Die nächsten Tage waren ruhig, die Jungs beachteten Sarah und mich nicht und machten keinen Ärger. Na ja, sie sahen uns finster an aber sonst waren sie ganz harmlos. Ich fand keinen passenden Moment um Linus für die Hilfe beim Nachsitzen zu danken, aber er schien es auch nicht zu erwarten. Sarah und ich beschlossen, das mit der Rache sein zu lassen und so gab es keinen weiteren Ärger.
Am Mittwoch vor der Gartenparty fuhr ich gerade mit dem Auto von der Stadt nach Hause, als ich beschloss, noch essen zu gehen. Mein Magen knurrte fürchterlich.
Ich ging in ein gemütliches Café und setzte mich an einen Tisch. Die Bedienung kam und nach langem Überlegen, bestellte ich einen Kaffee und ein Stück Schokoladenkuchen.
Ich war mit Sarah in der Stadt gewesen, shoppen und Eis essen.
Meine Bestellung kam und ich aß den Kuchen hungrig auf, er war echt total lecker. Da klingelte mein Handy und weil es im Café so laut war, ging ich in den Hinterhof um zu telefonieren.
„Hey Lila, bist du schon Zuhause?", fragte Sarah am anderen Ende des Handys.
„Nein, ich bin gerade in einem kleinen Café noch schnell etwas essen!", antwortete ich. Plötzlich hörte ich ein ersticktes Geräusch. „Du, Sarah, ich rufe gleich noch einmal zurück!" Damit legte ich auf und ging in die Richtung, aus der das Geräusch kam.
Da sah ich, wie ein Mann ein Mädchen mit einem Messer bedrohte. Das Mädchen war ungefähr 12 Jahre alt und ihr liefen Tränen übers Gesicht. Der Mann hatte das Messer auf ihren Hals gerichtet.
„Gib mir dein Portmonai!", zischte er.
„Ich... Ich habe... Es nicht mit!", stotterte sie voller Angst und mit aufgerissenen Augen.
„Hm, dann musst du wohl anders bezahlen!", sagte er und grinste dreckig.
„Lass sie in Ruhe!", rief ich und kam näher.
Der Mann drehte sich mit dem Messer in der Hand zu mir um und musterte mich. „Willst du mir etwa dein Geld geben?" Ihm fehlten zwei Schneidezähne und sein Grinsen war echt nicht schön. „Oder möchtest du auf eine andere Weise bezahlen?"
„Träum weiter!", antwortete ich.
Da kam er zu mir und wollte mich anfassen, doch meine Reflexe verhinderten das. Irgendwie trat ich ihm das Messer aus der Hand, boxte ihm in den Magen und wirbelte ihn herum, so dass er auf dem Rücken lag und nach Luft schnappte.
„Verschwinde und halte dich fern von Kindern und Mädchen!", zischte ich wütend.
„Du hast mir gar nichts zu sagen, Schlampe!"
Ich hielt ihm das Messer bedrohlich nah an seine Kehle. „Oh doch, oder ich rufe jetzt die Polizei und sie verhaften dich!"
„Okay, schon gut, ich hau schon ab!" Er rappelte sich auf und ging rückwärts aus dem Hof.
Als er weg war, warf ich das Messer in eine Ecke und ging langsam zu dem Mädchen. „Hey, ist alles in Ordnung, hat er dir etwas getan?"
Sie saß an die Wand gelehnt da und weinte. Als Antwort auf meine Frage schüttelte sie bloß ihren Kopf.
„Soll ich dich nach Hause bringen?", fragte ich. Ich konnte sie nicht einfach hier alleine sitzen lassen.
Sie hob vorsichtig ihren Blick und musterte mich, dann nickte sie zaghaft.
Ich half ihr beim Aufstehen und führte sie zu meinem Auto. Sie setzte sich auf den Beifahrersitz und als ich hinter dem Steuer saß, fragte ich: „Wo wohnst du denn?"
Stockend gab sie mir ihre Adresse und ich fuhr los. Sie stand unter Schock und um sie ein bisschen abzulenken fragte ich sie nach ihrem Namen.
„Liv!", antwortete sie und sah aus dem Fenster.
„Schöner Name, ich bin Lila!"
Darauf antwortete sie nicht und ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte also schwiegen wir. Liv sah so hilflos aus und ich wusste nicht, was ich tun konnte.
Schließlich kamen wir vor einem großen Haus an, es war so luxuriös wie das von meiner Familie.
„Ist es das?", fragte ich und sah sie erstaunt an.
Liv nickte und ich fuhr in die Einfahrt.
„Soll ich dich noch zur Tür bringen?", bot ich an. Sie war noch ziemlich wackelig auf den Beinen und der Schock stand ihr noch ins Gesicht geschrieben.
„Ja bitte!", sagte sie mit leiser und zitternder Stimme.
Daraufhin stiegen wir aus und ich stützte sie auf dem Weg zur Tür. Ich klingelte und nach einer Weile wurde die Tür aufgemacht. Als ich sah, wer sie öffnete, wäre ich am liebsten umgekehrt aber das durfte ich jetzt nicht.
„Liv, was ist denn passiert?", fragte Luke besorgt, dann sah er mich. „Lila?"
Liv sprang Luke in die Arme und schluchzte an seiner Brust. Er schlang seine Arme um ihren zierlichen Köper und hielt sie fest.
Ich musterte Luke, seine braunen Haare waren verwuschelt und er sah müde aus. Wahrscheinlich hatte er einen anstrengenden Tag gehabt.
„Willst du noch mit rein kommen und mir alles erklären?", fragte Luke und sah mich über Livs Kopf hinweg fragend an.
Ich überlegte, Liv sah nicht so aus, als könnte sie jetzt erzählen, was passiert war. Und Luke sollte es wissen. Also nickte ich und folgte ihm in die Küche.
Luke sah seine Schwester besorgt an, er hatte sie auf einen Stuhl gesetzt und machte ihr jetzt einen warmen Kakao.
Ich stützte mich mit den Armen an der Küchentheke ab und beobachtete Luke. „Liv wurde von einem Mann mit einem Messer bedroht, er wollte ihr Geld!", erzählte ich. „Wahrscheinlich war er obdachlos!"
„Liv, hat er dir irgendetwas angetan?", fragte Luke besorgt und wütend.
Liv schüttelte nur stumm den Kopf und sah auf den Tisch vor ihr.
Dann wandte Luke sich an mich. „Danke, dass du sie her gebracht hast, ich schulde dir etwas!"
Ich nickte nur und sah aus dem Fenster. Es war mir unangenehm, dass er sich bedankte.
Da klingelte mein Handy und ich ging dran.
„Lila, was war denn los?", fragte Sarah, ihre Stimme klang besorgt.
Ich hatte ganz vergessen, sie zurück zu rufen. „Alles okay, ich erzähle es dir morgen in der Schule!"
„Okay aber vergiss es nicht!" Dann legte sie auf und ich seufzte.
„Willst du noch zum Abendessen hier bleiben?", fragte Luke.
Ich sah auf die Uhr und seufzte wieder. Es war 18:30 Uhr. „Geht leider nicht, ich muss nach Hause!"
Er nickte und gab seiner Schwester die Tasse mit dem dampfenden Kakao.
„Ähm, bis morgen dann!", sagte ich zum Abschied und ging nach draußen zu meinem Auto. Wow, das war eine Begegnung mit Luke gewesen, ohne dass wir uns böse angestarrt haben.
Zuhause wartete meine Mutter schon auf mich und musterte mich erst ein Mal. Als sie keine Spuren von Alkohol oder so fand, nickte sie zufrieden. Ich rollte nur mit den Augen und sagte nichts dazu.
„Hast du schon ein Kleid für die Gartenparty?", fragte sie.
Ich nickte. Ja, es war weiß, schulterfrei, an der Taille lag es eng an und fiel dann locker die Beine hinab. Es reichte bis zu den Füßen und dazu würde ich weiße Highheels tragen. Es war echt ein traumhaftes Sommerkleid.
„Super, am Samstagvormittag bereiten wir alles vor und um 15:00 Uhr kommen dann die Gäste. Ich erwarte, dass du mir hilfst!", sagte meine Mutter und sah mich streng an.
„Ja in Ordnung, mache ich!" Ich ging in mein Zimmer und machte meine Hausaufgaben. Dabei fragte ich mich, wie es Liv wohl ging.
DU LIEST GERADE
Lila - nur die Zukunft zählt
Fiksi RemajaKennt ihr das, wenn ihr etwas tut und euch im Nachhinein wünscht, es doch nicht getan zu haben? Wenn ihr jemanden kennenlernt und euch im Nachhinein wünscht, einen großen Bogen um ihn gemacht zu haben? Lila hat Fehler in ihrer Vergangenheit gemacht...