A/N: Dieses Kapitel widme ich der lieben @Nicolelessa da sich ihre Begeisterung für Brücken so ziemlich in Grenzen gehalten hat :)
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Von: unsichtbar@nebelgrenze.com
An: felicitas.707@bluewin.com
Betreff: ...
Liebe Felicitas
Ich weiss gar nicht recht was ich sagen soll. Wie geht es dir?
Ich hab auf mein letztes Mail keine Antwort erhalten und ich mache mir Sorgen um dich. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht gerade einfach ist für dich, trotzdem wäre ich sehr froh, von dir zu hören.
Pass auf dich auf!
Nina
Ich schaue auf die paar Zeilen und weiss nicht, was ich noch schreiben soll. Ich kann ja schlecht sagen, dass ich von Damian erfahren habe, dass sie noch einmal im Krankenhaus war. Ich muss mich sozusagen unwissend stellen, auch wenn ich sie am liebsten gerade heraus darauf ansprechen würde.
Ich klicke seufzend auf Senden.
Nachdem ich meinen Laptop lange genug gedankenverloren angestarrt habe, beschliesse ich etwas spazieren zu gehen. Ich versuche mir nichts Explizites auf meinem Weg vorzustellen, um zu sehen, wohin mein Unterbewusstsein mich leitet.
Ich gehe an Rapsfeldern, Wildwiesen und Obstplantagen vorbei. Ich geniesse den wunderschönen Weg, doch es treibt mich weiter. Auf ein unbestimmtes Ziel zu. Lange gehe ich, ich kann nicht mehr sagen, wie lange ich schon unterwegs bin, denn die Zeit spielt keine Rolle. Das Einzige, das eine Rolle spielt, sind meine Gefühle, die sich mit der Landschaft wechseln.
Die Sonne steht schon hoch, als ich in ein kleines Birkenwäldchen gelange. Neben den Birken finde ich auch Kiefern und Lärchen. Das Wäldchen fühlt sich traumhaft und friedlich an.
Nach einiger Zeit gelange ich auf eine grössere Lichtung, auf welcher wilder Salbei und Lavendel wächst. Ich stehe da, betrachte die Wilde Natur und weiss, dass ich angekommen bin. Es ist Zeit umzuziehen. Dies hier, ist mein Platz!
Ich setzte mich inmitten der Lichtung auf den Boden und schliesse die Augen, lasse den Ort auf mich wirken. Ich sehe eine kleine Holzhütte, mit Veranda. Die Hütte selber ist einfach eingerichtet. Ein Holzherd im Wohnraum, der zugleich als Küche dient, ein Schlafzimmer und eine kleine Vorratskammer, gleich neben der Toilette.
Ich öffne meine Augen und betrachte mein Werk. In Wirklichkeit sieht es fast noch heimeliger aus, als in meiner Vorstellung. Auf der Veranda platziere ich zwei Schaukelstühle und eine Schaukel aus Holz. Hängepflanzen, die an den Holzbalken befestigt sind, machen den Anblick noch lebendiger.
Meine Mundwinkel verziehen sich nach oben, wenn ich daran denke, wie ich River mein neues Zuhause zeige. Ich weiss, dass er es lieben wird!
Ich gehe die paar Schritte bis zu meiner Veranda rüber und setze mich auf die Stufen. Der Ort strahlt einen Frieden aus, den ich mein Leben lang vermisst habe. Ich schliesse die Augen und geniesse die Stille. Abgesehen von den Vögeln im Wald ist nichts zu hören. Es ist bemerkenswert, wie die Vögel auf den Feldern anders klingen, als des Waldes.
Irgendetwas stört die vollkommene Ruhe. Ich öffne meine Augen und suche den Waldrand am Ende der Lichtung ab. Dort steht Jemand. Bei näherem Hinsehen, kann ich Marlon erkennen.
Mit etwas gemischten Gefühlen zwar, da ich jetzt schon die verlorene Ruhe vermisse, winke ich näher. Trotzdem freue ich mich, ihn zu sehen.
„Hey Marlon! Was tust du denn hier?"
„Ich wollte nachsehen, was hier im Gange ist. Du weisst, ich wohne in meiner Hütte am Anfang des Waldes. Frag mich nicht, wie ich dich gefunden habe. Nenn es Intuition." Grinst Marlon.
Er setzt sich neben mich und lässt seine Augen eine Weile umherschweifen. „Schön ist es hier. Friedlich. Hast du vor umzuziehen?"
„Wie hast du das nur erraten!" meine ich amüsiert und fahre dann ernster fort: „Es ist Zeit das Ambiente unter den Brücken einzutauschen. Es passt nicht mehr."
Marlon schaut mich eine ganze Weile an, ohne etwas zu sagen, bis er endlich den Mund öffnet: „Das ist gut. Das ist ein gutes Zeichen." Sein Blick wandert zum Wald hinüber, wo er sich zwischen den Bäumen verliert. „Ich hab einen Brief geschrieben an die zwei wichtigsten Personen in meinem Leben. In meinem früheren Leben. Ich werde ihn heute Nachmittag noch... übermitteln."
„Das ist doch gut!"
„Ich hoffe es. Ich bin mir noch nicht sicher, ob er das bewirken kann, was ich mir wünsche, aber wir werden sehen."
„Ich hoffe es für euch, Marlon! Wie willst du ihn denn übermitteln? Nicht normal mit der Post?"
„Nein... besondere Umstände, erfordern besondere Mittel... oder wie ist dieser bescheuerte Spruch gegangen?" Wieder einmal lässt Marlon sein schiefes Grinsen sehen. „Ich wollte dir nur sagen, dass du es warst, die mich dazu animiert hat, das Ganze endlich anzupacken." Marlon wendet seinen Blick wieder zu mir. „Hast du River deinen neuen Platz schon gezeigt?"
„Nein, noch nicht. Aber das werde ich. Morgen sehr wahrscheinlich. Heute will ich mich noch fertig einrichten hier und dann möchte ich ihn überraschen." Ich kann mir bei der Vorstellung von Rivers Gesicht ein Grinsen nicht verkneifen.
„Ok... dann lass ich dich mal werkeln hier. Falls du was brauchst, findest du mich am Waldrand wenn du in diese Richtung gehst." Nachdem Marlon in die Richtung zeigt, in der sich seine Hütte befindet, verabschiedet er sich mit einer kurzen Umarmung und macht sich davon.
Ich schaue ihm nach und bleibe noch ein wenig in Gedanken versunken sitzen. Ich hoffe wirklich, dass er mit seinem Brief etwas bewegen kann. Ich weiss, dass es wichtig für seinen Seelenfrieden ist.
Wie ich hier so sitze, spüre ich, dass es an der Zeit ist, mich endlich um mich selber zu kümmern.
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Mails hinter die Nebelgrenze #IceSplinters18 #teaaward2018 #GoldenAward_2018
General FictionEine Sekunde. Eine klitzekleine Sekunde, die alles beendet. Die alles auf den Kopf stellt. Nina war eigentlich recht zufrieden mit ihrem Leben. Bis zu diesem Moment, der alles verändert, dem Moment, der sie aus dem Leben reisst. Wie soll sie dami...