Wenn die Trauer zum Vorschein kommt

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Manuel POV

"Tooor! Ich habe getroffen Manu! Hast du das gesehen? Den konntest du gar nicht halten!", höre ich Julian stolz jubeln.

Phillip ist mit Claudia und der Kleinen zum Arzt gefahren, weil die Maus Fieber hat und ich passe jetzt so lange auf Julian auf.

Dass ich das eigentlich gar nicht wollte, muss ich Phillip nicht unter die Nase reiben. Der Kleine hat mich gern und möchte deswegen immer, wenn seine Eltern keine Zeit haben, zu mir.

Das nennt man Schicksal.

"Papa Ball!", ruft meine Kleine und schießt auf das Tor. Ich glaube, ich kann ihr hundert Mal erklären, dass sie das nicht vorher ankündigen soll, wenn sie schießt: Sie wird es immer wieder machen!

Trotzdem hocke ich mich vor sie und erkläre erneut, dass sie einfach ohne Ankündigung schießen soll. Dann stelle ich mich wieder in das Tor in unserem Garten.

"Papa Ball!" und ein Schuss.

Lächelnd lasse ich den Ball durch meine Beine ins Tor rollen. Ein Jubeln ist zu hören und meine Tochter steht klatschend auf dem Rasen.

Kurz darauf höre ich ein Klicken und leises Kichern.

Elisa hat ein Foto gemacht, wie ich mit unserer Tochter Fußball spiele. Grinsend laufe ich auf sie zu und wirbel sie einmal in der Luft herum, bevor ich sie wieder absetze und küsse.

"Ich liebe dich", flüstere ich ihr ins Ohr.

"Ich dich auch!"

Diese Erinnerungen treiben mir die Tränen in die Augen. Immer, wenn Julian hier ist, denke ich an meine eigene Familie. Aber heute kann ich die Tränen einfach nicht zurückhalten. Heute ist der 26. September.

"Manu? Ist alles okay?"

Phillip! Was macht der denn schon hier?

"Ja ... ja, alles gut. Was machst du denn schon hier?"

Zweifelnd sieht er mich an, als Julian auch schon auf uns zugelaufen kommt.

"Papa! Ich hab' ein Tor geschossen! Den Ball konnte der Manu gar nicht halten!", erzählt er Phips fröhlich.

"Ehrlich? Das glaub' ich aber nicht!"

"Doch! Den habe ich dahin geschossen, wo Manu nicht war und dann war der Ball im Tor.", erklärt der Kleine stolz.

"Das ist aber toll! Magst du schon mal zu der Mama gehen, Julian? Ich komme später zu Fuß nach Hause, ja? Sagst du der Mama das?"

"Okay. Tschüss Manu!", ruft er mir noch zu, bevor er durch das Gartentor verschwindet.

"So. Und du erzählst mir jetzt mal, warum du weinst!", fängt Phillip an und durchbohrt mich quasi mit seinem Blick.

"Es ist nichts. Ich habe nur was im Auge. ", versuche ich auszuweichen.

"Verkauf' mich nicht für dumm, Manuel Neuer! Du hast dich schon so komisch angehört, als ich dich angerufen und gefragt habe, ob du auf Julian aufpassen kannst!"

Und da ist er! Der Moment, an dem es einfach aus mir heraus bricht und ich auf einem der Terassesessel weinend zusammenbreche.

Phillip kommt sofort auf mich zu und nimmt mich in den Arm. Er hat ja gar keine Ahnung, was es in mir ausgelöst hat, als ich Julian gesehen habe!

"Phips ... Phips ich ... ich ... heute ... heute ist der Todestag von Elisa. Ich kann einfach nicht mehr!", bringe ich zwischen zwei Heulkrämpfen hervor.

"Manu? Manu, wer ist Elisa?"

"Meine ... meine verstorbene Frau."

Mittlerweile habe ich auch noch angefangen zu zittern und meine Beine an meinen Körper gezogen.

Es tut einfach so weh!

"Manu! Nein, Manu, lass' das!", bringt Elisa grinsend zwischen zwei Küssen hervor.

"Warum?", antworte ich ebenso grinsend.

"Wir haben Gäste!"

"Na und? Ich bin einfach glücklich! Darf ich meine Frau dann nicht küssen?"

Und schon presse ich meine Lippen wieder auf ihre.

"Doch! Aber wir können doch unsere Gäste auf unserer Hochzeit nicht so lange alleine lassen!"

"Siehst du doch!", antworte ich grinsend.

Schließlich schaffe ich es doch noch, mich von ihr zu lösen und zurück in den großen Saal zu gehen, wo alle schon auf uns zu warten scheinen.

"Manu? Hallo? Hörst du mich?"

Phillip fuchtelt mit seiner Hand vor meinem Gesicht rum und holt mich so aus meinen Erinnerungen. Es war der schönste Tag meines Lebens, als Elisa und ich damals geheiratet haben ...

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665 Wörter

Spiel des LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt