Der Junge am See

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  Jonghyun's Point of View


"Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie schwul sind. Tut mir Leid, Herr Kim, aber das ist sehr schlecht für das Image unserer Firma, ich muss Sie bitten Ihre Sachen zu nehmen, und sich einen anderen Job zu suchen."

"Hau ab, du bist nicht mehr unser Sohn. So etwas widerliches haben wir nicht aufgezogen!"

"Sorry Jjong, aber ich möchte nichts mehr mit dir zu tun haben, irgendwie ist es komisch zu wissen, dass du jeden Moment über mich herfallen könntest, nur weil ich einen Schwanz habe."



Job, Familie, Freunde. Alles hatte ich verloren. Warum? Weil ich nicht Mädchen anziehend fand, sondern Kerle. Ich besaß nichts mehr. Niemand wollte mehr etwas mit mir zu tun haben, und einen neuen Job fand ich auch nicht, da blöderweise durch diesen einen Vorfall nun so gut wie jeder, der meinen Namen im Internet suchte wusste, dass ich schwul war. Meine Wohnung würde ich auch nicht mehr lange behalten können, da ich nun kein Einkommen mehr hatte. Jemanden der mich aufnehmen könnte hatte ich nicht, ich würde also auf der Straße landen.

Ich hatte keine Zukunft mehr. Mein Leben war nun -nach neunzehn Jahren- zu ende.

Der kalte Nachtwind riss an meinen Klamotten. Für Ende Oktober war ich definitiv nicht warm genug angezogen, aber das spielte nun eh keine Rolle mehr. Immerhin stand ich hier um drei Uhr morgens auf einer Brücke die über den Hangang führte. Um diese Uhrzeit fuhr so gut wie kein Auto mehr hier lang, also würde mich niemand aufhalten können.

"Es tut mir leid." Meine letzten Worte wurden von dem Wind davongetragen bevor ich meinen Griff von dem kalten Metall des Geländers löste und in die reißenden Strömungen des Flusses unter mir stürzte.


~~~♥~~~



Eine seltsame Finsternis herrschte vor meinen Augen. War ich tot? Irgendwie hatte ich mir den Tod anders vorgestellt. Ich konnte wirklich überhaupt nichts sehen, allerdings konnte ich nicht sagen, ob es daran lag, dass hier kein Licht schien, oder ob meine Augen geschossen waren. Generell spürte ich meinen Körper nicht, ich fühlte mich wie in Watte gepackt. Das einzige was ich wahrnahm war das leichte Rauschen in meinen Ohren.

Warte, war das dort hinten ein Licht? Ich konzentrierte mich etwas mehr auf diesen kleinen Punkt in der Ferne, und beschloss einfach darauf zuzulaufen. Was sollte schon passieren? Im besten Fall stimmte das Sprichwort 'Das Licht am Ende des Tunnels' und bei dem Licht dort hinten würde mich endlich der Tod erwarten.

Ich konnte nicht sagen, wie lange ich auf das Licht zulief. Für mich fühlte es sich an, als wäre ich jahrelang gelaufen, aber wahrscheinlich war es nur ein Augenblick. Angekommen erwartete mich jedoch eine Enttäuschung. Vor mir lag -mitten in der Finsternis- ein kleiner, friedlich aussehender See, umrandet von Bäumen, Rosensträuchern und einer kleinen Wiese. Verzweifelt ließ ich mich auf die strahlend grüne Wiese fallen. Bemerkte dabei wie echt sich das Gras unter meinen Händen anfühlte, obwohl es unmöglich echt sein konnte.

Nach einer Weile nahm ich wieder Geräusche war. Das leichte Rauschen des Windes, das Zwitschern der Vögel, obwohl ich weit und breit keine Vögel sehen konnte.

Ein Schluchzen entwich mir. Warum war ich an diesem Ort? Ich hatte versucht mich umzubringen, aber nun steckte ich bei diesem See fest. Was musste ich denn noch tun um dem endlich ein Ende zu setzen?

Eine bekannte Melodie ließ mich erschrocken auf sehen. Dort. Auf der anderen Seite des Sees war eine andere Person! Ein Junge um genau zu sein. Vielleicht grade fünfzehn, dem Aussehen nach zu urteilen. Er sang die Melodie meines Lieblingsliedes, welches mich in der Vergangenheit immer aufgemuntert hatte wenn ich eine schwere Zeit durchmachte. Dazu tanzte er, und schien seine ganze Konzentration in seine Bewegungen zu setzen.

Gebannt sah ich ihm dabei zu. Vergaß dabei alles andere. Während das Lied dem Ende nah kam wurden seine Bewegungen immer langsamer, bis er schließlich regungslos dort stand. Nach einer Weile richtete er seinen Blick in meine Richtung und mir stockte der Atem als sich unsere Blicke trafen. Hatte ich davor überhaupt geatmet? Ich wusste es nicht.

Vielleicht eine Minute guckten wir uns einfach nur so in die Augen, bis plötzlich ein Lächeln auf seinem Gesicht erschien, und bevor ich auch nur blinzeln konnte löste er sich von einer Sekunde zur nächsten in Luft auf, nur um im selben Moment plötzlich neben mir zu sitzen.

Erschrocken zuckte ich zusammen und wich ein Stück nach hinten, woraufhin mein Gegenüber nur lachte.

"Hey." Begrüßte er mich, als wäre es das normalste auf der Welt sich einfach von einem Ort zum nächsten zu teleportieren. Seine glockenklare Stimme, die die eines Engels ähnelte ließ mich eine Gänsehaut bekommen. Etwas neben mir starrte ich einfach in das tiefe Schwarz seiner Augen welche mich in ihren Bann zogen. Sollte ich ihm antworten? Ich wusste immerhin noch nicht mal, ob ich überhaupt reden konnte. Noch dazu war ich einfach zu fasziniert von seinen Augen, welche mich mit einer Lebensfreude anstrahlten als wäre er der glücklichste Mensch auf Erden, aber dann wieder lag in seinem Gesichtsausdruck auch etwas trauriges. Es war schwer aus seinem Gesicht zu lesen, was er wirklich dachte.

"Jonghyun?"

"Woher kennst du meinen Namen?" Fragte ich verwundert. Wow, ich konnte ja wirklich reden.

"Ich habe dich beobachtet."

"Mich... beobachtet? Bist du ein Stalker?" Ein helles Lachen erklang in meinen Ohren als ich ihn dies fragte. Irgendwie mochte ich den Klang seines Lachens, andererseits fragte ich mich gleichzeitig was daran so komisch war.

"Theoretisch kann man es fast so sehen, ich habe aber keine bösen Absichten, versprochen."

"Das denken alle Stalker." Erwiderte ich schnaubend. Wieder lachte er, einen Augenblick später wurde sein Gesichtsausdruck jedoch ernst.

"Warum hast du das getan, Jonghyun?" Verwirrt über den plötzlichen Themenwechsel konnte ich ihm im ersten Moment nicht wirklich folgen.

"Was meinst du?"

"Der Sprung. Warum bist du von der Brücke gesprungen?" Geschockt weiteten sich meine Augen. Ich dachte niemand hätte mich gesehen. Ich war mir sicher, dass weit und breit niemand in der Nähe war, als ich gesprungen bin.

"Das geht dich nichts an." Gab ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich kannte ihn doch gar nicht, wieso also sollte ich ihm diese Frage beantworten?

"Doch, das tut es. Jonghyun, ich frage dich noch einmal, wieso hast du versucht dir das Leben zu nehmen?" Fragte er nun noch mal mit etwas mehr Nachdruck, wobei seine Stimme aber trotzdem noch sanft blieb. Aber Moment.... 'Versucht'? War ich denn nicht tot? Verdammt, wenn ich mal wenigstens endlich erfahren würde, was das hier für ein Ort war, und ob ich nun tot war oder nicht...

"Du bist hier in einer Art Zwischenwelt." Meldete sich der Junge plötzlich erneut, als hätte er meine Gedanken gelesen. Da mein Gesichtsausdruck wohl ausreichend gewesen sein muss für ihn zu sehen, dass ich immer noch nicht wirklich wusste was er damit meinte, erklärte er weiter:

"Also, nachdem du von dieser Brücke gesprungen bist, liegst du nun in einer Art Koma. Du hast doch bestimmt schon von Nahtoderfahrungen gehört, oder? Das ist hiermit vergleichbar. Du stehst sozusagen auf der Schwelle zwischen Tod und Leben, wenn du hier bist, kannst du dich entscheiden, ob du weiterziehst, oder ob du wieder zurück in dein Leben möchtest." Na das hörte sich doch schon einmal ganz gut an.

"Und wie mache ich das? Gibt es hier irgendwie eine Straße die ich langgehen muss?" Nach meiner Frage runzelte mein Gegenüber überlegend die Stirn.

"Du hast nicht vor, in dein Leben zurückzukehren, oder?" Sofort schüttelte ich meinen Kopf.

"Auf keinen Fall. Du hast es grade gesagt, ich habe die Wahl. Wieso sollte ich also in dieses beschissene Leben zurückkehren? Wenn du mich wirklich beobachtet hast, solltest du wissen, wie es mir ging bevor ich gesprungen bin, was auch die Frage warum ich es getan habe überflüssig macht." Während ich sprach schien der kleine See, und die Wiese auf der wir saßen an Farbe zu verlieren, bis mir alles grau vorkam. Es beeindruckte mich nun nicht wirklich, nur der Junge neben mir schien nun etwas panisch zu werden.

"Jonghyun, hör mir zu, bevor du dich dafür entscheidest zu gehen, ja?" Wütend darüber, dass er mich noch weiter aufhielt verschränkte ich abwehrend meine Arme vor meiner Brust, hörte ihm jedoch dennoch zu.

"Ich habe die Reaktionen derjenigen um dich herum auf dein Geständnis gesehen, auch das, was im Internet über dich geschrieben wurde. Ich habe gesehen, wie sehr es dich mitgenommen hat, dass deine Familie und deine Freunde dich in deiner schwierigsten Zeit im Stich gelassen haben, und ich habe auch gesehen, dass es ebenfalls in deiner Zukunft schwer für dich werden wird. Aber trotzdem ändert das nichts daran, dass du eine Zukunft HAST. Nutze sie, denn du kannst sie so verändern wie du möchtest. Nicht alle Menschen sind so homophob und werden sich von dir fernhalten. Es gibt noch so viele Menschen, die du noch nicht kennst, die du im Laufe deines Lebens noch kennenlernen wirst, und die dein Leben verändern werden. Du hast am Anfang deiner Suche schon aufgegeben, dabei hattest du noch so viel vor dir. So viele Möglichkeiten, so viele schöne Erfahrungen wirst du verlieren, wenn du dich dazu entscheidest diese Welt jetzt schon zu verlassen. Jonghyun, du bist neunzehn Jahre alt.
Du hast so viele Sachen noch nicht erlebt, die du noch erleben solltest. Du hattest noch keine Beziehung, dein erster Kuss, dein erstes Date, das erste Weihnachten mit der Person die du liebst, all das wird dir fehlen. Warst du jemals außerhalb von Korea? Denk an all die Länder die du noch sehen könntest. Wunderschöne Regenwälder, bunte Städte, gewaltige Wasserfälle oder riesige Blumenfelder. Wie viel der Schönheit dieser Welt hast du noch nicht gesehen. Denk an all die Erfahrungen die du noch machen könntest. Du wirst niemals wissen, wie es sich anfühlt mit einem Fallschirm von einem Flugzeug gesprungen zu sein, ein Theaterstück in einem anderen Land, in einer Sprache die du nicht verstehen wirst zu sehen, oder Krabben in Japan gegessen zu haben. Wie wird es wohl sein das erste eigene graue Haar zu entdecken, oder mit 60 Jahren mit all deinen alten Freunden eine Runde Bingo zu spielen, oder mit 80 Jahren in einem Stuhl auf deiner Veranda zu sitzen, und die faltige Hand deines Lebensgefährten zu halten? Wenn du all diese Erfahrungen gemacht hast, dann kehre beruhigt an diesen Ort zurück, und verabschiede dich mit einem glücklichen Lächeln von dieser Welt, aber verlasse sie nicht, bevor deine Zeit gekommen ist. Gebe nicht auf, und kämpfe bis du zufrieden mit deinem Leben bist.
Denn es ist DEIN Leben. Eine Chance, die du nur einmal bekommst."

~~~♥~~~

  Heeey \(^o^)/

Willkommen zu meiner neuesten Fanfiktion :)

Ich hoffe, dass mir diese Fanfiktion einigermaßen gelungen ist, und würde mich natürlich über jegliche Art von Feedback sehr freuen.

Wie ihr in der Kurzbeschreibung wahrscheinlich schon gelesen habt wird das Main-Pairing JongTae sein, aber auch die Pairings JongKey und OnHo werden noch eine Rolle spielen :)
Außerdem wird es ein wenig ins Übernatürliche gehen, allerdings habe ich mich bemüht damit nicht zu übertreiben, um das Geschehen trotzdem noch realistisch wirken zu lassen :)  

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⏰ Last updated: Dec 10, 2017 ⏰

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