{Lonely Child}

154 22 12
                                    

Der kleine Junge ließ seine Füße an der Parkbank herunter baumeln.
Es war mitten in der Nacht, entweder niemand kam vorbei, oder keiner beachtete seine leise Stimme.
Sechs Jahre alt war er vor Kurzem geworden und bald würde er eingeschult werden.
Die Laterne, die neben der Bank stand, erleuchtete nur den Umkreis von ein paar Metern. Sonst war es dunkel.
Und bis auf ein paar ferne Autos, die so spät noch fuhren, und den Geräuschen der Nacht hörte das Kind nichts.

Ein kalter Wind fuhr durch seine Haare und schnell zog es die dünne, dunkelgraue Jacke fester an sich.
Er war so leer.
Seine sonstige, so ansteckende Lebensfreude war durch ein Gefühl der Leere ersetzt worden.
Er war so allein.
Seine Mutter hatte er seit Stunden, Tagen, ja, vielleicht sogar seit Wochen nicht mehr gesehen.

Der Junge konnte sich auch nicht mehr richtig an ihr Gesicht erinnern.
Seine gesamten Erinnerungen schienen verschwommen. So, als ob er alles geträumt hätte.

Oder träumte er dies hier einfach?
War er vielleicht gar nicht seit einer Ewigkeit allein?
Ignorierten ihn die Leute gar nicht, so, als würden sie ihn nicht hören, geschweige denn sehen können?
Träumte er bloß?

Er wusste es nicht. Alles, was er wusste, war, dass er hier, ganz allein und mitten in der Nacht, auf einer Bank saß.
In einem Park, im dem er, laut seinen Erinnerungen, sehr gerne gespielt hatte.

Schritte ließen ihn aus seinen Gedanken schrecken.
Vielleicht bemerkte ihn dieses Mal jemand!
Hoffnungsvoll sprang der Sechsjährige von der Bank, auf der er schon den halben Tag lang saß.
Die Schritte näherten sich und aus großen Augen sah das Kind den Mann an.
Er war groß, viel größer als der Junge.
Und viel älter.
Aber er schien durch ihn hindurch zu sehen.
Der Junge wollte nach der Hand des Mannes greifen, aber es schien, als würde er hindurch greifen.
So, als wäre er nicht existent.

Der Mann war fort und dem kleinen Kind stiegen die Tränen in die Augen.
Sie rollten nach einander die, von der Kälte geröteten, Wangen hinunter und tropften auf den sandigen Boden.
Immer mehr salzige Wassertropfen liefen über die Wangen des Jungen.
Seine Sicht verschwamm.
Das Gesicht in den Händen versteckt, die Tränen strömten, so stand er da, mitten in der Nacht.

Das hier war kein Traum.

Ein leises, ersticktes Schluchzen verließ seinen Mund.

Da spürte er auf einmal eine Hand auf einer Schulter.

Er sah auf.
Sein Gegenüber lächelte traurig.
''Alles wird gut, Kleiner'', sagte der Fremde tröstend.
Er war ungefähr siebzehn Jahre alt, hatte strahlend grüne Augen und dunkles Haar.
''Alles wird gut, Kleiner, ich werde bei dir bleiben.''

Und dann fiel dem kleinen Jungen alles wieder ein. Seine Erinnerungen klärten sich.

Er erinnerte sich an den Unfall.

An die Verzweiflung in den Stimmen seiner Familie.

Und an das monotone Piepen, bevor alles verstummte, bevor er hier aufgewacht war.

Eine weitere Träne rollte über seine Wange, sie tropfte auf den Boden.

Danach folgten keine mehr.

✒~

Yess, mir ist die Idee dazu spontan gekommen. Ich dachte, ich setze sie mal um :D

Feedback wär ganz nice🎶

Little Ghost Child || OneshotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt