Kapitel 51 - Freund oder Feind, alt oder neu, beide bleiben ewig treu

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Kapitel 51

Freund oder Feind, alt oder neu, beide bleiben ewig treu


~Sabrina~

Der Herzkasper drehte den grossen, beinahe schon antik aussehenden Schlüssel in dem rostigen Schloss. Es klickte und die Tür war offen. Zum Glück war das Metall noch nicht so stark verrostet, als dass man das Schloss nicht mehr hätte öffnen können.
Der Narr stiess die Gittertür auf. Die Scharniere jaulten auf wie verwundete Tiere. Es musste ein halbes Jahrhundert her sein, dass sie geölt worden waren...
»Mylady«, schnurrte der Herzkasper, trat einen Schritt zurück um ihr Platz zu machen und verbeugte sich. »Tretet ein.«
»Pfff«, antwortete Sabrina und schritt an ihm vorbei. Sero hoppelte hinterher, die Fackel noch immer mit seinen weissen, flauschigen Pfoten umklammernd.
Auf der anderen Seite des Gitters sah es nicht wirklich anders aus. Es war noch immer der gleiche dunkle, nasse und gruselige Tunnel, wie zuvor.
»Wohin gehen wir jetzt?«, fragte Sabrina misstrauisch, nachdem der Herzkasper die Gittertür hinter sich zugezogen und wieder abgeschlossen hatte.
»Ich sagte doch, ich werde dich zu Cernunnos bringen«, antwortete er und liess den Schlüssel in einer seiner Hosentaschen verschwinden.
»Was und wo ist dieser Cernudelirgendwas?«, plätte Faritales und stemmte die Krallen in die Speckhüften.
Der Narr nahm Sero die Fackel ab und hielt sie sich vors Gesicht, damit das Licht schaurige Schatten über seine Haut tanzen liess. Mit weit aufgerissenen, tränenden Augen und einem breiten Grinsen zischte er: »Ihn zu beschreiben ist ein Ding der Unmöglichkeit. Man muss ihn gesehen haben, um zu verstehen, was ich meine. Er befindet sich im dunkelsten und dreckigsten Verlies des Zeitpalastes!«
Er wirbelte herum und stolzierte los. Etwas genervt lief Sabrina ihm hinterher. Seinen Dolch hatte sie noch immer mit aller Kraft umklammert, denn man konnte ja nie wissen, was in der Dunkelheit lauerte...
»Heisst das, du führst uns zum Verlies?«, fragte sie etwas bedrückt und starrte in die Schatten. Sie war vollkommen paranoid und sah überall unbekannte Monster, die es kaum erwarten konnten, ihr das Fleisch von den Knochen zu reissen. Dauernd glaubte sie aus den Augenwinkeln etwas vorbeihuschen zu sehen. Verflucht, sie musste sich zusammenreissen! Als Nervenbündel würde sie nicht lange überleben. Himmel, wieso konnte diese verfluchte Traumreise nicht einfach endlich aufhören?
Der Narr hingegen watschelte sorglos mit seinen dämlichen Schiffschnabelschuhen durch den Tunnel. Das helle Bimmeln der Glöckchen, mit denen er behangen war wie ein Christbaum, hallte von den Wänden wider. Er antwortete gelangweilt: »Nein, vorerst führe ich euch in die Küche.«
»Warum das denn jetzt?«, fragte der Dämon aufgekratzt.
»Weil man uns nicht einfach so zu den Gefangenen ins Verlies hinablassen wird. Wir brauchen einen Vorwand, einen Plan, ja, einen Trick!«, erklärte der Namenlose eifrig.
»Und den willst du in der Küche finden?«, fragte sie skeptisch.
»Ganz genau...«
Sie schüttelte frustriert den Kopf und knurrte: »Hör mal, ich habe echt keine Lust auf Spielchen. Veräppeln kann ich mich selber. Sag mir einfach, wieso wir in die Küche gehen. Wo soll die überhaupt sein, diese Küche?«
»Du bist wirklich schrecklich ungeduldig. Dabei dachte ich immer, eine Eisprinzessin wäre so ruhig und gelassen. Wie die Kälte, die sie erschaffen. Still und heimlich kriecht sie an dir hoch, frisst sich in dein Fleisch und krallt sich in deine Knochen. Kälte, Eis und...«
»Halt die Klappe«, unterbrach sie den Redefluss des Narren. »Erspar mir diesen Mist. Ich will einfach nur wissen, was hier los ist, okay? Grosse Reden über meine fabelhafte Kälte schwingen kannst du auch später noch...«
Sie hatte mittlerweile einen runden Raum erreicht. Die kuppelförmige Decke war hier höher. Zusammen mit dem Tunnel, aus dem sie gekommen waren, führten drei weitere in neue dunkle, modrige Gänge.
»Was ist das hier für ein Ort?«, fragte Sabrina, als sie das Skelett eines Kronleuchters im fahlen Licht der Fackel aufblitzen sah. Kein einziger Kristall hing mehr an den verbogenen und staubigen Armen des Leuchters. Die Kerzen waren zu Stümpfen abgebrannt und der Wachs klebte in erstarrten Rinnsalen an dem Metall.
»Ich weiss es nicht genau«, antwortete der Herzkasper. Er durchquerte den Raum, der die Grösse einer Turnhalle hatte, und begann, die Fackeln, die an den Wänden angebracht waren, anzuzünden. Erst jetzt bemerkte Sabrina, dass der Kronleuchter nicht das einzige Relikt einer längst vergessenen Zeit war, das hier in dem düsteren Raum vor sich hin verstaubte. Der Rahmen eines Spiegels lehnte an einer der Wände, umgeben von staubigen Scherben. Ein Gemälde, dessen Leinwand von Schimmel zerfressen war, lag auf einem umgekippten Tisch. Pilze sprossen aus dem morschen Holz eines Schranks.
Mittlerweile hatte der Herzkasper alle Fackeln - es waren insgesamt acht - angezündet und der Saal war hell erleuchtet.
»Es sieht fast so aus, als wäre das hier früher ein Teil des Palastes gewesen. Was hier wohl passiert ist?«, murmelte Sabrina.
»Es sieht nicht nur so aus, es war tatsächlich so. Durch diese Gänge gelangte man vor unzähligen Jahrtausenden an in den verschollenen Teil des Palastes. Wenn man genau hinsieht, erkennt man noch die uralten Wandmalereien«, erklärte Sero, der andächtig über eine der Wände strich.
»Woher weisst du denn so was?«, fragte der Narr amüsiert. Er zog ein Taschentuch aus der Hemdtasche seines Narrengewands und wischte sich damit die Tränen von den Wangen.
Sabrina lief zu Sero und kniete sich neben ihn und untersuchte die Wand ebenfalls. Hier und da fand sie einen Mosaikstein, dort ein Stück Stein, dass noch nicht von Moos bedeckt war und die Farbe sich von der Wand löste. Etwas betroffen meinte sie: »Ich habe davon gelesen. Die Glaskaiserin und der Kupferkönig haben im unterirdischen Teil des Palastes gelebt. Doch dann hat der Kupferkönig die Kontrolle verloren. Er hatte eine unglaubliche Macht, die ihn schliesslich auch zerstörte. Er wurde von den anderen Urherrschern seiner Kräfte beraubt und in die sterbliche Welt verbannt. Die Glaskaiserin sollte auf ihn achtgeben und dafür sorgen, dass er wieder der Alte wird, doch irgendwie sind beide verschollen. Irgendwann hat man dann den unterirdischen Palast zuschütten lassen.«
Sero lächelte sie traurig an und erklärte: »Ich habe vor vielen, vielen Jahren in der Stadt Lexika gelebt. Sie liegt im Westen der Insel Oz und ist überall in der Welt als Zentrum des Wissens bekannt. Es ist die Stadt der Wörter, der Intelligenz, der Erinnerungen und der Erfindungen. In Lexika gibt es mehr Bücher als Sand am Meer. Dort war ich als Bibliothekar angestellt. Ich habe damals mehr gelesen als gesprochen. So erfuhr ich auch von dem unterirdischen Teil des Palastes. Ich habe nie mehr darüber herausgefunden, als das, was auch du gerade eben gesagt hast, Herrscherin. Es muss früher noch mehr Informationen über diesen Ort gegeben haben, doch die sind seit dem grossen Brand in Lexika verschwunden. Eine Schande ist das! Als ich schliesslich von der Herzkönigin versklavt und hierhergebracht worden war, hatte ich oft versucht, einen Eingang in den unterirdischen Teil des Palastes zu finden, doch es ist mir nie gelungen. Nur diese Geheimgänge sind von dem verschollenen Palast übrig geblieben.«
Ein versunkener Palast. Begraben unter der Erde. Abgeschirmt von der Welt. Wieso hatte man ihn verschüttet?
Sabrina stand auf und lief an der Wand entlang. Sie liess ihre Finger über den nassen Stein streichen.
»Egal was hier einmal war«, rief der Herzkasper, » heute werden diese Gänge von den Bediensteten genutzt. Von diesen Gängen aus kommt man in den grossen Speisesaal, wo die Dunklen ihre Sitzungen abhalten, in die Küche, den Garten oder was davon noch übrig ist, in die Ställe, in den Ballsaal und in den Wohnkomplex der Bediensteten. Und nun beeilt euch ein bisschen, bevor die Essensverteilung an die Gefangenen vorüber ist!«
Sabrina gelangte an einen Schrank, der so moderig roch, dass sie sich die Nase zuhalten musste. Trotzdem war sie neugierig, ob in dem Möbelstück vielleicht noch etwas aufbewahrt wurde. So streckte sie die Hand nach den Schranktüren aus, um eine davon zu öffnen. Ihre Fingerspitzen berührten das Holz und...
»Halt! Was tust du denn da?!«, rief ihr Sero noch zu, doch da war es schon zu spät.
Das Jahrhundertalte Möbelstück zerfiel unter ihren Fingern zu Staub. Eine erstickende, graue Wolke schoss ihr entgegen und raubte ihr den Atem. Sabrina stolperte rückwärts, fiel hin, hustete und rieb sich den Staub aus den Augen. Auch Faritales, der den Staub natürlich genauso abbekam wie sie kreischt und röchelte vor sich hin.
»Himmel, Kind! Diese Gegenstände hier sind älter als jedes Märchen«, murmelte Sero und reichte ihr ein Taschentuch. Blind und halb erstickend griff sie danach und wischte sich übers Gesicht. Plötzlich fühlte sie etwas Kaltes an ihren Lippen und sie stiess es weg.
»Was... was... das?«, stiess sie japsend hervor und kroch rückwärts.
»Nicht doch, Prinzessin. Das ist Wasser!«, antwortete der Narr beschwichtigend. Eine Hand legte sich auf ihre Schulter und erneut spürte sie das kalte Ding, dass wohl eine Flasche sein musste, an ihren Lippen. Sie griff danach und liess sich das Wasser in den Mund laufen. Sofort wurde es besser. Als nächstes schüttete sie sich die Flüssigkeit ins Gesicht.
Keuchend sass sie da und begann vorsichtig, zu blinzeln. Erst brannten ihre Augen, doch nach einer Weile ging es wieder.
Ihr Blick fiel auf Faritales, der sich, heftig nach Luft schnappend, auf dem Boden wälzte. Sein Körper war vollkommen mit grauem Staub bedeckt. Schnell krabbelte sie zu ihm und liess auch ihn von dem Wasser trinken. Gierig schluckte der Dämon, doch bevor er alles austrinken konnte, nahm sie ihm die Flasche wieder weg und lehrte ihm den Rest über den Kopf.
»Danke, Sabrina«, röchelte er. »Was musst du elendiger Unglücksrabe auch immer alles anfassen!«
»Woher sollte ich wissen, dass das blöde Ding gleich zu Staub zerfällt und uns vergast. Normalerweise vergammelt Holz und löst sich nicht einfach in Luft auf!«
»Nicht hier«, widersprach ihr der Herzkasper und schnappte sich seine Feldflasche zurück, die er wieder an seinen Gürtel festband. »All die Gegenstände, die du hier siehst, sind mit einem Zauber belegt worden, damit sie nicht zerfallen.«
Sabrina erinnerte sich an eine der Ratssitzungen bei den Rebellen. Amiėle hatte ihr damals erklärt, dass die Lebensmittelvorräte der Rebellen verzaubert seien, damit sie nicht verderben konnten. Also war ein solcher Zauber auch hier angewandt worden. Nur wieso?
»Hat ja super geklappt«, brummte der Nachtmahr, der sich genervt den Staub abklopfte.
»Der Zauber ist schon alt. Magie hält nicht ewig. Dein Eis, junge Herrscherin, leuchtet, weil es von weisser Magie erschaffen wurde. Es hört auf zu leuchten, wenn es schmilzt, denn dann hört die Magie auf, zu wirken. Der Zauber, der die Möbel hier davon abgehalten hat, zu verwesen, muss schrecklich alt sein. Seine Energie ist abgenutzt und somit wird auch der Zauber schwächer. Schwach genug, um bei der kleinsten Berührung zu Staub zu zerfallen«, erklärte Sero.
Faritales rümpfte die Nase und maulte: »Hättet ihr uns das nicht früher sagen können? Ich habe sogar in den Ohren Staub!«
»Aber wieso sollte jemand dieses Zeug überhaupt verzaubern? Die haben doch sowieso alles zugeschüttet«, rätselte Sabrina und richtete sich auf. Sie nahm dem Herzkasper die Fackel aus der Hand und lief an die Stelle zurück, wo der Schrank früher gestanden hatte. Jetzt lag da nur noch ein Häuflein Asche.
Sabrina kniete sich nieder und fuhr mit der Hand durch den Staub. Sie zog einige silberne Gabeln, Löffel, Messer, Teller und Trinkbecher aus dem Haufen, warf diese jedoch achtlos zur Seite. Als nächstes ertastete sie eine Harfe ohne Seiten. Auch das Instrument wurde enttäuscht zu Boden geworfen.
»Da ist nichts!«, murmelte sie frustriert und schlug mit der flachen Hand auf das Staubhäufchen.
»Was hast du dir denn vorgestellt? Geheime Schätze? Eine Mumie in ihrem Sarg?«, witzelte Fari und kicherte.
»Haha. Lach du nur«, brummte Sabrina genervt. »Ich suche doch nur nach einer Erklärung, wieso jemand diese Möbel verzaubert hat. Warum hätte sich jemand die Mühe machen sollen?«
»Aus Lethargie?«, schlug der Herzkasper vor, der neben sie getreten war, um das Staubhäufchen auch anstarren zu können.
Sero kam zu ihr herübergehoppelt und meinte: »Ja, wieso? Das ist wahrlich eine gute Frage, junge Eisprinzessin, aber wir haben wirklich nicht genug Zeit und das nun...«
Sabrina schaltete ab. Es interessierte sie nicht, was der schlaue, jedoch auch etwas nervige Animanor jetzt schonwieder von sich gab. Hier stimmte irgendetwas nicht. In diesem Raum verbarg sich ein Rätsel, das sie nur noch finden und dann knacken musste! Nachdenklich starrte sie an die Wand... und entdeckte etwas.
»Was ist denn das?«, fragte sie und zeigte an die steinerne Wand. Schnell rappelte sie sich auf, um sich ihre Entdeckung genauer ansehen zu können.
Da waren Farben. Rot, weiss, schwarz, blau. Sie bedeckten die Wand da, wo zuvor der Schrank die Sicht darauf versperrt hatte.
»Sieht aus wie Höhlenmalereien oder so...«, murmelte der Dämon.
Sabrina trat einen Schritt zurück und hielt die Fackel in die Höhe, um besser sehen zu können.
Sero trat näher an die Wandmalerei heran. Er zog ein Monokel aus seiner Brusttasche und hielt es sich vors Auge, als wäre es eine Lupe. Fasziniert meinte er: »Dieses Bild... Es muss unglaublich alt sein. Es grenzt an ein Wunder, dass es noch so gut erhalten ist...«
Ja, es war gut erhalten. Die Farben blätterten zwar an einigen Stellen von dem Stein ab, doch im Grossen und Ganzen konnte man noch gut erkennen, was es darstellen sollte.
Im Mittelpunkt des Bildes sah man einen grossen, schwarzen, irgendwie tot aussehenden Baum. Seine Äste trugen keine Blätter und wirkten alt und knorrig. Der Stamm war dick und grob gezeichnet. Die Wurzeln waren so verworren, dass man sich beinahe in dem Chaos aus Ranken verlor. Mitten in dem Wurzelwerk war ein weisser Kreis gezeichnet worden, der von einer Art Heiligenschein umgeben war. Unter dem Baum prangte ein ebenso weisser... Stierkopf oder so. Über dem Baum schwebten ein Gebilde, das aus einem Mond und einer Sonne zusammengesetzt war, zwei verwischte, graue Punkte, in die mit schwarzer Farbe Gesichter getupft waren. Gesichter, die an traurige Smileys erinnerten. Links und rechts von dem Baum hatte jemand seine Handabdrücke hinterlassen. Vier Handabdrücke um genau zu sein. Zwei links und zwei rechts. Alle in verschiedenen Farben. Rot, grün, weiss und schwarz. Rund um Hände, Baum und den Stierkopf hatte man kleine, schwarze Strichmännchen gezeichnet, die wirklich sehr an die Höhlenmalereien der Steinzeit erinnerten. Die Männchen hatten alle die gleiche Haltung eingenommen. Ein Bein schräg nach unten, das andere war mit gebeugtem Knie an den Körper gezogen. Beide Arme nach hinten gestreckt, den Kopf in den Nacken gelegt. Jede fünfte Figur hatte einen langen Stock, zwei kleinere Äste oder irgendwelche runde Gegenstände in den Händen. Fast sah es so aus, als würden die Steinzeitmännchen Musik machen und dazu tanzen...
»Es sieht tatsächlich ein wenig aus wie Höhlenmalerei«, stimmte Sabrina Faritales zu, nachdem sie alles eingehend studiert hatte.
»Nein, nein, das sieht nicht nur so aus, das ist Höhlenmalerei!«, rief Sero und sprang mit seinen Hammelbeinen auf und ab.
»Aber wie kann das sein? Hier leben doch keine Steinzeitmenschen«, gab Sabrina zu bedenken, doch das Kaninchen schüttelte den Kopf und antwortete: »Wir dürfen nicht vergessen, dass die Urherrscher eigentlich aus einer Zeit stammen, in der die Fantasie gerade erst entdeckt worden war.«
»Krass! Das heisst ja, die Urherrscher waren Steinzeitmenschen!«, grölte Faritales und hielt sich den Bauch vor Lachen.
»Sie müssen aber Homo Sapiens gewesen sein, oder sehe ich aus wie ein Neandertaler?«, fragte Sabrina und grinste, woraufhin der Dämon sie mit zusammengekniffenen Augen musterte und meinte: »Du hast schon was von Ötzi...«
»Hey! Na und? Du siehst dafür aus wie eine Katze mit 'nem Chromosom zu viel!«
Natürlich wusste das Kaninchen auch hierzu eine Erklärung: »Es könnte natürlich sein, dass die Urherrscher einer anderen Menschenrasse angehört haben und diese sich trotzdem, parallel zu der sterblichen Welt, weiterentwickelt haben. Die Evolution geht ja bekanntlich die erstaunlichsten Wege. Andererseits ist es schwer zu sagen, ob die menschliche Rasse vor dem Homo Sapiens die Fantasie kannte. Sicherlich konnten einige Rassen bereits Dinge wie Werkzeuge erfinden, doch ob das schon als Fantasie bezeichnet werden kann... Ausserdem ist der Stein, auf dem dieses Bild hier gemalt wurde, nicht der gleiche, mit dem diese Wände hier verstärkt wurden.«
Faritales hopste von Sabrinas Schulter, flatterte zu besagter Wand und untersuchte das Gestein.
»Der ausgewaschene Hammelbraten hat Recht«, rief er gleich darauf. »Dann muss der Stein hier in die Wand hineinzementiert worden sein.«
»Oder der Palast wurde darauf gebaut«, schlug der Herzkasper vor.
Sabrina sah das Kaninchen bewundernd an und fragte: »Woher weisst du nur so viel über all dies?«
»Ich sagte doch, ich habe viel Zeit in den Bibliotheken Lexikas verbracht. Wie dem auch sei, wir sollten langsam wirklich los. Schliesslich sind wir alle unsterblich und haben alle Zeit der Welt, um das Rätsel, das sich hinter dieser mysteriösen Malerei verbirgt, zu lösen«, meinte Sero, der jedoch nicht verhindern konnte, dass sein Fell sich ein wenig vor Stolz aufplusterte.
Sabrina nickte. Wenigstens wusste sie jetzt, wieso jemand einen Zauber auf die sperrmüllreifen Gegenstände hier unten gelegt hatte. Um diese Wandmalerei zu verstecken. Nun deckte dies jedoch auch wieder neue Fragen auf. Was war so besonders an dieser Wandmalerei? Gab es noch mehr davon? Was hatte sie zu bedeuten?
»Prinzessin? Worauf wartest du?«, rief der Narr und holte sie damit wieder in die Wirklichkeit zurück.
Sabrina drehte sich zu ihren Begleitern um. Das Kaninchen sah besorgt auf seine Taschenuhr und nickte.
»Wir kommen zu spät!«, tadelte er sie und schüttelte den Kopf. Seine Schlappohren wippten mit.
»Ist ja gut, gehen wir weiter. Ab ins Verlies!«, meinte Sabrina lächelnd und lief auf den Herzkasper zu, der bereits lässig in einem der Tunneleingänge lehnte und auf sie wartete.
»Verlies. Ein Verlies! Wieso muss es unbedingt ein Verlies sein? Wieso können wir nicht einfach zu so 'nem Eisstand auf den Bahamas? Sabitz!«, murrte Faritales. Er flatterte wieder auf ihre Schulter und rutschte dort so lange herum, bis er eine bequeme Stellung eingenommen hatte. Dann sang er leise vor sich hin: »I'm on the highway to hell. On the highway to hell...«

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