Das komische Mädchen

Komisch? Komisch!

Sie war schon immer dieses komische Mädchen gewesen. Bereits im Kindergarten sahen sie alle nur schief von der Seite an und versuchten so über sie zu reden, dass sie es nicht mitbekam. Leider sind Kinder in so etwas verdammt schlecht. In der Grundschule hatte sie nie richtige Freunde, sie war einfach zu seltsam. Ihre Klamotten, ihre Art zu sprechen, ihre Stimmungsschwankungen, ihr Charakter. Mit all dem konnte niemand so Recht etwas anfangen. Es gab zwei Gruppen in ihrer Klasse. Keine der beiden nahm sie auf, sie war irgendetwas zwischen den beiden Gruppen, eine Art Vermittlerin, wobei nur sie selbst sich als eine solche empfand. Für die anderen war sie jemand, den man leicht ignorieren konnte.

Sie wusste, dass hinter ihrem Rücken über sie geredet wurde, dass über sie gelästert wurde. Es tat weh zu hören, dass vermeintliche Freundinnen mit anderen über sie lästerten während sie vorgab zu schlafen. Niemand merkte, dass sie stumm in ihr Kissen weinte.

Dieses komische Mädchen, dass nirgends so Recht hinein passen wollte, fand erst am Gymnasium eine Freundin, der sie alles erzählen konnte. Dafür war sie sehr dankbar.

Dann legte sich dieses Mädchen Twitter zu. Wieder so eine Aktion, die niemand in ihrem Freundes- und Familienkreis nachvollziehen konnte. Wie konnte man nur über das Internet echte Freundschaften aufbauen? Nein, dieses Mädchen war komisch. Und auch auf Twitter, auch in dieser Community kam sie nie ganz an. Sie war immer ein bisschen Außenseiter, ein bisschen komisch. Zwar gab es hier auch viele Menschen, die auf ihre Art und Weise besonders waren, doch irgendwie fanden diese oft genau die Person, die perfekt zu ihnen passte. Bis auf dieses komische Mädchen. Sie war nie eine von diesen Personen, sie war zwar nicht alleine, aber jemanden, dem sie alles erzählen konnte und wollte ohne irgendwelche blöden Gefühle dabei zu haben, hatte sie nicht.

Ob irgendjemand dieses komische Mädchen überhaupt vermissen würde, wäre sie nicht mehr da? Wenn sie sich einfach einkapseln, ihre Probleme, über die sie nie so Recht mit jemandem schreiben/reden konnte, einfach für sich behalten würde? Die anderen nicht weiter damit nerven. Keine schlechte Stimmung verbreiten. Sie versuchte es.

In dieser Kapsel war sie alleine. Das Gedankenchaos hatte hier die volle Macht über sie. Sie begann gegen das Chaos zu kämpfen, versuchte die quälenden Gedanken zu unterdrücken, versuchte sich abzulenken. Doch die einzige Ablenkung die half, waren noch schlimmere Gedanken, Gedanken von denen keine einzige Person wusste, Gedanken, die das einzige große Geheimnis war, dass sie hatte und das auch nie jemand erfahren durfte, Gedanken, die sie eigentlich schon lange nicht mehr denken wollte. Sie kamen immer dann, wenn sie Angst hatte, wenn sie alleine war, wenn sie nicht mehr konnte. Doch diese Gedanken passten perfekt zu dem Bild des komischen Mädchens.

Ein Mädchen, dass sich von ihren Gedanken zerstören ließ, dass keine Hilfe annehmen konnte, ein Mädchen, dass komisch war.

Ein Mädchen, dass nie irgendwo hin passen würde. Ein Mädchen, dass auf sich alleine gestellt war.

Ein Mädchen, dass dumm war und dies auch wusste. Aber so sehr sie auch wollte, sie konnte nichts daran ändern. Sie konnte sich nicht ändern, obwohl sie sich so sehr verabscheute.