gewesen.

Schließlich stehe ich auf und packe meine Tasche für den Tag. Zögernd bleibe ich einige Minuten vor meinem Bücherschrank stehen, jeden Tag nehme ich ein anderes Buch mit zur Arbeit, ein Ritual, ohne das ich mich schon fast nackt fühle. Nach einigem überlegen entscheide ich mich für "Paper Towns" von John Green. Einer meiner lieblings Autoren.
Mit meiner vollgepackten Tasche in der einen und meinem Handy in der anderen Hand gehe ich aus der Wohnung und schließe die Tür hinter mir. Mit einem seufzen mache ich mich an den Abstieg aus dem neunten Stock, es gibt zwar theoretisch einen Fahrstuhl, aber da ich diese noch nie gemocht habe versuche ich sie so gut wie möglich zu vermeiden.
Ich traue Fahrstühlen einfach nicht, außerdem fühle ich mich so umgeben von Metall wie in einem Käfig, aus dem es kein entkommen gibt. Also nehme ich die Treppe und schüttle mich um den unangenehmen Gedanken zu vertreiben.

Unten angekommen muss ich nur 200 Meter zur nächsten U-Bahn Station laufen. Mit meinem Jahresticket komme ich zum Glück auch an vollen Tagen schnell zu einer passenden Bahn und lasse mich auf einen freien Platz fallen. Gegenüber von mir sitzt ein Typ, der etwa in meinem Alter ist, aber ich hätte mich nie getraut ihm anzusprechen, auch wenn er eigendlich ganz süß aussieht. Oft habe ich mir schon vorgestellt, wie ein Typ mich ansprechen würde, aber selbst wenn das mal der Fall ist sind die Versuche meist so kläglich, das ich sofort abstand halte. Resigniert seufze ich und stecke mir Kopfhörer in die Ohren. An der nächsten Haltestelle steht der Mann auf und unsere Blicke treffen sich einen kurzen Moment. Ich lächle ihn an, vielleicht ermutigt ihn das ja mich anzusprechen. Doch weit verfehlt, er sieht mich nur abschätzend an und steigt aus. Meine Wangen glühen und ich starre verlegen auf den Boden.

Nach weiteren zehn Minuten Fahrt steige ich endlich aus und mische mich unter den Strom von Menschen, der auf den Ausgang zu strömt.

Hey!
Ich hoffe sehr, das euch die Geschichte gefällt, wenn ja schreibt doch bitte einen Kommentar,
ich würde mich über jeden freuen, oder stimmt für das Kapitel ab. Wenn es genug positive Rückmeldungen gibt kommt irgendwann das 2. Kapitel.
Danke das ihr die Geschichte lest, eure Olivia <3

Niemand ist normalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt