Chapter 1 ~ She jumped...

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<i>"Angels can fly...."<i>

Ich nahm die große Kiste zwischen die Hände und flüsterte mir immer wieder Aufmunterungen und Anfeuerungen zu. Dann versuchte ich meinen Füßen einen festen Halt auf der Straße zu geben und hob die Kiste schwer atmend an.

Es gelang mir.

Der Kofferraum des Autos sah jetzt fast schon erschreckend leer aus und mir wurde schmerzlich bewusst das es ab jetzt kein zurück mehr geben wird.

<i>Ich habe jetzt eine neue Familie.<i>

Nie wieder Abendessen mit Lady Arista oder Charlotte und Tante Glenda, - Nein!

Dafür mit einer chaotischen Großfamilie. Ich seufzte und buckelte die Kiste bis zur Haustür, meine Knie knickten unter diesem schweren Gewicht leicht ein und ich musste mich wirklich beherrschen die Kiste nicht fallen zu lassen und Falk zu rufen.

Dieser war nämlich gerade schwer mit dem streichen des Schlafzimmers beschäftigt oder wohl eher mit meiner Mum... und auf die Hilfe meines neuen Stiefbruders Gideon konnte ich erst recht verzichten!

Der würde mir nur wieder eines von seinen erbärmlich arroganten Grinsen schenken, mir die Kiste abnehmen und mich dann noch Tage lang auslachen, nein danke, ich kann das allein!

Ich gebe zu... es würde schon an meinem Stolz kratzen.

Caroline und Nick waren beide ebenfalls in ihren Zimmern und räumten schon ein wenig von ihren Kisten auf, deswegen war ich auf mich alleine gestellt.

Die ungewöhnlich heiße Sonne Londons schien mir in den Rücken und ich hatte das Gefühl er stand in Flammen. Ich hatte mir doch extra ein weißes, weites Shirt angezogen gehabt... denn angeblich soll weiß ja die Sonne reflektieren, aber leider hilft es wie es aussieht nicht.

Ich schaute an der großen, braunen Kiste vor meiner Nase vorbei indem ich den Kopf ein wenig nach rechts neigte und sah das die Tür zu war.

<i>Sie musste wohl einfach zugefallen sein als ich noch damit beschäftigt war mich anzufeuern<i>,dachte ich und könnte mich im nächsten Moment dafür verfluchen das ich die Schlüssel nicht draußen ins Schloss gesteckt hatte.

Ich seufzte schwer und überlegte.

<i>Sollte ich die Kiste abstellen und klingeln? Aber wer würde mir aufmachen?<i>

Ich hörte die laute Kinder CD von Caroline aus einem der oberen Fenster und wusste aus Erfahrung das Nick dann wahrscheinlich per Ohrstöpsel Musik von seinem Handy hörte.

Schon mal 2 weniger die die Klingel hören würden.

Schwer atmend ging ich die Treppen die zur Einganstür hinaufführten wieder herunter und rief: "Caroline! Caroline hörst du mich?" Es kam keine Antwort, aber dafür konnte ich ihre CD bis hier unten hören.

Gerade sang der Kinderchor die Melodie von <i>"Fuchs du hast die Ganz gestohlen"<i>und ich wusste das ich keine Chance haben würde das sie mich hört.

Schnell ging ich wieder hinauf zu der Tür und stellte mich unter den schattenspendenden Baldachin.

Die Luft war immer noch schwül und kleine Schweißperlen begannen sich auf meiner Stirn zu bilden.

Mum und Falk sind oben auf dem Dachboden wo sie angeblich ein wenig aufräumen und streichen wollten, aber mir war klar das sie vor weniger als 10 Minuten in eine wilde Knutscherei verfahren waren, als ich meine Fotokiste oben suchen wollte.

Vielleicht konnte Raphael mich hören... Raphael war der kleine Bruder von Gideon und im gleichen Alter wie ich, also 16.

Er war mein anderer Stiefbruder und mit ihm kam ich gut klar.

Wenn Raphael in der Nähe war hatte man immer Spaß, er und Nick unternahmen wirklich viel zusammen und Nick bewunderte ihn und betrachtete ihn als guten Kumpel.

Wenigstens konnte einer meiner neuen Stiefbrüder meinem kleinen Bruder noch etwas für das restliche Leben beibringen.

Ich verwarf die Idee schnell da mir klar wurde das Raphael vor über einer Stunde mit dem Auto von Gideon weggefahren war, keine Ahnung wohin und im Moment wollte ich darüber wirklich nicht nachdenken.

Meine Arme wurden immer schwerer und träger und dann stellte ich die Kiste doch ab.

<i>Warum meine Gesundheit gefährden nur weil meine Familie die Klingel wahrscheinlich nicht hören würde?<i>

Mein Handy lag drinnen auf der Kommode in meinem Zimmer also hatte ich es geschafft mich selbst auszusperren.

Ich lies mich auf den Schaukelstuhl sinken, der unter dem Baldachin direkt neben mir stand und begann leicht ein wenig zu schaukeln. Es hatte eine beruhigende Wirkung und ich konnte von hier aus das leise und sanfte treiben auf der Straße und dem Gehweg verfolgen.

Die Sonne stand hoch am Himmel und ein paar Kinder spielten mit einem Ball, Autos fuhren kaum welche hier.

Es war eher ein ruhiger Stadtteil von London und ich genoss die Stille, die schon nach 2 Minuten unterbrochen wurden als jemand die Tür aufmachte und auf die Veranda trat.

"Was machst du denn da?" Fragte Gideon und ich sah an seinen Gesichtszügen das er sich stark ein Lachen verkneifen musste.

"Sitzen, oder ist dir das zu hoch?" Zischte ich wütend zurück und stand auf.

"Wenigstens hatte mal einer den Anstand die Tür zu öffnen." Meckerte ich wütend gegen die Kiste, während ich wieder versuchte sie mit den Armen aufzunehmen.

"Soll ich das machen?" Fragte Gideon, aber es klang nicht sehr überzeugend da er in schallendes Gelächter ausbrach.

"Nein, geht schon. So lustig ist das nun auch wieder nicht wenn man in einem Schaukelstuhl sitzt!" Fauchte ich und versuchte ihn wütend an der Kiste vorbei zu mustern.

Ich ging rein und hätte die Tür am liebsten vor seiner Nase geschlossen, lies es dann aber da ich diese Option nur mit einem Bein durchführen könnte und dann würde ich wahrscheinlich stürzen. Ich kam in den Eingang rein, es gab keinen Flur ein weiter Raum erlaubte sofort die Sicht auf die moderne Treppe die sich langsam hochschnörkelte und auf das Wohnzimmer, als auch auf die Küche.

Alles war in grau und Cremetönen gehalten und die Küche wurde mit einem knalligen orange aufgepeppt, was aber nicht zu viel darin vorkam, es wirkte also nicht übertrieben.

Das Haus strahlte etwas gemütliches und Zufriedenes aus und ich fand Mum hätte ihre Wahl gar nicht besser treffen können. Ich ging zur Treppe.

"Sicher das ich dir die Kiste nicht hoch tragen soll?"

Er versuchte ernst zu klingen, aber seine Stimme wackelte immer noch ein wenig.

"Ganz sicher." Sagte ich zuckersüß und setzte meinen Fuß auf die erste Treppenstufe.

Die Treppe war grau und passte sich daher der Wohnung sehr gut an.

Ich ging auf die 2. Treppenstufe und irgendwann kam ich bei der 5. an.

Aus heiterem Himmel gaben meine Knie nach und ich taumelte und verlor das Gleichgewicht. Die Kiste lies ich achtlos fallen und ich bereitete mich in Gedanken schon einmal darauf vor der Welt auf wiedersehen zu sagen als sich große, starke Hände um meine meine Schultern schlungen und mich festhielten. Mein Kopfansatz berührte Gideons harten Bauch und ich brauchte einige Minuten um zu realisieren wer mich da aufgefangen hatte.

Schnell richtete ich mich wieder auf und strich mir einige Haarsträhnen glatt.

Wir starrten uns lange in die Augen, keiner sagte ein Wort.

Erst jetzt schien mir aufzufallen warum immer alle Mädchen von seinen Augen schwärmten, in diesem Moment konnte ich all ihre Begeisterung verstehen sie waren wirklich wie 2 Smaragde, sie waren einfach wunderschön.

Die ganze Belustigung von vorhin war aus ihnen verschwunden und er schaute mich ganz ehrlich und bewusst an, als er die folgenden Worte langsam flüsterte:

"Engel können fliegen, sagte sie und sprang." Er hauchte es fast und schaute mich dabei so intensiv an das ich leicht rot wurde, ihm schnell den Rücken zukehrte und hoch in mein Zimmer verschwand.

<i>....she whispered and jumped.<i>

Your Romeo...? ~ Rubinrot ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt