Was weißt du schon…
Denkt die Frau in dem Café. Schon wieder starrt sie eine Junge Ladie so schief an. Sie hat doch nichts getan! Sie hat einfach nur dem kleinen Kind dort zugewunken und es hat zurück gewunken.
Sie hat es nicht entführt oder es irgendwie verletzt. Einfach nur gewunken hat sie. Wie sie es vermisst, ihr Kind.
Sie wollte doch immer gut für es sorgen, sie hat dem Amt doch versprochen, dass sie sich kümmern würde. Es war doch nur eine Phase gewesen. Der Mann hatte sie verlassen. Der heißgeliebte Ehemann und ihr dummer Kuh war nichts Besseres eingefallen als zu trinken.
Natürlich hatte es eine aus ihrem Haus mitbekommen. Die aus der fünften, und sie hatte das Jugendamt gerufen. Immer wieder hatte sie doch gebettelt, ihr Kind behalten zu dürfen, doch nein. Die Angestellten vom Jugendamt hatten gesagt, wenn sie in eine offizielle Entzugsklinik ginge, könnte man es ihr vielleicht zurückgeben.Natürlich hat sie es versucht. Sie war sogar in zweien gewesen und hatte beide Male beste Führungszeugnisse bekommen. Sie war weg vom Alkohol und hatte ihn bis heute nicht mehr angerührt. Und bis heute kämpfte sie noch darum, ihr Kind wieder zu bekommen. Es musste schon mindestens 20 Jahre alt sein. Lucy hatte sie ihre Tochter genannt. Und immer, wenn sie diesen Namen nur denkt, schleicht sich ein Lächeln auf ihr Gesicht und ihr wird warm ums Herz. Lucy…
Jetzt rührt sie in ihrem Kaffee. Dieser Blick der Frau am Tisch gegenüber!
Ohne ausgetrunken zu haben knallt sie ein paar Münzen auf den Tisch und geht.
Was weiß sie denn schon!
Was weißt du schon?
Denkt das Mädchen wütend. Es ist doch mein Leben, nicht deines! Es muss dich doch gar nicht interessieren, was ich mit meinem anfange! Hat es doch noch nie… Immer warst du weg, nie hat es dich interessiert!
Mit einem Kissen wirft sie nach ihrer Mutter. Sie brüllt ihr Dinge ins Gesicht. Dinge die keine Mutter je hören möchte.
Als wenn es sie interessieren würde, wo ich bin oder sein werde. Sie hat doch auch in den letzten fünf Monate nicht zuhören wollen. Wie oft hatte sie es versucht, ihrer Mutter alles zu erzählen… Und immer hatte sie nicht zuhören wollen. Und jetzt, wo es so offensichtlich war, jetzt plötzlich, wo alles schon entschieden war interessierte es sie also plötzlich, ja?!
Ihre Mutter kommt näher, zeigt mit dem Zeigefinger auf ihren Bauch und schreit. Die Tochter legt schützend ihre Hände darauf, auf ihr Baby.
Dann ertönen die finalen Worte:„Raus!“
Und sie verlässt das Zimmer, um nie mehr zurückzukommen.Was weißt du schon…
Denkt der kleine, dickliche Junge der auf dem Turnhallen-boden kauert und weint.
Was weißt du denn schon, denkt er in Richtung des Mädchens das in in das Ohr ihrer Freundin wispert.
Denkst du wirklich, ich wüsste nicht was ihr da redet, würde nicht sehen, dass ihr da über mich redet?! Ich weiß es doch genau.
Aber ich bin kein schlechter Verlierer! Und außerdem haben wir doch auch gar nicht verloren.Es breitet sich wieder dieser Schmerz in ihm aus. Aber nicht der, der vom Asthma kommt, das er seit Jahren hat und gegen das er Tag für Tag kämpft, nicht diese Atemnot, die ihn jetzt mir Schmerz erfüllt. Nein, es ist das Wissen, das die ganze Klasse über ihn lacht, Ja, es ist die Demütigung.
Sie werden e wohl nie verstehen, denn sie wissen ja nichts.
Was weißt du denn…
Denkt die junge Frau wärend sie auf ihr Display starrt.
„Alles ok mit dir?“ steht dort, springt ihr ins Gesicht. Der Name einer „Freundin“ steht dort in der linken Ecke. Was für eine Frage.
Für sie selbst ist es leicht zu beantworten: Nein, natürlich nicht. Für eine Freundin so unglaublich schwer.
Was weißt du schon von meinem Leben! Denkt sie. Du bist nie da, wenn ich dich brauche, du hast ja zu viel zu tun!
Nach einer Minute beginnt sie zu tippen: „Es ist nur so, mir geht es nicht so sonderlich gut, weil..“ Doch bevor sie den Satz beendet, löscht sie den gesamten Text wieder.
Sie will ja niemanden damit stören, und sie würde es am Ende ja doch nicht verstehen.
Also schreibt sie ein Einfaches „Jaja“ und setzt einen lachenden Smiley dahinter.
Sie schaltet das Handy ab, was weißt du schon…