Tori
Es geht alles ganz schnell und ich bekomme nur die Hälfte davon mit. Henry landet schwer auf mir und wir stürzen zu Boden. Dabei zerbricht die Stuhllehne und ich bin fast frei. Zwei starke Männer nehmen Henrys Körper von mir herunter und legen ihn auf den Boden. Auf seiner Brust ist ein großer, blutiger Fleck. NEIN!
Ich knie mich neben ihn und vergesse, dass er mich wie ein Idiot behandelt hat. Hier geht es um Leben und Tod – schon wieder. Die Queen ist in ihrer Ecke zusammengesunken und scheinbar ohnmächtig.
„Wir brauchen einen Notarzt", schreie ich die Männer an und die Hektik nimmt mich völlig gefangen. Sie schneiden meine Fesseln durch und als kurz darauf der Notarzt eintrifft, müssen mich die Wachen festhalten, damit ich seine Arbeit nicht behindere. Die Queen wird ebenfalls ins Krankenhaus gebracht. Henry wurde direkt ins Herz geschossen und es sieht schlecht aus. Er wird an Beatmungsgeräte angeschlossen und ich darf nicht mit ins Krankenhaus. Ich muss im Palast bleiben. Ich schreie meinen Schmerz in die kühle Sommernacht hinaus, aber niemand kann mich hören.
Dass Charles und Will auftauchen und mich wieder reinholen, merke ich nicht wirklich. Erst als sie mich zwingen, ein Glas Sherry zu trinken, komme ich wieder zu mir.
„Tori?", fragt Charles vorsichtig.
„Ich muss zu Henry!", sage ich zu ihm. „Bitte!"
Beide schütteln den Kopf. „Das geht nicht. Er wird gerade operiert und die Ärzte informieren uns, wenn es vorbei ist."
Ich lege den Kopf in die Hände und weine. Beinahe wäre ich erschossen worden, wenn Henry sich nicht geopfert hätte. Wieso hat er das getan?
„Was ist da unten passiert?", möchte Will wissen. Ich erzähle ihnen alles, um mich abzulenken. Die beiden sind mehr als entsetzt über das Vorgehen der Queen. „Sie ist wieder bei Bewusstsein, redet allerdings nur wirres Zeug. Es war wohl zu viel für sie", meint Charles, als ich mich nach dem Zustand seiner Mutter erkundige.
Die nächsten Stunden vergehen mit Warten und der endlosen Ungewissheit, was nun als nächstes passiert.
Das Krankenhaus meldet sich nicht und Charles ruft weiterhin jede halbe Stunde an, ohne
Auskunft zu erhalten. Ich bin krank vor Sorge. Und ich brauche dringen Antworten von Henry. Wieso hat er das getan? Ich hätte lügen können, als ich sagte, ich sei schwanger. Er wusste nicht, dass es die Wahrheit war. Niemand wusste davon. Und ich habe es weder Charles noch Will bei meiner Erzählung gesagt. Warum weiß ich auch nicht, aber ich folgte meiner Intuition.
Es ist bereits acht Uhr morgens, als das Telefon klingelt. Ich habe Hunger und bin hundemüde, aber ich konnte nicht einschlafen, ohne zu wissen, wie es Henry ergeht. Charles geht ran und redet in ernstem Ton mit der Person am anderen Ende. Schließlich setzt er sich hin und seine Miene verrät mir alles. Als er auflegt, muss er es nicht aussprechen.
„Er ist tot", sage ich für ihn und er nickt nur.
Wir liegen uns gegenseitig weinend in den Armen. Charles gibt die Meldung an die Belegschaft weiter und bald weiß die ganze Welt davon. Keine Glocke in England läutet an diesem Tag. Die Menschen versammeln sich vor dem Palast, um Blumen und Kerzen abzulegen. Sie stellen Schilder auf, auf welchen sie uns ihr Mitgefühl aussprechen. Jeder trägt schwarz und die Menschen weinen mit uns. Ich bekomme davon nur das mit, was in den Nachrichten gezeigt wird, weil ich den Palast nicht verlassen darf. Charles ist nun der Regent und muss alles entscheiden und regeln. Ich beneide ihn nicht darum.
Henry ist tot. Henry ist tot. Henry ist tot!
Ich sage mir diesen Satz in Gedanken so oft und doch fällt es mir schwer, ihn zu glauben. Henry kann unmöglich tot sein. Er kam sogar aus dem Koma zurück!
DU LIEST GERADE
Story of my Life - verzweifelte Hoffnung
RandomDer weltberühmte Philosoph Nietzsche sagte: „Hast du eine große Freude an etwas gehabt, so nimm Abchied! Nie kommt es zum zweiten Male." Tori ist verzweifelt, ausgelaugt und ein Schatten ihrer Selbst. Zu Silvester wollte sie sich mit Henry t...