Jetzt sitze ich schon seit einer Stunde in einer Seitenstraße, bevor man aus McRea herausfährt und wäge die Vor- und Nachteile eines Besuches bei Lucas zu Hause ab. Zwar bin ich voller Mut aufgebrochen, aber mit jedem Meter den ich gefahren bin, hat mich dieser immer mehr verlassen.
Was würde ich auch sagen oder fragen wollen, diese Idee hier, war wirklich dumm. Ich startete Wally und fuhr langsam zur Hauptstraße zurück. Ich war noch nicht ganz angekommen, als ein schwarzes Auto die Kreuzung überquerte. Das wäre an sich ja nichts ungewöhnliches, aber es war das gleiche Auto, dass damals vor der Bar gestaden hat als mein Dad überfallen wurde und gerade fuhr es auch wieder in diese Richtung. Eigentlich fuhr es einfach richtung Stadt, aber wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass es doch zur Bar fuhr. Außerdem war es ziemlich auffällig, dass dieses Auto kein Markenzeichen hatte oder sonstige Kennzeichen, an dem ich es einer Baureihe zuordnen hätte können. Die Scheiben waren alle schwarz getönt und der Fahrer war nicht zu erkennen.
Mein Herz begann schneller zu schlagen, mein Puls raste und ich merkte, wie ein leichter Schweißfilm meine Haut überzog. Mit zittrigen Händen versuchte ich meinen Dad zu erreichen um ihn, ja um ihn was? Vorzuwarnen? Er ging nicht dran.
Ohne genau darüber Nachzudenken, fuhr ich ebenfalls zur Bar um meine Theorie zu überprüfen. Natürlich fuhr ich dabei einen anderen Weg um mit meiner quitschgelben Wally keine Aufmerksamkeit zu erregen. Das waren irgendwelche Schlägertpen, denen würde doch sofort auffallen, wenn ihnen ein Auto folgte.
Mit einigen Minuten verzögerung erreichte ich die Bar. Sie war bereits seit einigen Stunden geöffnet und auch ganz gut besucht, wie ich durch die Fenster sehen konnte. Ich parkte Wally ein Stück die Straße herunter. Das schwarze Auto war nicht zu sehen, es stand nicht wie beim letzten mal einfach vor der Bar.
Erleichtert atmete ich aus, mein inneres Gefühl trieb mich aber zum Hinterausgang und zu dem kleinen Parkplatz dort. Vielleicht hatten diese Typen ja vom letzten Mal gelernt und waren diesmal etwas vorsichtiger.
Selbst wenn ich mit meiner Vermutung recht lag, was würde ich gleich machen? Mich wie eine Irre in den aussichtslosen Kampf stürzen, oder hilflos mit ansehen, wie die meinem Dad etwas antun?
Ich schlich mich an der kleinen Mauer entlang, die den Parkplatz von der Straße trennte und noch bevor ich etwas sehen konnte, hörte ich die Stimme, die mich seit dem Überfall fast jede Nacht begleitete.
"Was wollt ihr hier? Ihr wart doch erst letzte Woche da." höre ich meinen Dad fragen. "Stell dich doch nicht jedes Mal so dumm. Hast du unser Geld? Oder sollen wir deine kleine süße Tochter besuchen? Ist sie gerade nicht alleine daheim? Hätte nichts dagegen." sagte die Stimme, die ich für den widerlichen Typ hielt, der mich versucht hatte anzufassen. Gänsehaut und Ekel überkam mich. Angst erfasste meinen Körper und drückte mir die Lungen zu. Ich bekam kaum noch Luft. Es stimmte also, diese Leute waren wieder gekommen und mein Dad hatte mich angelogen. Er schuldete ihnen nicht einfach Geld wege der Bar. Hier lief etwas anderes.
"Lasst meine Tochter in Ruhe. Ich bezahle ja und den Bonus für Ihre Unversehrtheit habe ich auch! Aber von irgendetwas müssen wir auch leben. Lasst uns wenigstens ein bisschen!" flehte mein Dad. Doch statt einer Antwort kam nur ein schreckliches Lachen. Ein Lachen von diesem fiesen Typ und einer weiteren Person. Das war bestimmt sein Schläger, der meinen Dad das letzte Mal verprügelt hatte.
Atme, atme ganz ruhig. Wenn du hier jetzt mal wieder umkippst, hilft das niemandem. Verzweifelt versuchte ich mich selbst zu beruhigen. Das Blut rauscht in meinen Ohren und ich kann dem Gespräch nicht weiter folgen. Tränen rennen über meine Wangen. Mein Dad wird erpresst, deswegen bleibt kein Geld übrig und wegen meiner Dummheit das letzte Mal, musste er jetzt sogar noch mehr bezahlen. Warum hatte ich nicht auf diesen Toni gehört.
Noch während sich meine Gedanken überschlugen, wurde ich nach hinten gezerrt. Zwei Arme schlangen sich um mich und hielten mich fest. Zerrten mich nach hinten und drückten mich gegen die Mauer der Bar. Mein panischer Aufschrei wurde von einer Hand unterdrückt.
"Was machst du hier? Bist du wirklich so dumm? Schon wieder?" die Stimme kannte ich auch. Es war Toni, der Kerl, der versucht hatte mich aufzuhalten. Als ich das erste Mal mitbekam wie mein Dad erpresst wurde. Der, der mich gerettet hatte, der Boss.
Ich wusste nicht, ob ich erleichtert sein sollte oder gerade deswegen in Panik verfallen sollte.
Mein Köper zitterte, die Tränen rannten weiter und ich hatte Angst.
"Beruhig dich, ich werde dir nichts tun. Ich lasse dich und deinen Mund jetzt los und du wirst nicht schreien, ok?"
Ich nickte. Klammerte mich an die Hoffnung, dass dieser Toni ein Guter war, auch wenn der zu den Bösen gehörte.
Der Klammergriff löste sich und er nahm auch die Hand von meinem Mund. Langsam drehte er mich um, ich stand ihm jetzt gegenüber. Die Mauer nun in meinem Rücken und Toni vor mir. Er trug einen Anzug und seine Haare waren ordentlich nach hinten gelegt. Er wirkte diesmal viel älter und sicherer. Während mein Köper bebte und die Angst, die Tränen weiter laufen ließ, stand er ganz ruhig vor mir. Er betrachtete mich und lächelte dann sogar leicht.
Warum auch immer, aber seine Anwesenheit beruhigte mich ein wenig. Die Angst verschwand langsam und meine Tränen versiegten. Je länger ich ihm hier gegenüber stand und betrachtete, umso ruhiger wurde ich.
"Geht's wieder?" Toni sprach leise, fixierte mich aber mit seinen Augen.
Mein Versuch zu antworten endete in einem kläglichen Krächzen. Meine Stimme hatte ich noch nicht im Griff und so nickte ich nur wieder.
Sein Lächeln wurde wärmer und er strich mir eine Strähne hinter mein Ohr. Bei seiner Berührung zuckte ich wieder leicht zusammen. Ich stand hier mit einem Fremden, in einer dunklen Ecke, während mein Dad ein paar Meter weiter von seinen Leuten bedroht wurde. Doch gerade empfand ich eine innere Ruhe und hatte keine Sorgen. Meinem Dad würde nichts passieren, das wusste ich irgendwie. Toni würde das verhindern. Mein Herzschlaf verschnellerte sich wieder. Ich hatte Herzklopfen.
"Warum?" fragte ich dann doch noch und wendete meine Augen nicht von seinen. Es war zu dunkel um die Farbe zu erkennen, nur das glitzern konnte ich wahrnehmen. Ich versuchte mich an die Farbe zu erinnern, aber es viel mir nicht mehr ein. Viel zu sehr war ich gerade in diesem Moment gefangen, in dieser Ruhe.
"Warum was?" flüsterte Toni und er sah wirklich irritiert aus. Sein Gesicht, sein Körper war nur wenige Zentimeter von mir entfernt und fast hätte ich vergessen, was sich hier gerade abspielte. Hatte er es denn vergessen?
"Toni, warum erpresst ihr meinen Dad?" Auch ich sprach leise, sehr leise, aber deutlich. Der Nebel, er sich gerade in meinem Kopf bildete verzog sich wieder und die Realität zog wieder ein.
Plötzlich veränderte sich die Stimmung. Toni wurde Nervöser und wirkte sauer. Sauer auf mich? Auf sich? Ist es ihm gerade genauso ergangen? Hatte er fast vergessen was da hinten passierte?
"Woher kennst du meinen Namen?" herschte er mich an. Immer noch leise, aber deutlich agressiver.
Die Angst kehrte zurück.
"Das letzte Mal wurdest du so von deinen Mitarbeitern so geannt!" wimmerte ich nun. Mitarbeiter, dass ich nicht lachte. Schläger, Perverse waren das, aber doch keine Mitarbeiter.
"Du solltest jetzt schnell wieder verschwinden, wenn dich die anderen hier sehen, wird es noch teurer für deinen Dad!" raunte er mir zu.
Er hatte recht. Ich wendete mich zum drehen, doch er blieb einfach stehen und starrte die Wand an. Ich drehte mich noch einmal zu ihm um.
"Danke, dass du mir das letzt Mal geholfen hast!"
Seine Hand griff nach meinem Handgelenk und er zog mich noch einmal zu sich. Wir waren uns wieder so Nahe.
"Wie heißt du?"
"Caitlin."
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Doch kein Besuch bei Lucas und ihr Dad wird also erpresst. Was da wohl dahinter steckt?
Ich glaube, es wir nicht mehr allzulange dauern, bis das Geheimnis gelüftet wird. :-)
Eure ShortyNB
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Caitlin
RomanceCaitlin ist intelligent und selbstbewusst. Mit Ihren 17 Jahren weiß Sie genau was Sie will und was eben nicht. Der Traum von der großen Liebe und einer Familie, dem so viele Mädchen in Ihrer Stufe nachhängen, ist kein Traum, den Sie träumt. Nein...