Stegi
Es war mal wieder so weit: draußen lag Schnee, die Luft war kühl und bereits der Nachmittag wurde zur Nacht. In den Geschäften war alles voll, da jedem noch mindestens ein Geschenk fehlte und überall gab es Adventskalender und -kränze. Der Duft von Plätzchen und Tannen hing in der Luft und in jedem Ort gab es ein oder zwei Weihnachtsmärkte.
Es war Dezember, und Weihnachten stand kurz vor der Tür. Die Zeit der Liebe, das tollste Familienfest. Jeder liebte die Stimmung, die Musik, das Fest.Alle, bis auf ich.
Ich saß, wie jeden Tag, alleine in meiner kleinen, unordentlichen Wohnung. Es gab nichts hier drin, was auf Weihnachten hinweisen könnte, nicht mal der kleine Tischkalender, den man jeden Tag umblättern musste. Das vorderste Blatt zeigte stur den 27. August.
Wieso sollte ich Weihnachten auch feiern? Ich konnte weder kochen, noch backen. Und Zeit fürs Familienessen, welches jedes Jahr stattfand, wollte ich nicht verschwenden. Es lief jedes Jahr aufs gleiche hinaus, und jedes mal war das Geschrei groß. Entweder jemandem gefielen seine Geschenke nicht, es gab zu wenig Essen oder das Essen brannte an und keinem schmeckte es. Außerdem hasste ich den Geruch von Plätzchen, da er sich zu häufig mit Zimt mischte, und nie fand jemand das richtige Geschenk für mich. Was wollte ich schon mit Socken, wenn ich schon zum Geburtstag gefühlt tausende von ihnen bekam?
Meine Mutter hatte zwar versucht, mich zu überreden, vorbei zu kommen, doch hatte ich einfach keinen Bock auf den ganzen Stress. Ebenfalls sah ich es nicht ein, ihr den Gefallen zu tun. Sie hatte sich zuletzt am 1. Januar gemeldet, um mir kurz ein frohes Neues zu wünschen. Den Rest des Jahres kam nichts. Kein Anruf, kein Brief, nicht mal eine verdammte Nachricht übers Handy.
Mein Leben war schon ziemlich einsam, und dadurch auch doppelt so langweilig. Täglich saß ich hier, am Fenster, starrte raus auf die Menschen oder hoch zum Sternenhimmel. Doch leider sah man gerade weder Sterne, noch Himmel. Dieser wurde viel zu sehr von der ganzen weihnachtlichen Beleuchtung verdeckt.
Müde stand ich auf. Mein einsames, langweiliges Leben hatte ich mir selbst zu zu schreiben. Ich bemühte mich nicht darum, Freunde zu finden. Auf der Arbeit verbrachte ich meine Zeit ebenfalls alleine und versuchte auch nicht, irgendwie Kontakt zu meinen Kollegen aufzubauen. Die einzigen Worte, die wir wechselten, waren zur Begrüßung ein müdes "Hallo" und zum Abschied ein gelangweiltes "Bis morgen".
Mir waren die meisten Leute einfach suspekt. Ich hatte in der Vergangenheit genug Enttäuschungen miterleben dürfen, um zu wissen, dass Freundschaft nicht alles war. Immerhin waren es immer nur Freunde gewesen, die mich enttäuscht hatten, und nicht die Leute, die ich verabscheute. Die Menschen heutzutage waren einfach nicht treu, und ihr einziges können war es, andere zu ersetzen. Zu oft hatte ich dies schon miterleben dürfen.
Trotzig ging ich zum Kühlschrank. Er war so gut wie leer, außer einer bereits abgelaufenen Milch, einer Packung Butter und einer verschrumpelten, alten Zitrone. Auch der Brotkasten daneben war nur noch voller Krümel. Wann hatte ich zuletzt etwas gegessen? Gestern Abend, aber auch nur eine Pizza, die ich mir im Ofen warm gemacht hatte. Ich riss das Gefrierfach auf und musste feststellen, dass dies wohl auch die Letzte gewesen war, die sich in meiner Wohnung befunden hatte.
Da mein Bauch langsam Geräusche von sich gab, und mir somit das Zeichen gab, dass ich wohl oder übel Hunger hatte, beschloss ich, kurz zum Supermarkt um die Ecke zu gehen. Es würde wohl wieder auf Pizza hinaus laufen. Ein kurzer Blick auf die Uhr meines immer noch vollgeladenem Handys verriet mir, dass es erst kurz nach 18 Uhr waren. Also zog ich kurzentschlossen meine etwas kaputten Schuhe an und hing mir meinen grünen Parker um, bevor ich auch schon die Wohnung verließ.
Jedoch hatte ich das Wetter etwas unterschätzt. Es war kälter, als ich erwartet hatte, und somit wurden aus den fünf Minuten, die ich bis zum Supermarkt brauchte, zu fünf Minuten, in denen ich zitternd durch die vollen Straßen lief. Trotz der vielen Menschen wurde keine Wärme gespendet, was mich ein wenig wunderte.
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Imagination ~ Stexpert (Türchen 20 #24OSTillChristmas)
Short Story#24OSTillChristmas