11

886 74 261
                                    

Kris griff nach Luhans Jacke, als Junmyeon für einen Moment abgelenkt von Baekhyun war. Luhan kam der stillen Aufforderung nach und ließ sich mit ihm zurückfallen.

Sie hatten das Gasthaus vor etwa zehn Minuten hinter sich gelassen, um den kleinen Schrein zu besichtigen, von dem Junmyeon ihnen bereits ein wenig erzählt hatte. Eine Legende umspannte ihn, die Junmyeon ihnen aber erst erzählten wollte, wenn sie dort waren.

Kieselsteine und Äste knirschten unter Luhans Schuhen, als er und Kris den Rücken der anderen hinterher blickten. „Und?", fragte er, als sie außer Hörweite gekommen waren. „Habt ihr euch wieder vertragen?" Kris trug weiße Sneaker und eine viel zu dünne Jacke, die der eisigen Bergluft nichts entgegensetzen konnte. Er lief auch nicht wie ein Wanderer, sondern hatte seine Hände tief in den Hosentaschen vergraben und achtete nicht auf den Weg vor sich. Luhan fragte sich, ob er ihn warnen sollte oder lieber dabei zusah, wie Kris stolperte.

„Ich weiß nicht, ob wir uns vertragen haben", antwortete Luhan. „Es war ja nicht einmal ein richtiger Streit, sondern nur..."

„Sehun, der dir nicht länger im Weg stehen wollte", vollendete Kris, nachdem Luhan zu lange gezögert hatte. „Der Junge hat wirklich ein gutes Herz. Vor allem, wenn es um dich geht."

„Ich weiß." Luhan sah zu Sehun herüber, der zwischen Jongin und Minseok lief und über irgendetwas lachte, das Minseok gerade gesagt hatte. „Er ist etwas Besonderes."

„Etwas Besonderes?" Luhan konnte das Grinsen aus seiner Stimme heraushören. „Du hast dich wirklich in ihn verguckt, was?"

„Besonders nervtötend wollte ich damit sagen."

„Das wolltest du nicht", lachte Kris. „Also, wo genau liegt das Problem? Nur ein eindeutiges Wort von dir Luhan und Sehunnie schwebt auf Wolke sieben."

„Das ist nicht so einfach."

„Wieso?"

Luhan zögerte. Er musste einen tiefen Atemzug nehmen, bevor er weitersprechen konnte. „Weil man auf Wolken nicht schweben kann ohne herunterzufallen – vor allem nicht auf Gewitterwolken."

Kris schwieg daraufhin eine ganze Weile lang. Zwischen ihnen wurden nur ihre schleifenden Schritte laut, vor ihnen konnte Luhan das Lachen der anderen hören. „Luhan, ich kenne dich noch nicht allzu lange und die Art, wie wir uns kennengelernt haben, spricht auch für sich, aber ich bilde mir ein, dich ein bisschen zu verstehen und ich glaube nicht, dass du einer Gewitterwolke gleichst. Und selbst wenn...du hast schon seit einer ganzen Weile auf Sehun heruntergeregnet, weißt du?", er lachte über die eigenartige Metapher. „Auch Gewitterwolken bleiben nicht ewig dunkel, sie regnen auf die Welt hinunter und ziehen dann weiter." Kris blieb stehen und wandte sich ihm zu. „Um deinen Ballast zu verlieren, hast du es schon genug regnen lassen, denkst du nicht?"

Luhan starrte Kris für ein paar lange Momente fassungslos an. „Das klang..."

„Poetisch, höchst kreativ, wie ein lyrisches Wunderwerk?"

„Sehr eigenartig", unterbrach Luhan. „Ballast? Regen? Wer regnet denn hier bitte schön?" Er ging weiter, konnte aber nicht verbergen wie tief Kris' Worte ihn getroffen hatten. Vielleicht hatte er doch ganz genau verstanden, was er ihm damit sagen wollte und vielleicht hatte er absolut Recht damit.

Kris warf einen Arm um Luhans Schultern. „Ich sollte einen Preis dafür bekommen, so ein guter Freund zu sein! Ich gebe die besten Ratschläge – sowohl dir, als auch Sehunnie."

Luhan schnaubte, aber trat etwas näher an Kris heran und als er, wie Luhan vorhergesehen hatte, tatsächlich über eine aus dem Boden ragende Baumwurzel stolperte, schlang Luhan einen Arm um seine Taille um ihn zu stützen.

BittersüßWo Geschichten leben. Entdecke jetzt