Mit gesenktem Blick saß ich auf meinem Bett, hatte meine Knie zu mir gezogen und lehnte meinen Kopf an sie. Ich hatte letzte Nacht wieder unaufhörlich geweint. Glücklicherweise schrie ich nicht mehr so wie früher als ich noch große Angst hatte. Meine Nerven hatten auch schon scheinbar den Geist aufgegeben, denn ich spürte teils keine Schmerzen mehr.
Meine Haare kitzelten mich leicht an der Nase. Interessehalbar nahm ich eine Strähne und betrachtete sie. Die Farbe war ein Mittelding aus silbergrau und schwarz... also dunkles silber... oder so. Gab es für so eine Farbe überhaupt eine Bezeichnung? Einfach dunkelgraue Haare die silbern glitzerten. Ich erinnerte mich an einen Tag an dem ich meine Augen zum ersten Mal sah. Sie waren lila im Licht und dunkelblau im Schatten. Ob es nur am Licht lag wusste ich nicht, aber meine Augen und meine Haare waren mein einziger Stolz. Seufzend lies ich meine Haare los und rückte mein Halsband mit der Stahlkette zurecht. Mir war kalt, aber war auch nicht verwunderlich, wenn man nur ein Kleidchen trägt. Frierend und zitternd, drückte ich meine Beine noch mehr an mich und versuchte ein wenig zu schlafen.
Mein Zeitgefühl verlor ich mit fünf Jahren. In dem Alter verkauften mich meine Eltern an Wissenschaftler, da sie Geld für meine Geschwister benötigten. Ich erinnerte mich kaum an die Zeit, da zwei Jahre später, ein anderes Testobjekt ausbrach und das Gebäude in die Luft jagte. Ich gehörte zu den wenigen Überlebenden. Ich war glaube ich, sogar die Einzige, die überlebt hatte. Einige Männer brachten mich dann zu meinem Pflegevater. Er gehörte zur Armee, so viel wusste ich. Aber wenn ich an die Zeit bei ihm dachte... brach ich immer in Tränen aus. So wie auch letzte Nacht.
Gestern war Vater sauer gewesen. Er erfuhr von der Regierung, dass sie mich in die Schule schicken wollten. Doch das missfiel ihm sehr. Seine Wut lies er an mir aus. So wie immer. Er zerrte mich an meinem Halsband in das zweite Untergeschoss und befestigte die Kette meines Halsbandes an der Decke. Ich konnte mich kaum bewegen. Vater hat auch diesen psychisch gestörten Blick wieder gehabt. Wie bei den davorigen Malen begann er mit Peitschenhieben und... und... u-und ritzte mir dann mit einem Messer in alle Gliedmaße an die er rankam. Mein Kleid hatte er auch zerschnitten. Ich schrie zu meinen Gunsten nicht mehr so laut wie früher. Inzwischen war ich die Schmerzen gewohnt. Zwar war es alles andere als angenehm beim schlafen, aber was muss das muss. Vater sagte, dass er mich nur trainierte und es in der Schule nur so ging. Deswegen hatte ich auch vor der Schule Angst. Nirgends würde ich die Bedeutung von Freiheit erfahren.
Wieder begannen meine Augen zu tränen und ein Klos steckte in meinem Hals. Ich schluchzte eine gefühlte Ewigkeit weiter. Nach einigen Tagen wagte ich es, zum kleinen Gitterfenster an der Decke zu blicken. Es war dunkel. Ich wagte mich hin und zerrte leicht an der Kette. Neugierig blickte ich hoch und erkannte ein paar Sterne. Wie schön! Ich hatte sie schon so lange nicht mehr gesehen. Mein Blick hing am Fenster, doch nach einer Weile schoben sich Wolken vor ihnen und ich konnte keine Sterne mehr sehen. Dann drehte ich mich halb um die eigene Achse und wanderte zum Schreibtisch hinüber. Vater hatte mir einige Aufgaben gegeben. Mathematik der dritten Klasse. Ich sollte mich so gut vorbereiten wie es ging. Ein leises Klicken brach die Stille in meinem Zimmer als ich die Schreibtischlampe anmachte. Plötzlich und mit einem quietschen öffnete mein Vater die Eisentür und blickte in mein Zimmer.
Er hatte wieder dieses Funkeln in den Augen. Ich rannte zum Bett zurück und setzte mich darauf. Erschrocken zog ich meine Beine wieder ran und umklammerte sie mit meinen Armen. „Kurai..." sagte er drohend. 'Was wollte er jetzt wieder? Ich hatte doch gar nichts getan!' dachte ich und begann zu zittern. 'Warum habe ich Angst vor ihm? Es geht doch schon so seit neun Jahren! Wieso? Wieso zum Teufel?!' fragte ich mich ernsthaft. Mein Bibbern blieb Vater nicht verborgen. Er näherte sich mir und packte mich an meinen schulterlangen Haaren. Ich stöhnte auf vor Schmerz und ich junkte auch immer wieder leise. Mein Halsband war schwer und reibte an meinem Nacken. „Kurai... du kommst in zwei Tagen in die Klasse 3-E... ich wünsche dir viel Erfolg... vielleicht kann ein Monster ein Monster töten..." sagte Vater und lies mich los. Mit einem Knarren landete ich auf meinem Bett. Vater ging einfach.
Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war... also hatte er mich gar nicht gestern gefoltert...? Ich hatte eindeutig mein Zeitgefühl verloren. Meine Wunden waren auch fast verheilt. Plötzlich öffnete Vater erneut die Eisentür. Er hatte eine Schuluniform bei sich. „Wo du lebst ist ein Geheimnis, ja? Also erzähle niemanden von Zuhause oder von mir. Es ist nicht nötig, dass alle wissen was du bist... ein widerwärtiges Monster..." flüsterte er mir zu. Ich nickte nur. Das war zwar keine nette Bezeichnung, aber er hatte Recht.
Vater legte sie auf den Schreibtisch und ging wieder. Sicherhaltshalber blickte ich zur Tür und lauschte ob er noch da war. Erfreut lief ich zum Schreibtisch hinüber und sah mir die Uniform an. Wirklich hübsch war sie. Mal sehen, ob sie nicht zu groß für meinen abgemagerten Körper war... Hm sieht gut aus! Irgendwie überkam mich plötzlich eine Welle von Müdigkeit und ich taumelte zum Bett zurück. Erschöpft lies ich meinen Kopf ins kleine Kissen sinken. Ich hielt den Handrücken an meine Stirn. Mehr unterkühlt als alles andere. Seufzend schlief ich ein und vergaß all meine Sorgen.
Endlich waren die zwei Tage vergangen und ich stand früh am Morgen auf. Vater öffnete nach all den Jahren zum ersten Mal mein Halsband und gestattete mir durch das gesamte Haus zu laufen. Begeistert folgte ich Vater aus dem Keller, die Treppe hoch in die Küche. Dort standen mehrere Tassen mit Kaffee Resten. Neugierig sah ich mich um und unterdrückte ein Grinsen. Das Wohnzimmer war klein, das Badezimmer auch und vom kleinen Esszimmer war erst Recht keine Rede. „Geh duschen und Zähne putzen. Niemand soll denken, dass du von der Straße kommst, oder? Also nimm dieses Billigshampoo und geh!" schnauzte Vater und drückte mir Shampoo und Duschgel in die Hand. Ich rannte ins Bad mit der Schuluniform und neuen Sachen in der Hand.
„Mal sehen... wie war das noch gleich mit der Dusche?" fragte ich mich in Gedanken. „Ah da!" Ich entdeckte das Symbol für warmes Wasser und drehte auf. Wie schön! Ich hatte vergessen, dass Wasser sich so schön anfühlte! Gedanken versunken duschte ich einmal gut nach ein paar Jahren. Als ich rauskam und mich abtrocknete, fühlte ich mich frisch und sauber. Das Gefühl war wundervoll! Ich konnte nicht aufhören zu schwärmen. Ich zog mich an und betrachtete meine Haare im Spiegel. Sie waren jetzt mehr silber als dunkelgrau. Lag es am Licht im Keller? Wie es schien, jedenfalls schon.
Meine Gedanken unterbrachen mich selbst: „Aber... wie wird diese Klasse sein? Sind sie so wie Vater sagte? Einfach nur nett um alle Geheimnisse herauszufinden und einen dann zu töten? Es war die Killerklasse, auch wenn es nur die oberste Regierung wusste und die Klasse selbst... Ob ich diesen Sensei umbringen kann? Oder will ich das überhaupt? Was wohl der Grund der Schüler ist? Ob dieser Sensei genauso kontrollsüchtig wie Vater ist? Oh nein... ich habe Angst!"
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Ich will... leben! Assassination Classroom
Fanfiction„Ich bin ein unbedeutender Geist... ein Geist in Ketten gelegt, gezwungen das zu tun was mir befohlen wird... Ob ich? Ob ich in dieser Klasse endlich meine Freiheit finden werde?" Assassination Classroom Fanfiction