Be Happy Again

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"Um halb drei im Café.", beschloss er und legte auf, nachdem er mir noch einen Kuss durch das Telefon zugehaucht hatte. Seufzend legte ich mein Handy beiseite, um mich fertig zu machen. Als ich bereit war, trat ich aus meiner Wohnung, schloss die Tür ab und stieg die Treppen des Hochhauses herunter. Die Luft draußen war kühl und ich zog meinen Schal noch enger um meinen Hals. Dann machte ich mich auf den Weg durch die Straßen Seouls zum vereinbarten Treffpunkt. Als das Café in Sichtweite kam, war er noch nirgends zu sehen. Ich seufzte und stellte mich neben die Tür vor die Glasscheibe. Eine Weile wartete ich, bis ich endlich seine Stimme hörte. Er kam auf mich zu und rief meinen Namen. Angekommen drückte er mir einen Kuss auf die Lippen und zog mich auch schon ins Café hinein. Er lief mit mir an der Hand zu unserem Stammtisch in der hintersten Ecke und bestellte das Übliche. Lächelnd schaute ich ihn an. Er lächelte zurück. Auf einmal wurde sein Blick wieder ernst. "Hana.", begann er, als die Bedienung mit unseren Getränken kam. Wir nahmen sie entgegen und ich wandte mich wieder ihm zu. "Ja?", fragte ich. Er schaute mich mit einem ernsten Ausdruck in seinen wunderschönen Augen an. "Ich-", begann er wieder. "Sags einfach.", ermunterte ich ihn lächelnd.
Er zögerte leicht, dann ließ er alles auf einmal los. "Hana, es tut mir leid! Ich liebe dich wirklich, aber ich liebe sie auch!" Sie? "Wer-", begann ich, doch er unterbrach mich. "Bitte hör mich erstmal bis zum Ende an! Ich liebe sie, aber dich auch! Ich... ich weiß nicht, was ich machen soll, Hana..."
Da wurde es mir zu viel. Er hatte ein anderes Mädchen! Ohne ein Wort zu sagen stand ich auf und verließ das Café. Ich lief weiter und drehte mich um, als ich ihn meinen Namen rufen hörte. Er war mir hinterhergelaufen. "Hana!", schrie er. "Bitte! Es tut mir leid!" Er stand nun vor mir. "Was tut dir leid?", fragte ich und bedachte ihn mit einem kalten Blick. "Ich-" Er griff nach meinem Arm, doch ich trat ein paar Schritte zurück. "Spar dir die Mühe!", fauchte ich ihn an und konnte nur mit Mühe die Tränen zurückhalten. Ich drehte mich um und wollte weitergehen, doch diesmal hielt er mich am Arm fest. "Lass mich los.", flüsterte ich. "Nein.", war seine Antwort. "Ich sagte: Lass mich los!", schrie ich ihn an und nun rannen Tränen mein Gesicht hinunter. Geschockt ließ er los. Sofort lief ich auf die große Straße, nicht darauf achtend, was um mich herum geschah. "Hana!", schrie er plötzlich wieder und im nächsten Augenblick wurde ich nach vorne geschubst und fiel auf den Bürgersteig der anderen Straßenseite. Als ich mich wieder aufgerappelt hatte, blickte ich mich um. Und was ich sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Mein Herz drohte, stehenzubleiben. Dort lag er. Unter dem Auto. Wieso lag er dort so? Ich fing nur noch mehr an zu weinen. Ich war über die Straße gerannt, ohne zu gucken, und hatte das Auto nicht gesehen. Er war mir hinterher gerannt und hatte mich außer Reichweite des Autos geschubst, nur um dann selber angefahren zu werden. Er hatte mich gerettet. Wieso?
Der Fahrer war mittlerweile aus seinem Auto gestiegen und schrie mir wild gestikulierend etwas zu, doch ich hörte ihn nicht. Er griff nach seinem Handy und rief den Krankenwagen an. Ich stand immer noch in Schockstarre am Straßenrand und blickte auf meinen toten- nein, schwer verletzten Freund hinab. Stumme Tränen flossen mein Gesicht hinunter. Ich war nicht einmal in der Lage einen Laut von mir zu geben. Dann hörte ich die Sirenen. Nein, ich hörte sie nicht wirklich. Ich nahm sie eher ganz am Rande meines Bewusstseins wahr. Sie hielten direkt neben dem Auto, unter dem er lag. Hintendrein fuhr ein Polizeiauto, aus dem zwei Polizisten ausstiegen, die erstmal die Straße absperrten. Die Leute, die aus dem Krankenwagen ausgestiegen waren, waren gerade dabei meinen Freund auf eine Krankenliege zu legen, welche sie dann ins Innere des Krankenwagens schoben. Da sprach mich einer der Leute an und ich konnte ihn hören, doch es klang weit entfernt. "Sind Sie die Freundin?", fragte er. Ich nickte nur stumm. Er geleitete mich zum Krankenwagen, in den ich einstieg und mich neben die Liege setzte.
Im Krankenhaus angekommen wurde er sofort in die Notaufnahme gebracht und ich musste draußen warten. Ich konnte immer noch nicht fassen, was hier gerade passiert war. Er war angefahren worden! Und das nur, weil er mich retten wollte! Sonst wäre ich angefahren worden! Sonst läge ich jetzt schwer verletzt im Krankenhauszimmer!
Nach einer Zeit kam eine Krankenschwester, um mir zu berichten. "Er hat es leider nicht geschafft."
Mit diesem einen Satz brach alles in mir zusammen. Meine ganze Hoffnung, dass alles wieder gut werden könnte. Er war fort. Gegangen. Tot. Es dauerte eine Weile, bis ich das realisiert hatte. Er war tot. Ich würde ihn nie wieder sehen. Was tat ich dann noch hier? Wieso war ich noch am Leben? Was gab es denn, weshalb ich blieb? Ich hatte doch nichts. Meine ganze Welt war zusammengebrochen. Und es war meine Schuld. Wäre ich nicht auf die Straße gerannt, wäre er mir nicht hinterhergerannt und das Auto hätte ihn nicht erwischt. Also war alles meine Schuld. Wieso war er mir nur hinterhergerannt? Sonst läge ich jetzt dort im Krankenzimmer. Sonst wäre ich jetzt tot. Und er hätte mit seiner Geliebten weiterleben können.
Ich hatte gerade die Liebe meines Lebens verloren. Ich würde nie wieder glücklich werden können.

XxxxxxxxxX

Ein ganzes Jahr war seit diesem Vorfall schon vergangen und ich weinte immer noch. Ich konnte nichts anderes tun. Mein Alltag bestand aus Schlafen, Essen, damit ich überleben kann, wobei ich nicht weiß wozu das noch gut ist, und Weinen. Und anschließend wieder Schlafen. Und so ging es immer weiter. Ich wusste nicht mehr, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Es hatte für mich keinen Sinn mehr zu leben. Ohne ihn.
Heute konnte ich mich dazu bewegen, nach draußen zu gehen anstatt drinnen rumzuhängen. Also ging ich in den Park. Auch wenn es für mich nicht anders war als drinnen zu sein. Ich setzte mich auf eine alte Parkbank und betrachtete meine Umgebung. Ein paar alte Leute gingen mit ihren Hunden spazieren und ein paar Enten schwammen auf dem Teich in der Mitte des Geländes. Es hatte sich nichts verändert. Es war alles immer noch so wie beim letzten Mal, als ich hier war. Das war mit ihm gewesen. Mit ihm...
Ich hatte gar nicht richtig mitbekommen, dass ich angefangen hatte lauthals zu heulen und zu schluchzen. Da bemerkte ich plötzlich, wie sich jemand neben mich setzte. Ich blickte vorsichtig auf und sah direkt in ein Paar wunderschöner dunkelbrauner Augen. Ein Junge hatte sich neben mich gesetzt, da er vermutlich gesehen hatte, dass ich am Weinen war. Er fragte mich, was passiert sei und ob ich vielleicht Hilfe brauchte. Da erzählte ich ihm alles. Angefangen von seinem Geständnis, dass er eine andere liebt, seinem Tod, bis hin zu meiner heutigen Situation, da ich nichts machen konnte, außer zu weinen. Es war mir in diesem Moment völlig egal, dass er ein vollkommen fremder Mensch war und ich ihn doch gar nicht kannte. Er hörte mir bis zum Ende aufmerksam zu und nickte verständnisvoll. Eine Weile saßen wir noch so da. Dann wurde es auf einmal kühler, denn es wurde Abend. Er lud mich zum Essen ein und nahm mich mit in ein Café. Es war das Café, in dem ich mit ihm immer gewesen war. Doch diesmal verließ keine weitere Träne meine Augen und ich folgte ihm stumm an einen Tisch. Es war der Tisch, an dem ich immer mit ihm gesessen hatte. Doch auch das störte mich nicht. Als wir uns gesetzt und unser Essen bestellt hatten, fiel mir auf, dass ich noch gar nicht wusste, wer er überhaupt war, also fragte ich ihn.
"Jeon Jungkook", antwortete er.
Ich stellte ihm noch ein paar Fragen und er erzählte mir viel von sich selbst. Von seiner Familie, seinem Beruf, seinen Hobbys...
Und zum ersten Mal seit einem Jahr lächelte ich. Zum ersten Mal seit seinem Tod lachte ich.
Und da bemerkte ich es. Damals hatte ich gedacht, ich hätte die Liebe meines Lebens verloren. Aber ich hatte sie noch nicht einmal gefunden. Doch jetzt hatte ich es. Denn sie saß gerade direkt vor mir, erzählte mir Geschichten und brachte mich zum Lachen.
Jeon Jungkook.

I need u // HAKOOK OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt