9 Dante

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Mit einer Pünktlichkeit, die Viktor niemandem zugetraut hatte, fuhren sie mit sechs Wagen los. Zwei pro Haus. Ein Auto für die Ks und eines für die neuen Blutbeutel. Es sind selten mehr als fünf in einem Haus, hatte Eugen ihm erzählt, meistens zwischen zwei und vier.

Erst als er das Bauernhaus im Rückfenster kleiner werden sah, fiel ihm ein, dass er Miranda nicht Bescheid gegeben hatte, über seine Entscheidung schon heute mitzufahren. Frischlinge trainierten vor ihrem ersten Einsatz meistens mehrere Wochen. Er tat das, worüber er sich gestern bei ihr aufgeregt hatte und fragte sich, ob sie jemals eine normale Beziehung führen würden. Eine, bei der beide gleichberechtigt waren und es vorher absprachen, wenn sie sich in Gefahr begeben mussten. Aber war es denn überhaupt eine Beziehung, die sie führten? Er war freiwillig mit ihr zusammen geblieben, als er es nicht mehr musste. Und er mochte sie. Es muss eine Beziehung sein, legte er fest, weil ich nicht weiß was es sonst ist.

Seine Gruppe bestand aus seinen zwei Schwestern, Tim, dem Chinesen und Emanuel, den Viktor erst bei der Lagebesprechung kennengelernt hatte. Die Fünf waren ein eingespieltes Team und Viktor hielt sich als Beobachter im Hintergrund. Die Gegend in der sie hielten war menschenleer, woraus er schloss, dass es ein reines Vampirviertel war. Er kannte diese Ruhe aus dem Garten von Mirandas Villa und sie kam ihm nicht verdächtig vor. Trotzdem windeten sich Sorge und Aufregung in ihm umher. Um sich klarer darüber zu werden wie schlimm es um ihn stand, sah er kurz, als alle auf das Haus zu gingen, unauffällig auf seine zitternde Hand. Erst jetzt, wo ihm das eigene Blut in den Ohren rauschte, bemerkte er wie leise sich die fünf bewegten und das alles an ihnen so gewählt war, dass es nicht klimperte oder sonst irgendwelche knirschenden Geräusche verursachte. Während zwei sich zu beiden Seiten splitteten um das Haus zu umkreisen, folgte er Katharina die Stufen hinauf zur Tür. Während er stolz, weil er es ihr beigebracht hatte, dabei zusah wie sie mit Dietrichen anfing das Schloss zu bearbeiten, stellte er fest, dass sich zu viel Vorfreude in ihm aufbaute. War er so scharf darauf Vampire zu töten? Nein, es musste etwas anderes sein und sofort dachte er an Ina. Dann schüttelte er innerlich den Kopf. Es war unmöglich, dass sie hier war und doch hatte der verzweifeltste Teil in ihm Hoffnung.

Wie erwartet waren es zwei Vampire in einem Bett, ein Paar. Nachdem Tim und Swetlana die beiden ohne mit der Wimpern zu zucken gleichzeitig erledigt hatten, fingen sie an das Haus zu durchsuchen. Lange konnten sie nicht bleiben, aber sie wurden fündig. Das Vampirpärchen hatte zwei Blutbeutel in der Abstellkammer gehalten. Sie saßen völlig verstört, erschöpft und festgebunden neben anderen Blutbeuteln, die dem Geruch zu folge bereits mehrere Tage leer waren. Übelkeit stieg in ihm auf und er versuchte sich nichts anmerken zu lassen.

Erst als er sah wie routiniert die Ks die beiden losbanden und hinaus brachten, wurde ihm bewusst wie alltäglich dieser Anblick für sie war. Natürlich hatte auch Viktor schon viele Leichen gesehen, aber er war der einzige, der sich zusammenreißen musste um nicht zu kotzen.

Halsbänder wurden angelegt, ein großes K an die Tür gesprüht und ein nachdenklicher Viktor wieder zurück zum Bauernhaus gefahren. Auf die Idee Leichen zu begraben war man nie gekommen, weil es einfach zu viele waren. Andere Vampire würden sich um die Reinigung des Hauses kümmern, sobald sie erwachten und sahen, dass es besucht worden war. Von nun an würde er es keinem K übel nehmen können, wenn er in Miranda nur eine Mörderin sah.

Miranda, Viktor, Nena, Lucie und die anderen Frischlinge mussten den Schwur auswendig lernen und mit der Hand auf der Brust vor den anderen Ks aufsagen.

Ab morgen würde ihre Ausbildung beginnen. Die beiden Blutbeutel, die Viktors Trupp am selben morgen befreit hatte, würden allerdings noch Monate brauchen um sich zu erholen und ihre Arbeitskraft anderweitig als, als Vampirjäger einzusetzen. Sie waren zu instabil, als das völlige Genesung in Reichweite schien.

Blutbeutel einer VampirinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt