Ein langer Weg

301 15 4
                                    

Das Wochenende verging einfach viel zu schnell für die kleine neue Familie.
Auch Erika musste heute wieder los nach Hause, stand jedoch zuversichtlich dem gegenüber. „Wenn etwas ist, dann ruf mich bitte an!", verabschiedeten sich die Schwester liebevoll. „Mach ich. Es wird sich schon alles wieder einspielen. Vielleicht läuft es eben gerade nur nicht so berauschend mit der Firma!" - „Oh Eri...", seufzte Helene tief, „.... Ich drücke Dir die Daumen dafür!".
Aber blieb Helene bei ihrer Vermutung von der ihre Schwester allerdings nichts hören wollte.
Die Kinder hatten sich in der Zeit so gut angefreundet mit einander das sie gar nicht nach Hause wollten.
Noch nie hatte Laura so unbeschwert spielen können mit anderen Kindern, sowas blieb ihr einfach vorbehalten.
Doch warum das alles so war und warum man ihr Kind so schlecht behandelte, das wüsste sie gerne selbst. „Kommt alle gut Zuhause an...", umarmte Maria ihre Töchter und hatte wie immer Tränen in den Augen dabei. „Machen wir, versprochen.", lächelte Erika und stieg als erste ein und fuhr los. „Und pass mir gut auf meine Enkelin auf Helene." - „Mama! Ich lass Lauri nie wieder los...".
Zu allem guten gab Maria auch Helene noch ganz viel zur Verpflegung mit, denn die Fahrt war lange und typischerweise war immer Stau.
Helene empfand diese Geste immer wieder aufs neue so süß von ihrer Mutter, auch wenn mehr süßes für Laura dabei war.

„Und dann hat Lisa gesagt.....", plapperte Laura ohne Punkt und Komma die ganze Zeit durchweg. „Das ist doch schön Spatz...", antwortete Helene erneut.
Laura war so aufgedreht auf der Rückfahrt gewesen, da sie soviel Spaß hatte dieses Wochenende. „Mama?! Wann fahren wir zu Tante Erika? Lisa möchte mir ihr Zimmer zeigen und den großen Park, wo sie immer spielen ist...." - „Bald Lauri. Erstmal müssen wir zuhause alles fertig haben....".
Es lag noch viel Arbeit vor Helene und ein wenig Urlaub wollte sie sich noch machen, bevor sie sich langsam auf Wien und ihre eigene Show vorbereiten wird. „Du Flo! Sind wir bald da?".
„Ooy. Schatz nimm ihr doch mal die Süßigkeiten weg! Das geht unentwegt...", rollte er die Augen schon. „Du Flo! Das hat sie von mir! Was glaubst Du wie ich meine Eltern immer genervt habe auf Autofahrten...", kicherte Helene und sah erst jetzt ein fest verschlossenes Gefäß zwischen dem Proviant von Maria. „Ha Schatz! Mama hat mir von Omas Bowle was mitgegeben, toll...", freute Helene sich und es war nicht gerade klein das Gefäß. „Die lass ich mir heute Abend schmecken...".
Skeptisch lugte Florian hinüber und sah seine Freundin frech grinsen. „Und dann hast Du morgen einen Kater wenn das leer ist!" - „Quatsch. Ich kann schon was vertragen...".
Leise brummte Florian wenn er an den letzten Geburtstag von Timo sich erinnerte.
Da gaben Helene und Sandy sich auch die Kante und hatten den nächsten Tag und schon in der Nacht ziemliche Probleme mit sich bekommen. „Wann sind wir denn nun endlich da Flo?", rief Laura wieder von der Rückbank aus und grinste frech in den Rückspiegel hinein in den Florian genervt sah.

Dann aber kehrte allmählich Ruhe ein im Auto.
Denn als Helene sich den Sitz zurück stellte und ein wenig schlafen wollte, tat Laura es ihr gleich.
Mit Musik auf den Ohren fuhr auch sie langsam sich runter.
Die Frage was Laura wohl hört konnte er sich eigentlich schon selbst beantworten.
Aber endlich kehrte Ruhe ein und Florian konnte entspannt die Fahrt fortsetzen.
Daheim denn endlich angekommen erwachte Helene sofort.
„Da sind wir ja schon...", klatschte sie freudig in die Hände.
„Lauri...aufwachen!".
Helene war somit die erste die aus dem Auto sprang, dicht gefolgt von ihrer Tochter.
„Und die Koffer gehören wieder mal mir...", seufzte er und ging zum Kofferraum.
Bereits vor der Tür stehend hörte Helene bereits unaufhörlich das Telefon klingeln.
So schnell fand Helene ihren Schlüssel nicht und eilte zurück zum Auto und zu ihrer Tasche.
Dort fiel ihr Handy ihr in die Hand, welches mal wieder aus war.
Dann aber hatte sie den Schlüssel und lief zur Tür.
Als sie endlich rein konnte war der Anruf beendet, aber im selben Moment ging es wieder.
Auf dem Display sah Helene das es ihre Schwester ist.
„Eri.... sorry mein Akku...", erklärte Helene zuerst als sie abnahm und hörte nur ein leises weinen am anderen Ende.
„Eri? Mausi... Was ist passiert?", ahnte Helene schon böses. Doch in jedem weiteren Moment der verstrich, wurde das weinen ihrer Schwester immer schlimmer.
„Ich... Als ich nach Hause kam...", piepste sie leise und schluchzte unaufhörlich.
Ihre Tränen erstickten die Stimme fast dabei.
„.... Marco und diese Frau ... Sie haben ... Ich hab es gesehen und....", brach sie innerlich komplett zusammen.
Es zerriss Helene das Herz ihre Schwester zu hören. Zu wissen das sie von hier aus nichts machen kann.
Mit Blicken und Gesten dirigierte Helene ihre Tochter, das sie Florian bitte hilft beim ausräumen des Autos. Aber widerwillig tat Laura es nur und rollte genervt die Augen dabei.
Helene zog sich mit dem Telefon zurück ins Schlafzimmer, um in Ruhe mit ihr zu reden.
Aber genügte es Helene nicht, sie wollte jetzt bei Erika sein.
„Mausi... Ich komm hin zu Dir!".
„Nein, nein. Das geht schon....".
„Dann kommst Du her! Ich möchte nicht das Du jetzt alleine bist!" - „Bin ich doch nicht. Ich hab doch die Kinder hier...".
Erika und Helene nahmen sich nicht viel von einander. Niemand wollte dem anderen zur Last fallen und alles immer mit sich alleine ausmachen.
„Sicher?!", hakte Helene nach doch Erika blieb stumm am anderen Ende.
„Ich.... Kannst Du vielleicht doch herkommen?".
Es dauerte lange bis Erika sich zu den Worten durch rung und natürlich zögerte Helene keine Sekunde lang.
„Natürlich. Ich mach mich sofort fertig...", erklärte Helene und riss den Kleiderschrank nebenbei schon auf.
„Schatz, ich muss zu meiner Schwester!", nahm sie ihren Koffer entgegen als sie das Gespräch beendet hatte. 
Etwas verdutzt war Florian schon, denn sagte Helene im Vorfeld keine Silbe davon.
Im Handumdrehen war ihr Koffer offen und einmal auf den Kopf gestellt.
Alles purzelte heraus und schnell waren die neuen Sachen verstaut.
„Und Laura?! Helene! Du kannst jetzt nicht immer einfach so losziehen!", sah Florian seine Freundin an.
„Soll ich sie jetzt etwa alleine lassen? Das kann ich nicht!" - „Das habe ich nicht gesagt. Natürlich kannst Du fahren, aber hab Laura im Hinterkopf!".
Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hatte Helene ihre Tochter in diesem Moment überhaupt nicht auf dem Schirm gehabt.
„Schatz. Ich fahre hin und hole Eri mit den Kindern zu uns! Kannst Du nicht solange Laura bei Die behalten?".
Allerdings machte Helene gerade die Rechnung ohne ihre Tochter, die dieses in der Tür stehend mit bekam.
„Dann bleib ich eben hier!", schnaufte Laura trotzig.
„Ach Maus, ich bin morgen wieder da. Spätestens übermorgen, aber ich kann Dich nicht ständig hin und her reißen! Versteh doch bitte....", ging Helene zu Laura die sich beleidigt weg drehte.
„Du weißt das es irgendwann so ist, das Du auch mal bei Florian bleiben musst! Spätestens wenn die Schule los geht!".
„Ich hasse die Schule! Da sind eh alle gemein zu mir. Da geh ich nicht mehr hin!".
„Flo....", sah Helene nun quengelnd zu ihm und hoffte auf Unterstützung seinerseits.
„Komm mal her Laura... Wir beide machen uns jetzt einen schönen Nachmittag noch...." - „Will ich nicht!".
Natürlich wusste Laura das sie nicht immer an Helenes Schürzenzipfel hängen kann und immer mit dabei sein kann, aber gerade sind noch Ferien und an Schule wollte sie keine Sekunde lang denken.
Diese trotz Reaktion kannte Helene zu gut, sie selbst reagierte damals in einer Phase auch immer so wenn ihr etwas nicht gepasst hatte.
„Ja ja, schieb mich schon ab! Ich kenn das ja. War damals bestimmt genauso!", murrte Laura und traf Helene mit dieser Aussage mitten ins Herz.
„So nicht Laura! Nicht in diesem Ton und mit dieser Schiene!", mischte Florian sich ein dem die Reaktion seiner Freundin nicht entgangen war.
„Was denn? Woher soll ich wissen, ob das oder das die Wahrheit ist! Ihr könnt mir alle viel erzählen!", wurde sie lauter und lief in ihr Zimmer.
Die Tür knallte forsch zu, das die bilden an den Wänden wackelten.
„Lass! Sie beruhigt sich wieder... Fahr  zu Deiner Schwester, wir werden uns schon anfreunden...".
Bedrückt nickte Helene und stopfte den Rest in den Koffer. Das ein oder andere Tränchen lief dabei über ihre Wangen, denn war das ein völliges Hirngespinst was Laura von sich gab.
Die Chance ihr wenigstens Tschüss zu sagen schlug ebenfalls fehl, denn Laura war unfair und ließ Helene vor verschlossener Tür stehen.

„Warst Du damals denn auch so?", musste Florian unweigerlich schmunzeln als Helene mit hängenden Ohren zurück kam.
Mit einem warnenden Blick und dem Mittelfinger zeigend ging Helene an ihm vorbei und riss genervt ihren Koffer vom Bett runter.
Helfend eilte Florian zu seiner Freundin die sich mehr und weniger ständig den Koffer in die Hacken rammte.
„Sie wird sich schon wieder einkriegen Schatz. Außerdem kommt langsam die Teenie Zeit, da wirst Du noch lange genug deine Freude dran haben...".
Das Wort Freude deutete Florian mit den Händen an was den Blick seiner Freundin nicht wirklich veränderte.
„Fahr zu Erika und ich bekomm das mit Laura schon in hin... Wäre doch gelacht, wenn ich das nicht kann...".
„Na wenn Du meinst... Ich beeile mich auch.", erklärte Helene und ließ Florian den Koffer ins Auto stellen.
„Keine Eile! Nicht das noch was passiert!" - „Versprochen.".
Liebevoll nahm Florian Helene in den Arm und dann sollte es auch schon los gehen.
Jedoch nicht ohne einen langen und intensiven Abschiedskuss zwischen ihnen.
Von ihrem Zimmer aus konnte Laura es genau beobachten und kochte vor Wut. Eigentlich war sie sauer auf ihre Mutter, das sie nicht mit konnte.
Florian konnte sie schon leiden, aber war da noch die Erinnerung an ihre Adoptiveltern.
Besser gesagt ihr damaliger Vater.
Sie wollte Helene halt nur für sich alleine haben und im Mittelpunkt stehen.
Deswegen sollte Florian am besten verschwinden ihrer Meinung nach.
„Pass auf Dich auf mein Schatz und fahr bitte vorsichtig!" - „Versprochen.", bestätigte Helene es mit einem Kuss und stieg dann auch ein.
Zuversichtlich lächelten sie sich an und dann fuhr Helene vom Hof.
Florian wunk seiner Freundin noch nach und ging dann schließlich ins Haus.
„So Fräulein... Komm mal bitte heraus!", sagte er sanft anklopfend an ihrer Tür.
„Tzzz...Pühh...", pfiff Laura auf seine Worte und drehte erstmal die Musik laut auf.

Das Farbenspiel des LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt