Kapitel 4

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Die nächsten Tage sind mäßig verlaufen. Wir haben sogar Freunde gefunden. Es sind Kids. Sie leben auf der Straße, sind aber wirklich nett. Auch wenn die Vorurteile etwas anderes behaupten würden.

In einem langen Gespräch haben sie uns erzählt, wie sie auf der Straße gelandet sind und warum sie so gut überlebt haben. Wir sollen uns anschließen, empfiehlt man uns. Dies hat mich sehr nachdenklich gemacht, denn auf der Straße wären wir wirklich sicherer als in einem Hotel. Zwar ist der Komfort in einer dreckigen Gasse für uns zwei verwöhnten Stadtkinder nicht gerade sehr hoch, aber der Gedanke der Mörder meiner Familie könnte meine Schwester und mich finden, lässt einem Schauer über meinen Rücken laufen.

Später im Hotel:

Lena und ich sitzen in der Lobby und telefonieren mit einem Makler für ein Appartement in Frankfurt, da wir nicht ewig in einem Hotel wohnen können. Ich schaue mich um. Die Leute um uns herum sitzen, trinken Kaffee und unterhalten sich, alles wie gewohnt. Eine Gruppe von Männern fällt mir in der hinteren Ecke der Lobby auf. Sie sind einander vorgebeugt, sie flüstern wahrscheinlich. Einer der Männer schaut in unsere Richtung rüber. Ich spüre, wie mir ein mulmiges Gefühl im Bauch, den Magen verdreht. Irgendetwas scheint falsch zu sein, denke ich mir, da mein Instinkt mich nie trübt.
 
"Jelena wir müssen gehen."
Jelena total verwirrt, ziehe ich sie hin zur Treppe.
"Was ist l..", versucht Lena mich etwas zu fragen.
Ich aber unterbreche sie mit einem vorsichtigen leisem "ssh.."  Mein Blick wandert über meine Schultern hinweg, die Treppe hinunter. Ich packe Jelena am Arm und renne los, sodass meine Schwester fast über ihre eigenen Füße stolpert. An unserem Zimmer angekommen, sind Tür eingetreten. Als ich die Tür aufgeschoben hatte, habe ich gesehen wie alle unsere Sachen, Betten, Koffer, Schränke durchwühlt waren. Ich lasse mich bei diesem Anblick auf meine Knie fallen. Tränen schießen in meine Augen. Mein Kiefer voller entsetzten herunter geklappt.

"Wir müssen geh'n" , sagt Jelena zu mir. Ich lasse einen Schrei raus. Mein ganzer Atem, alle Luft, die ich zuvor in meine Lunge gefüllt hatte, ließ ich mit einem langen, verzweifelten, lauten Ton über meine Lippen gleiten.
"Wohin jetzt?", frage ich meine Schwester verzweifelt. Sie schaut mir tief  in die Augen. Ich kann ihre Pupillen durch den wässrigen, verspiegelten Augapfel kaum erkennen, doch weiß ich was Lena mir mit diesem Blick sagen will.

Das Mädchen vom russischen MafiabossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt