Er starrte von oben auf die Erde und beobachtete die Menschen bei ihrem Treiben. Er wusste nicht viel über die Menschen, aber er fand sie faszinierend. Es war ein kalter Wintertag, um genau zu sein der Abend des 24. Dezembers und er sah wie so oft auch von oben auf die Menschen. Ein kleiner Besuch konnte nicht schaden, dachte er sich und ließ sich mit einem Schritt ins Leere nach unten fallen. Doch ehe er seine riesigen weißen Schwingen ausbreiten konnte, erfasste ihn ein eisiger Windstoß und er wurde herum gewirbelt, unfähig seine Flügel benutzen zu können. Panisch zappelte er in der Luft herum, versucht verzweifelt sich abzufangen, doch der Wind wurde stärker, ehe er etwas tun konnte, riss der wind ihm seine Flügel ab und er stürzte mit einer Windflaute in die Tiefe. Es war ein harter Aufprall, Schnee stob um ihn auf und er blieb benommen im Dickicht liegen. Er brauchte ein paar Momente, um zu realisieren, was geschehen war. Er hatte seine Flügel verloren. Zitternd setzte er sich auf, stemmte sich auf. Spitze Steine und Eis zerschnitt seine Haut an den Sohlen, doch er stolperte immer weiter durch den Schnee. Er war in einem dichten Nadelwald, Bäume und Schnee versperrten den Blick auf den Himmel. Sehnsüchtig blickte er nach oben und versuchte verzweifelt sich vom Boden abzustoßen, seine Flügel auszubreiten und in den Himmel zu fliegen. So ging er weiter durch den dichten Wald, bis er schließlich ein kleines Licht sah. Hoffnungsvoll und frierend beschleunigte er seinen Schritt etwas, streckte seine Hand aus, die andere blieb um den Körper geschlungen, und stapfte weiter auf das Licht zu. Der Wald lichtete sich ein wenig und gab den Blick frei auf ein kleines Haus. Erleichtert rannte er darauf zu, so gut ihn seine Beine trugen. Doch als er durch das Fenster der kleinen Hütte sah, beschloss er, nicht einzutreten. Die Menschen schienen so glücklich, sie saßan alle um einen reich gedeckten Tisch herum und lachten miteinander. Er wollte sie nicht stören, so kalt es hier draußen auch war. Seufzend ließ er sich in den Schnee sinken und starrte nach oben in den Himmel. Eine Weile lag er dort, bis sich auf einmal die Tür öffnete und ein heller Lichtkegel auf ihn schien. Ängstlich sprang er auf und stolperte zurück. Der junge Mann im Eingang ging zögerlich auf ihn zu und reichte ihm die Hand. Er musste wohl Mitleid haben mit ihm haben, doch er ergriff zögerlich die Hand, die ihm entgegen gehalten wurde. Der junge Mann führte ihn nach drinnen, wo er von ein paar Augen erwartungsvoll angeschaut wurde. „Wo kommst du her, was machst du da draußen allein in der Kälte?", wurde gefragt, doch er verstand ihre Sprache nicht. Verwirrt sah er sich um und wusste nicht so recht, was sie wollten. Sie führten ihn in einen anderen Raum, er bekam eine Decke, Essen und Trinken und er begann sich wohl zu fühlen. Die Menschen nahmen ihn auf und schon nach einiger Zeit war ein Teil der kleinen Familie. Er lernte ihre Sprache, Wort für Wort und ihm begann das Leben zu gefallen. Niemand fragte wo er herkam, auch wenn sie verwirrt waren, als sie die Wunden zwischen seinen Schulterblättern entdeckten. Bald wusste er fast so viel wie der junge Mann, der ihn am Weihnachtsabend gefunden hatte. Er hieß Michael und er hatte ihn von Anfang an gemocht. Sogar einen Namen bekam er, auch wenn er nicht so ganz begriff, warum er von nun an Maurice hieß. Die Jahre gingen ins Land, ihm wurde von Michael alles beigebracht was dieser wusste, bis Maurice schließlich kaum mehr von einem Menschen in etwa seinem Alter zu unterscheiden war. Alles war gut, bis zu dem Moment, als er das erste Mal entdeckte, was Liebe ist. Es war wieder ein Weihnachtstag. Er hatte gelernt, dass Männer sich in Frauen verliebten und anders herum und noch vieles mehr. Er hatte Michaels Mutter ausführlich danach gefragt, wie es sich anfühlte, verliebt zu sein, doch er begriff nicht, warum er genau diese dinge in Michaels Anwesenheit fühlte. Als er dessen Mutter danach gefragt hatte, hatte sie gelächelt und ihm erzählt, dass das ebenfalls möglich war und keinesfalls komisch. Und so kam es nun, dass er vor Michaels Zimmertür stand, mit der Absicht, ihm das alles zu erzählen. Er klopfte gegen die Holztür und nach einem ‚Herein!' trat er ein. Michael saß an seinem Schreibtisch und drehte sich zu ihm um. „Michael?", begann er. „Hm?" „Naja, ich hab deine Mutter ein bisschen ausgefragt, und nachdem ich rausgefunden hab, dass ich in dich verliebt bin, hat sie gesagt ich soll es dir erzählen", erklärte Maurice und Michael saß ein paar Momente einfach nur da. „Das... okay", sagte er dann verwirrt. Schließlich begann er lauthals zu lachen und Maurice war verwirrt. „Ist das lustig, muss ich lachen?", murmelte er, was Michael noch mehr zum Lachen brachte. „Nein, aber ich liebe dich auch, du kleiner Engel."
Geschrieben von @Neevend
Ganz ehrlich, ich find den Os schrecklich. Aber frohe Weihnachten!