13. Die Götter, die einem in den Rücken fallen

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 Blut. Sie sah doch tatsächlich Blut, welches Revali zu verstecken versuchte. Das konnte unmöglich durch ihren Stoß kommen. Da musste bereits vorher etwas gewesen sein.
Raisa machte sich deswegen aber keine Vorwürfe, im Gegenteil. Es belustigte sie regelrecht ihn so zu sehen. Das geschah dem Federvieh so recht! Warum musste er sie auch immer so reizen? Hätte er seinen Schnabel gehalten, wäre das gar nicht passiert.

Raisa beobachtete wie das Federvieh aufstand und ging. Einen kurzen Moment hatte sie ihm noch hinterher gesehen. Dabei schlich sich ein schadenfrohes Grinsen auf ihre Lippen.
„Hast du etwas gemacht, Raisa?", fragte Zelda sie. Doch eine Antwort bekam die Prinzessin nicht. Raisa widmete ihre Aufmerksamkeit voll und ganz ihrem Essen. Zelda schien dies nicht sonderlich zu gefallen, doch das störte Raisa nicht.

Nach einiger Zeit fragte sich Raisa allerdings schon, wo das Federvieh blieb. Wollte er denn gar nicht zurückkommen? Eigentlich sollte sie sich darüber freuen, dass er sich nicht mehr blicken ließ, doch...aus einem ihr unerfindlichen Grund beschäftigte sie das. Sie machte sich keine Sorgen, bei dem Federvieh doch nicht! Und Vorwürfe machte sie sich erst recht nicht.
Sie wurde lediglich neugierig. Und das konnte sie beim besten Willen nicht unterdrücken. Raisa wollte sehen, was sie angerichtet hatte und sie wollte sich an seinem Leid ergötzen.

So kam der Moment, in dem sie ebenfalls Aufstand und dem Gang folgte, in welchem das Federvieh verschwand. Das sie dabei eine Menge Aufmerksamkeit auf sich zog, war ihr egal. Nachdem sie ein wenig im Schloss gesucht hatte, wurde sie fündig. Er lehnte sich gegen eine Wand und hielt noch immer seine Hüfte. Sein Flügel sollte wohl alles verdecken, doch Raisa sah den Blutfleck nur zu gut. „Was machst du hier?", fragte er sie bissig. So hatte Raisa ihn noch nie gesehen. Er war ihr gegenüber immer schroff, kalt und arrogant, aber so reagierte er noch nie. „Wenn du mich fragst, dann ist dies deine gerechte Strafe." Sie behielt einen großen Abstand zwischen ihr und ihm, dennoch konnte sie deutlich sehen, dass er darüber nachdachte.

„Die Götter scheinen wohl auf meiner Seite zu sein. Immerhin ist dir dies wiederfahren." Es belustigte sie wirklich ihn so zu sehen. Von Mitleid war jedenfalls keine Spur zu erkennen. Seine grünen, stechenden Augen blickten daraufhin zornig zu ihr. „Du bist schuld an allem!", sagte er mit so viel Abneigung, wie es nur ging. Raisa lachte dabei sarkastisch auf. „Natürlich, wenn du mich reizen musst. Ich konnte ja nicht vorhersehen, dass du dort bereits verletzt bist. Also bist du selber schuld." Es ärgerte sie ein wenig, dass er so uneinsichtig war. Sie hatte doch Recht, oder etwa nicht? Oder blendete ihr Stolz sie wieder zu sehr?

„Ich wäre gar nicht erst verletzt, wenn du nicht wärst. So langsam kann ich nachvollziehen, warum deine Eltern dich ausgesetzt haben." Das hatte gesessen. Das Grinsen auf Raisa's Gesicht verschwand. Ihre Eltern... Ein Thema über das sie niemals mehr sprechen und nachdenken wollte.
Raisa versuchte sich nichts anmerken zu lassen und stichelte einfach weiter. „So wie du das sagst, hört es sich für mich so an, als wenn diese Verletzung von mir stammt." Ihre Worte hatten nun keinen Unterton mehr, der ihn reizen sollte. Sie waren emotionslos, aber genau das ärgerte ihn wieder. „Sie ist ja auch durch deine Hand passiert!" Raisa begann zu verstehen. Sie verdrängte ihre Gefühle wieder und setzte ein hinterhältiges Grinsen auf ihre Lippen. „Dann habe ich dich also doch erwischt!" Diese Tatsache brachte sie nun wieder in Stimmung. Sie hatte Revali bei dem Kampf doch tatsächlich verletzt! Raisa hatte sich mit ihrer Niederlage bereits abgefunden und war fast schon dankbar dafür, doch er... Das Federvieh würde dies nie verkraften. Dafür war er einfach zu stolz.

„Und? Erfreut dich das nun? Wirst du dies nun in die Welt heraustragen? Viel Spaß dabei, das wird deinen ohnehin schon schlechten Charakter nur noch schlechter machen." Er war so ein Narr. Hätte er ihr dies nicht erzählt, hätte sie auch nie in der Lage dazu sein können es zu verbreiten.
Zwar würde sie ihm dies gönnen, doch es wäre selbst für Raisa unter ihrer Würde. Immerhin hatte er auch dicht gehalten. „Das wäre ehrlos", antwortete sie ihm. Er schnaubte daraufhin. Ehrlos, dieses Wort ausgerechnet aus ihrem Mund zu hören. Aber was soll's? Sie würde die Klappe halten, das war das wichtigste.

„Also, was machst du noch hier?!", fragte er sie wieder schroff. Sie lachte wieder belustigt auf. „Das könnte ich dich auch fragen. In dem Saal wird gefeiert, nicht hier draußen", erwiderte sie. Er schnaubte erneut. „So kann ich nicht zurück!" Er nahm seinen Flügel von der Hüfte und zeigte ihr das Blut. Sowohl am Gewand, als auch am Flügel war genug davon zu sehen. „Ja und?", fragte sie ihn verständnislos. „Ja und?", wiederholte er ihr gesagtes. „Ich bin ein Recke, eine angesehene Persönlichkeit. Das wäre eine Blamage."

Raisa konnte Revali nur noch auslachen. „Weißt du eigentlich wie lächerlich du dich grade machst? Ich wäre auch nicht so herausgeputzt dort hingegangen, doch das Prinzeschen bestand drauf. Nur weil du so verwöhnt bist und es dir leisten kannst in feinen Gewändern herumzulaufen, machst du dir Gedanken über ein bisschen Blut? So viel Blödheit auf einmal habe ich auch noch nicht gesehen... Ich bin jahrelang in denselben Sachen herumgelaufen und wenn da mal ein Blutfleck rauf kam, dann war das so." Raisa drehte sich von Revali weg und machte sich auf den Weg zurück in den Saal.
„Aber bitte, wenn du dich hier weiter bemitleiden möchtest... Nur zu. Dann muss ich dich jedenfalls nicht ertragen."

Somit verabschiedete sie sich ganz von ihm und ging zurück. So ziemlich jeder richtete seinen Blick auf sie, als sie zurück in den Saal kam. Aber was kümmerte sie es? „Hast du ihn gefunden?", fragte Zelda sie sogleich, als sie sich hingesetzt hatte. „Ja", antwortete Raisa knapp. „Und?", hakte die Prinzessin weiter nach. „Weiß nicht." Dies war das erste und letzte Mal, dass sie dem Federvieh einen Gefallen tat. Sie behielt die Konversation von eben, mit allem was sie gesehen hatte, für sich. Auch wenn Zelda dies sehr verärgerte. Aber wie hieß es so schön? Lieber heimlich schlau, als unheimlich dumm.

Die Tür vom Saal ging nach kurzer Zeit wieder auf. Raisa erblickte das Federvieh, was sie etwas verwunderte. Er war doch wirklich über seinen Schatten gesprungen. Aus dem sollte nochmal einer schlau werden.
Die anderen Recken fragten sofort, was passiert war, doch er zuckte nur mit den Schultern und ließ die Fragen unbeantwortet.

Den restlichen Abend verbrachte Raisa auch im Schloss. Eigentlich wollte sie schon längst gegangen sein, doch Zelda meinte, dass die Recken erst zum Schluss gehen sollten. Revali hatte sie nicht mal mehr einen Blick geschenkt, doch spürte sie hin und wieder den seinen in ihrem Rücken. Der Saal lehrte sich langsam, bis nur noch der König, Zelda und die Recken dort waren. Und die Prinzessin war die erste, die das Weite suchte. Danach Urbosa, Daruk und Link. Lediglich Mipha ging noch einmal kurz zu Raisa. „Ich denke du hast heute alle sehr überrascht. Du sollst wissen, dass du toll aussiehst. Wie eine richtige Lady. Ich hoffe wir sehen uns bald wieder." Da das Zoramädchen ihr nie etwas getan hatte, wollte sie ihr gegenüber auch nicht so schroff sein. Raisa versuchte es zumindest.

Sie wollte den Saal nun auch verlassen, doch wurde sie aufgehalten. „Revali, Raisa, würdet ihr noch einen Moment hier bleiben und hören, was ich euch zu sagen habe?" Raisa drehte sich zum König um und bekam ein schlechtes Gefühl. Sie und das Federvieh...das konnte nichts Gutes verheißen.
„Ja, euer Majestät?", erkundigte sich Revali. „Ich habe eine Aufgabe für euch beide. Würdet ihr bitte außerhalb von Hyrule einen Auftrag erledigen?" Raisa wollte mit Leibeskräften 'Nein' schreien. Alles, doch bloß nichts mit dem Federvieh! Doch konnte sie zu dem König nicht einfach nein sagen.
„Ja", sagte Revali, dabei hörte sie ganz klar, dass es ihm ebenso wenig gefiel. Aber sie hatten keine Wahl. „Gut. Eure Reise beginnt übermorgen. Weiteres erzähle ich euch dann."

Wie konnten die Götter Raisa nur so in den Rücken fallen?  

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt