Das Tor zu einer neuen Welt.
Unzählige Menschen, ihre Schritte, rastlos, ungleichmäßig, hektisch.
Ihre Stimmen, von allen Seiten, doch nirgendwo, lullten mich ein.
Die Buchstaben über mir verschwammen von Zeit zu Zeit, immer wieder musste ich mich neu konzentrieren. Mein Kopf war voll, jegliche Szenarien spielten sich darin ab, um sich gleich wieder aufzulösen. Zwischen all den weißen Buchstaben auf der großen Anzeigetafel suchte ich meinen Flug. Nervös klammerte ich mich an meinen kleinen, schwarzen Koffer, wessen Lack noch glänzte und darauf wartete, endlich Kratzer zu bekommen.
Ich blickte mich um, in der Gewissheit meine Eltern zwischen den Köpfen der anderen zu sehen, so war es auch. Die Buchstaben spiegelten sich in ihren glasigen Augen, doch ihre Mundwinkel zeigten, wie sehr sie sich für mich freuten.
Mein Blick fiel erneut auf die Tafel, endlich entdeckte ich ihn, meinen Flug.
Seoul, Südkorea/ Gate 3/ Abflug: 11.40 Uhr
Nun mit dem Wissen, das ich brauchte, kämpfte ich mich durch den Strom an Menschen, klammerte mich dabei fest an meinen Koffer, damit keiner von uns umgeschmissen wurde.
Immer wieder verschwand der Wuschelkopf meines Bruders, den ich seit einiger Zeit nicht gesehen hatte und nun wieder einige Zeit nicht sehen würde, hinter den Köpfen der anderen Menschen.
Schnell zwängte ich mich gegen den Strom, zu meinen Eltern herüber. Als ich sie erreichte, tätschelte mein großer Bruder mir, der neben seinem Musikstudium tatsächlich Zeit für mich gefunden hatte, den Kopf. Ich fühlte mich wie das Küken im Nest, jetzt wollten sie mich alle beschützen, kurz bevor mein Flieger nach Seoul, der Fahrschein in eine neue Welt, abhob. Um genau zu sein, in einer halben Stunde.
Langsam, träge, wie durch zähe Wolken machten wir uns zu dem richtigen Gate auf, um uns die letzten Plätze zu ergattern. Meine Gedanken schweiften immer wieder ab, durch die großen Glasscheiben, ins nichts. Ich wusste in dem Moment, wohin mein Verstand wollte, er suchte etwas, oder hatte etwas gefunden, von dem ich noch nichts wusste.
„Wir werden dich vermissen", quetschte sich die Stimme meiner Mutter in meinen Kopf. Unwillkürlich sah ich zu ihr und lächelte in ihre traurigen Augen.
„Ich euch auch. Es wird alles anders sein, mich erwartet ein neues Leben dort. Aber es ist ja nicht für immer, in drei Monaten bin ich schon wieder da. Die Zeit wird schneller vergehen, als wir alle denken."
„Drei Monate sind lang!", entgegnete mein Vater.
„Wenn sie erstmal angebrochen sind, sind drei Monate nichts."
Ich warf meinem Bruder einen dankbaren Blick zu, denn meine Eltern, die gerade wieder Einspruch erheben wollten, schwiegen.
Er verstand meinen inneren Kampf. Ich werde meine Familie wirklich vermissen, sie bedeuteten mir viel, doch gleichzeitig war es auch meine Chance- mein erster großer Auftrag als Stuntfrau. Vielleicht würde ich es ja schaffen, irgendwann meine Leidenschaft zu einem angesehenen Beruf zu machen.
Auch wenn es gefährlich war, liebte ich es zu sehr, um irgendwas anderes zu machen. Dies war nun mein erster Auslandseinsatz, der erste Schritt um irgendwann ganz groß zu werden.
Mein Fokus schwamm irgendwo zwischen Realität und Gedanken, bis ich die Bewegungen um mich wahrnahm und zurück ins hier und jetzt ruderte.
„Zwerg, der Gate ist offen." Symbolisch, um mich zu verabschieden, erhob er sich langsam und breitete seine Arme auf, um dann etwas in die Knie zu sehen. Ich boxte ihm in Bauch, worauf er sich gefakte krümmte und anfing zu lachen.
Schon seitdem ich geboren bin, zog er mich damit auf, dass er gut zwei Köpfe größer war. So zog ich mich also an ihm hoch und umarmte ihn fest.
„Werde dich vermissen, Schneewittchen. Besonders das hier", seufzte ich.
„Ich doch auch, aber genieß deine Zeit. Vielleicht findest du ja jemanden, der das mit dir macht."
Natürlich bemerkte ich seine Pedo-Braue. „Tut mir leid, kann dich nicht hören und sehen, bist zu weit oben." Mit gemischten Gefühlen drehte ich mich zu meinen Eltern und umarmte sie innig. Sie sahen mich ein letztes Mal aufmuntert an, bevor ich mich zwischen die Leute quetschte.
„Mach's gut!", riefen sie noch. „Macht's besser!", antwortete ich, doch nahm an, dass es zwischen den anderen unterging.
Nervös kramte ich meine Papiere, sowie mein Ticket heraus und drückte es der etwas mies gelaunten Frau vor mir in die Hand. Als ich meinen Ausweis aus dem Augenwinkel sah, schlug mein Herz ein Stück schneller.
„Den müssten Sie aber Mal wieder erneuern", grummelte sie, gab mir dann aber alles wieder und ließ mich passieren. Mit einem tiefen, erleichterten Seufzer grinste ich das Bild, das junge Mädchen mit braunen, brustlangen Haaren an, um mir darauf mein Bandana zu richten, welches meine grauen Haare zusammenhielt. Kurz warf ich einen Blick auf die geordneten Buchstaben neben dem Blick:
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Adrenalin- Holi in the Air (BTS/Namjoon FF)
FanficAd•re•na•lin /Adrenalìn/ Substantiv, Neutrum [das] Das Gefühl, wenn dein Herz bis zum Hals pocht, der ganze Körper bebt. Dein Gehirn, wie in Watte gepackt ist, du nicht mehr fähig bist, einen klaren Gedanken zu fassen. Du am liebsten Rennen möchtest...