Kapitel 2

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3 Jahre zuvor:

Ich schaue aus dem Fenster. In Begleitung des rechten Flügels ziehe ich an den Wolken vorbei. Ich schaue nach links, Jelena schläft. So friedlich wie Schneewittchen mit ihren Eisblauen Augen und dunklen Haaren. Dunkel  wie die Nacht.
Mein Blick schweift wieder nach draußen und ich bemerke im Glas mein Spiegelbild. Blonde Haare fallen sanft auf meine Schultern und große braun-goldene Augen mustern schläfrig die Gestalt im Fenster. Ich schlafe bei meinem Anblick ermüdet, langsam und friedlich ein.

Nach 30 Minuten weckt mich die Stimme des Piloten durch den Lautsprecher, der sich neben den Knöpfen für das Licht befindet. Ein Warnsignal leuchtet auf, befehlend, den Gurt anzulegen. "Wir werden die Maschine in Kürze landen. Das Wetter in Frankfurt am Main ist mild bei 19°C Außentemperatur."
"Frankfurt am Main", wiederholt meine Schwester, die inzwischen aufgewacht ist. "Wir haben es fast geschafft" antworte ich erleichtert und in der Hoffnung, das Glück werde uns nicht mehr verlassen.

Bis zum Aufsetzen auf die Erde, geben meine Schwester und ich keinen Ton von uns. Wir beide sitzen dort, in Reihe 24, gespannt auf unseren Plätzen und warten auf den Moment das erste mal in unserem Leben deutschen Boden betreten zu haben.
"Wie es wohl hier in Deutschland aussieht?", frage ich mich, "Gibt es hier auch Ecken wie den roten Platz in Moskau. Ich werde es vermissen mit meinen Freunden und meiner Familie dort Zeit zu verbringen." Eine Träne läuft sanft meine Wange herunter, während ich an den schlimmen Tatort zurück denke. Meine Mutter, mein Vater, Sascha und Sergej, meine Brüder. Sie alle mussten  sterben. Eine weitere Träne kullert mein Gesicht entlang.

Als wir endlich das Flugzeug verlassen konnten, machen wir uns auf den Weg zu unserem Hotel. Wir setzten uns in ein Taxi und machen uns auf den Weg: "Zum Radisson Blu, bitte."

"Wir sind jetzt in Sicherheit. Endlich" flüstert Jelena mir erleichtert zu. Ein kleines Lächeln verlässt dabei ihre Lippen und ich fange auch an zu Grinsen. Für einen Moment haben wir beide die schreckliche Zeit in umgehender Vergangenheit vergessen und konzentrieren uns nur darauf, dass wir uns gegenseitig haben und immer füreinander da sein werden, wie auch schon immer. Ich denke mir, dass die Umstände uns Schwestern nur noch mehr zusammen geschweißt haben.

"Das macht dann 13,50€." Der Taxifahrer hält vor einem großen, modernen Gebäude, mit der Aufschrift "Radisson Blu", an. Das blaue Licht, womit das Hotel angestrahlt wird, hat einen sehr beruhigenden Eindruck auf mich, wodurch ich mich sofort wohl fühle, ehe ich das Gebäude betreten habe. "Das Hotel ist eines der wenigen Häusern, welches modern aussieht. Hier in Frankfurt ist alles sehr heruntergekommen. Warum wohl? Liegt es daran, dass Deutschland nur noch von den einflussreichsten Leuten regiert wurde? Also dann von Mafia und den reichsten Familien?" frage ich mich während ich aus dem Fensters des Taxis schaue.

"Vanja?" weckte Jelena mich aus meinen Tagträumen. Ich hatte nicht bemerkt, dass ich wie besessen auf unsere Unterkunft für die nächsten Tage gestarrt habe. Jelena hat schon bezahlt und der Taxifahrer ist ausgestiegen um unser Gepäck zu entladen. Ich steige aus dem Wagen, wage auf den Beinen, da ich von der Reise sehr müde geworden bin.

"Auf Wiedersehn", bedanken wir uns bei unserem Fahrer.

Nach dem Check-In und der Zimmer-Übernahme, riegelt Jelena das Zimmer sorgfältig ab: "Jetzt sollte keiner mehr herein kommen können..." Ich glaube sie hat noch etwas gesagt aber Sekunden später schaukle ich schon tief in meinem Traumland hin und her.

Mitten in der Nacht, holt mich Jelenas Schrei und ihr nervöses Atmen aus meinem Schlaf. Sie fängt an zu weinen und ohne zu fragen was passiert ist, nehme ich sie und wiege sie in meinen Armen, bis meine Schwester sich wieder beruhigt hat. "Schlecht geträumt?" frage ich sie, obwohl ich die Antwort schon kenne. Jelena sagt nichts. Sie starrt nur verängstigt in den dunklen Raum. "Alles nur ein Traum. Alles Okay, ich bin hier. Keine Angst", versuche ich sie weiter zu beruhigen, "Morgen werden wir ausgeschlafen nach einem Job und einer beständigen Unterkunft suchen. Alles Okay." 

Meine Schwester ist jünger. Um genau zu sein ein Jahr und zwei Monate. Es ist kein großer Unterschied, aber trotzdem muss ich oft die Rolle der erwachsenen, großen Schwester übernehmen. Jetzt auch die Rolle der Eltern. Auch wenn Jelena 20 Jahre alt ist, war sie immer das Kind in der Familie. Wenn alle schlecht gelaunt waren, war es immer Lena, die uns mit ihrer kindlichen, guten Laune den Tag versüßt hatte.

Ich lege Jelena vorsichtig wieder schlafen und gebe ihr einen Gute-Nacht-Kuss: " Спокойной ночи, лена."

Die Nacht verlief weiterhin ruhig. Weder Jelena, noch ich sind wieder aufgewacht, weil Dämonen unsere Träume heimsuchten.

To be continued...

Das Mädchen vom russischen MafiabossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt