3.2: Erste Begegnungen mit Fans

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Als wir aus dem Gebäude traten, mussten wir feststellen, dass wir erwartet worden waren. Eine Gruppe von sieben oder acht Mädchen, schätzungsweise zwischen 14 und 20, belagerten den Ausgang und fingen wie wild zu kreischen an, als wir hinaustraten, jeder von uns mit einer Tüte beladen.

Für einen kurzen Moment spürte ich den warmen Atem des von mir zu beschützenden Mannes an meinem Ohr.

"Jetzt kannst du beweisen, ob du für den Job geeignet bist", murmelte er, "denn genau für solche Situationen bist du eingestellt worden."

Ich seufzte, weil mir auffiel, dass er Recht hatte.

"Na, das kann ja heiter werden", grummelte ich zögerte noch ein paar Sekunden, woraufhin ich tief Luft holte und dann einen Schritt nach vorne trat.

"So, macht mal alle Platz hier", brummte ich und schob ein Mädchen zur Seite, das mir im Weg gestanden hatte.

"Na hopp, aus dem Weg, Kleingemüse", rief ich einer anderen zu, deren Gesicht verweint und ganz rot war, während sie aus vollem Halse schrie.

Louis schien sich prächtig zu amüsieren, er kicherte vor sich hin, als ich versuchte, ihn mit meinem Körper zu schützen und mich zwischen ihn und die Fans zu stellen.

"Platz da!", gab ich weiter Befehle von mir, die nicht befolgt wurden, "Auf, wir müssen weiter, wir haben keine Zeit für so einen Scheiß."

Die Menge schien sich aus unerklärlichen Gründen vergrößert zu haben, jedenfalls kamen mir die ganzen Gesichter und schreienden Wesen viel mehr vor, als noch vor einigen Sekunden, als wir vor ihnen gestanden hatten und nicht unter ihnen gewesen waren.

"Ja, ich weiß, dass Louis' Shirt toll ist", sagte ich nun zu einem Mädchen, das sich krampfhaft an der Kleidung ihres Idols festkrallte, "aber er er wäre dir sehr verbunden, wenn du ihn loslassen würdest."

Während ich vollkommen überfordert mit der Situation war, grüßte der Braunhaarige seine Fans freundlich, machte Bilder und unterhielt sich mit ihnen. Wir hatten die Tüten dicht an unsere Körper gepresst, aus Angst, im Gedränge sonst etwas zu verlieren. Eine nicht ganz unbegründete Angst, wie ich feststellen musste, als das Mädchen, das sich vorher an Louis' T-Shirt geklammert hatte, ihre Finger zu seiner Tüte wandern ließ.

"Sag mal, geht's noch?!", fuhr ich den VerFab an, hielt ihre Hand mit der meinen fest und versuchte dabei, in der anderen die Tüte und die Leine meines Hundes zu halten. Karly schien die ganze Situation überhaupt nicht zu gefallen, er knurrte wie wild und schnappte um sich, sodass sich um ihn ein Sicherheitsabstand von etwa einem Meter gebildet hatte.

Diese Chance sah ich und nutzte sie aus, indem ich meinen Hund nahe an mich heran nahm und mich danach so dicht wie möglich an Louis presste, damit wir uns im Sicherheitsradius befanden. Keine so leichte Aufgabe, wenn man bedachte, dass Karly nicht nur nach den Fans, sondern auch nach meinem Schützling schnappte.

"Sorry, Leute, wir müssen weiter!", rief Louis über die Schulter hinweg, schob mich ein wenig nach vorne, woraufhin ich reagierte und mich ebenfalls in Bewegung setzte.

Dank meines Hundes schafften wir es, halbwegs unbeschadet aus dem größten Gedränge zu gelangen, nur leider war es ja nicht so, dass uns die Fans in Ruhe ließen. Sie folgten uns wie eine Schar Küken ihrer Mutter, was mir ein wenig Angst einjagte. Louis hingegen schien viel besser gelaunt zu sein.

Fröhlich summte er eines seiner eigenen Lieder vor sich hin, während er darauf achtete, sich in Karlys Nähe, aber nicht in Reichweite seiner Schnauze zu befinden.

"Das klappt doch bisher wie am Schnürchen", meinte er gut gelaunt und ich sah ihn verwundert an.

"Meinst du wirklich?", fragte ich und warf einen Blick über die Schulter, um zu sehen, dass fast alle der Fans sich an unsere Fersen geheftet hatten, eifrig Bilder schossen oder durch lautes Rufen die Aufmerksamkeit des Stars zu erzielen versuchten.

"Mir ist nichts passiert, dir und den Fans auch nicht - was will man mehr?"

Eine berechtigte Frage, auf die ich mit einem Achselzucken antwortete.

"Wir sollten sie irgendwie loswerden", murmelte ich leise und er nickte.

"Dort vorne dürfte ein Taxi warten. Ich habe es bestellt, bevor wir aus dem Laden raus gegangen sind."

Verdutzt sah ich ihn an. Er hatte wirklich mitgedacht! Bei all meinen Recherchen war er mir eher wie ein übergroßes Baby vorgekommen, was durchgängig jemanden brauchte, der auf ihn achtete.

"Ich bin nicht ganz so hilflos, wie die Presse und auch einige Fans zu denken scheinen", erklärte er mir, da er meinen Blick gespürt hatte. "Ja, wir hatten anfangs eine Phase, in der wir unsere Bodyguards und Manager dauernd auf die Palme gebracht haben, aber damals waren wir einfach noch fünf Jungs, die außer Quatsch nicht viel im Kopf hatten. Du wirst es nicht glauben, aber auch wir haben uns weiterentwickelt."

Verlegen sah ich zur Seite und wurde ein wenig rot. Es hatte oftmals wirklich so ausgesehen, wie wenn Louis ein wenig geistig zurückgeblieben wäre und ich hatte mit dem Gedanken gespielt, diese Theorie ernsthaft in Betracht zu ziehen, schließlich kannte ich den jungen Mann kaum. Dass er dies so leicht durchschaut hatte, bedeutete entweder, dass ich eine grottenschlechte Lügnerin war und man mir sofort ansah, was ich dachte - was ich aber ausschließen konnte, bei meinen Geschwistern hatte ich so einige Erfahrungen gesammelt - oder, dass er solche Situationen einfach schon kannte und ich nicht die Einzige war, die es geglaubt hatte.

"Tut mir leid", nuschelte ich deshalb verlegen und ich meinte es genau so, wie ich es sagte. Es tat mir tatsächlich leid. Langsam begann ich auch zu verstehen, warum Louis sein Image so wichtig war. Ich hatte ja auch etwas in Betracht gezogen, was lediglich durch Internetquellen bestätigt worden war.

"Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest", erwiderte er, winkte ab und öffnete die Tür des Taxis, das wir mittlerweile erreicht hatten, setzte sich hinein und rutschte durch, um für mich Platz zu machen.

Ich war nicht der Typ von Mensch, der einer solchen Aussage widersprach und damit quasi darum bettelte, sich nochmals entschuldigen zu dürfen, deshalb zuckte ich nur mit den Achseln.

"Okay", meinte ich, lachte leise und wechselte das Thema.

"Und, was sagst du nach dem Vorfall gerade?"

Er nickte mir anerkennend zu, eine Geste, die ich zwar nicht ganz nachvollziehen konnte, da ich meiner Meinung nach nicht viel getan hatte, aber worüber ich mich trotzdem freute.

"Du hast dir deinen Job verdient", sagte er. "Aber eine Sache: Findest du es nicht deprimierend, dass die Leute mehr Angst vor deinem Hund als vor dir haben?"

"Klappe, Tomlinson", brummte ich, schlug ihm spaßhaft gegen den Arm, was ihn zum Lachen brachte und lehnte mich dann in meinem Sitz zurück. An solche Menschenmengen würde ich mich wohl gewöhnen müssen.

Schutzengel || l.t. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt