Alte Freunde

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POV Jody:

- „ Ja! Wir kennen uns schon sehr lange. Schon vor dieser Zeit. Mensch Jody! Wo warst du die ganze Zeit? Was hast du getrieben?“, hörte ich Carol fragen.

Ich hätte niemals gedacht, sie hier anzutreffen. Kaum zu fassen, dass ich jemals ein bekanntes Gesicht zu sehen bekomme. Langsam ging ich auf sie zu; unentschlossen ob ich sie umarmen sollte. Zögerlich kam sie auf mich zu und schloss ihre Arme um mich herum. Die Last, die ich die letzten Wochen mit mir herum schleppte, verschwand augenblicklich. Ich habe jemanden gefunden, mit dem ich endlich über die Zeit sprechen konnte, in der ich es alleine aushalten musste.

- „ Was ist mit deiner Familie?“, fragte mich Carol leise.

Ich schüttelte nur den Kopf, doch sie verstand, ohne nachzufragen.

- „ Und deiner … ?“, fragte ich ebenfalls leise.

Carol schaute mir kurz in die Augen und ich bemerkte ihren leidenden Blick. Sie drückte mich nur noch fester an sich.

- „ Es ist schön dich zu sehen“, meinte sie zu mir und ließ mich los.

- „ Na wie es ausschaut, hast du schon mal eine Stimme mehr, die für dich stimmen wird “, meinte Rick nun etwas lauter.

- „Ich lege meine Hand für sie ins Feuer!“, vernahm ich von  Carol.

Ich war ihr wirklich dankbar, dass sie sich für mich einsetzte. Aber sie sollte nicht ihren Platz in der Gruppe für mich riskieren. Ich wollte keine Last für irgendwen sein müssen. Und bestimmt nicht, abhängig von einer Gruppe sein. Mein Ziel liegt klar ersichtlich vor meinen Augen. Ich werde mindestens ein bis zwei Wochen an diesem Ort bleiben, um dann weiter zu gehen.

- „ Carol, tu das nicht. Menschen können sich ändern. Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen. Ich bin nicht mehr das kleine Nachbarsmädchen, dass nach deiner Tochter gesehen hat, wenn du gearbeitet hast. Ich werde nicht lange bleiben“, sagte ich nun mit mehr Selbstbewusst in der Stimme.

- „ Du hast dich kein Stück geändert, Jody! Und wo willst du denn hin? Hier ist es sicherer, als überhaupt. Bist du denn nicht froh, jemanden gefunden zu haben, dem du vertraust?“, fragte mich nun Carol etwas hartnäckiger.

- „ Bevor diese Diskussion nun weiter geführt wird, müssen wir den Zaun noch reparieren“, erinnerte uns Rick und unterbrach unsere kleine Debatte. „ Wir klären danach, was mit Jody passiert."

Carol drückte mir schnell noch die Hand, als sie verschwand. Nach einiger Zeit haben Glenn, Maggie, Carol und Sasha – deren Namen ich irgendwann mal aufgeschnappt habe – die Balken vor den Zäunen abgesetzt und sind ins Innere des Gefängnises verschwunden. Auch die anderen sind ihnen nach einiger Zeit gefolgt, sodass Rick und ich nun alleine am Zaun arbeiteten.

Die Temperatur hatte sich in der Zwischenzeit wieder geändert und der eigentliche Regenschauer ist ausgeblieben. Nun beschien uns die Sonne, die für die Herbstzeit sehr hartnäckig sein konnte. Im Laufe der Arbeit, zogen Rick und ich unsere Jacken aus und begannen schnell durch die Anstrengung an zu schwitzen. Ich fühlte mich kraftlos und merkte auch bald den Blick von Rick, der mich immer wieder studierte. Wollte er was von mir?

POV Rick:

Das muss man ihr lassen. Auch wenn sie entkräftet ist und am Rande einer Ohnmacht steht, beißt sie die Zähne zusammen und arbeitet weiter. Ich weiß nicht wie lange wir schon versuchen, die Zäune mit den Balken zu stützen, aber wir haben wenigstens alle gebrechlichen Zaunpartien nun mit Holzbalken stabilisiert. Man muss zugeben, dass sie eine wirkliche Überraschung ist. Der Kampf mit den Zombies und die Arbeit am Zaun scheinen sie ermüdet zu haben, aber wenn ich sie jetzt nicht stoppen würde, würde sie mehrere Tage hintereinander wie verrückt arbeiten. Vor allem durch den unerwarteten Sonneneinstrahl von heute, erschien sie sehr gebrechlich. Ob ihr Körper das aushält? Sie wirkt sehr klein und zerbrechlich, obwohl mir ihr Kampfgeist das Gegenteil beweist. Auch ihre Psyche scheint gestärkt zu sein. Jedenfalls hat sie ein Ziel vor Augen, dass sie die ganze Zeit fokussiert. Ein wirklich eigenartiges Mädchen, dass im Verhältnis dazu, sehr still ist und zurückhaltend erscheint. Sie spricht nur, wenn man ihr eine Frage stellt. Doch ihre Antworten sind genauso faszinierend, wie sie selbst. Sie könnte ein geschätztes Mitglied werden, wenn sie doch nicht schon so bald wieder verschwinden müsste.

Plötzlich merkte ich aus dem Augenwinkel, wie Jody die Beine umknickten und drohte, mit dem Kopf auf den harten Boden aufzuschlagen, als ich noch rechtzeitig einen ihrer Arme ergreifen konnte und sie davor bewahrte, sich selbst eine Kopfplatzwunde zu zufügen.

- „ Genau da, wo ich darüber nachgedacht habe, ob du nicht irgendwann umkippen musst, tust dus natürlich“, murmelte ich zur ohnmächtigen Jody.

Mit einer überraschenden Leichtigkeit hob ich sie auf und erschrack, wie leicht sie doch war. Das Mädchen war entkräftet, ausgehungert und bestimmt auch übermüdet. Mit schnellen, großen Schritten betrat ich das Gefängnis und ging in den Zellenvorraum C, in dem nun alle versammelt waren.

Carol, Sasha, Glenn, Maggie, Carl, Beth, Bob, Daryl, Michonne und den Mann, den ich gesucht habe : Hershel. Als sie mich mit Jody im Arm sahen, sprang Carol sofort von der Bank auf. Auch Glenn und Maggie machten sich Sorgen; Daryl, der an der Wand angelehnt war, zeigte für einen kurzen Moment einen überraschten Blick, den er wieder mit einem Pokerface behob.

- „ Was ist mit ihr?“, fragte mich Carol hastig und ein wenig verängstigt.

- „ Hershel“, sagte ich und ignorierte Carol. „ Sie ist mir vor den Zäunen umgeklappt; ich glaube, sie ist einfach nur übermüdet und sehr ausgehungert. Kannst du nach ihr schauen?“, fragte ich ihn.

Er nickte kurz, ging voraus und ich brachte sie in eine, der freien Zellen. Als ich wieder zu den anderen zurück ging, sah ich die Blicke von den anderen auf mich ruhen.

- „ Was passiert nun mit Jody“, fragte mich Maggie. Auch die anderen setzten sich mit dieser Frage außeinander.

- „ Nun … “, begann ich und wischte mir das verschwitzte Gesicht mit einem Tuch ab. „ Wir werden uns anhören, was sie zu sagen hat. - Wenn sie wieder auf den Beinen ist. Und entscheiden dann … Oder will jetzt schon jemand für sie stimmen?"

Bevor ich jedoch gefragt habe, wusste ich schon die Antwort. Glenn, Maggie und Carol hoben ihre Hand - zu meiner größten Überraschung auch Carl.

- „ Gut“, sagte ich und nickte dazu. „ Trotz allem müssen wir auf den morgigen Tag warten, wenn sie wieder etwas gesünder erscheint.“

Mit diesem Satz zogen sich alle in ihre Zellen zurück. - Doch nicht alle. Ich sah wie Daryl auf mich zu kam und seine Armbrust auf den Tisch vor mir legte.

- „ Rick, du hast doch nicht wirklich vor, sie in unsere Gruppe zu lassen, oder?“, fragte mich Daryl.

- „ Daryl, ich hab da nichts zu entscheiden. Das Mädchen wird morgen sprechen und die Gruppe wird entscheiden. Ich weiß, dass du nur das Beste für diese Gruppe willst, aber du übertreibst ein wenig.“

- „ Rick, ich hab sie in Woodbury gesehen“, sagte Daryl plötzlich ernst.

Das musste ich erstmals sacken lassen. Sie war in Woodbury gewesen.

- „ In der Nacht, in der wir Glenn und Maggie retten wollten, ist sie mir über den Weg gelaufen. Rick, dieser Mistkerl hat sie hier her geschickt. Die arbeiten zusammen. Stell dir doch vor, was sie hier anstellen könnte. Wir riskieren das Leben eines jeden einzelnen hier."

- „ Warum hast du am Anfang nichts gesagt?“, fragte ich ihn bestürzt.

- „ Ich war mir nicht sicher, wo ich dieses Gesicht gesehen habe. Aber ich konnte mich plötzlich daran erinnern, als du sie herein getragen hast.“

- „ Verdammt“, rief ich laut aus und schlug auf den Tisch ein.

- „ Also, was machen wir ?“, fragte mich Daryl.

Sie hat uns für den Anfang gut täuschen können, aber ich darf niemanden damit gefährden dürfen.

- „ Du wirst sie für die Zeit beobachten. Lass sie nicht aus den Augen. Morgen werden wir sie ausfragen“, entschied ich.

- „Ich soll für sie babysitten?!“, stieß Daryl wütend aus.

- „ Hör zu, Daryl. Ich möchte vorerst niemanden davon erzählen. Wir haben erst vor kurzem den Angriff vom Governor überstanden. Ich möchte niemandem Angst machen und ihnen ihr alltägliches Leben, welches sie sich nun aufgebaut haben, damit zerstören",redete ich auf Daryl ein.

Daryl blickte mich verständnisvoll an und verließ den Raum. Ich dachte wirklich, sie könnte gut in diese Gruppe rein passen. Damit habe ich mich nun wirklich getäuscht. Vielleicht ist sie nicht die, für die sie sich ausgibt.

I Will Take Revenge ( The Walking Dead FF )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt