5. Kapitel

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Vorsichtig betrat Marietta morgens Ians Zimmer und schlich an sein Bett. Doch, was war das! Ian war nicht da! Marietta erkannte, dass diese Situation peinlich für sie werden konnte, da war es auch schon passiert: Jemand betrat das Zimmer. „Marietta“, sagte Ian, beängstigend ruhig, „ du hast wohl Talent dazu, in mein Zimmer einzudringen.“ Marie wirbelte herum. „Ääh…ich hatte Hunger.“ „Ist das ein Grund in mein Zimmer zu kommen? Geh in die Küche, wenn du Hunger hast“, nörgelte Ian schnippisch. Marietta nickte langsam und wollte ihm einen Kuss geben, doch Ian drehte sich weg und so verliess sie mit schwirrendem Kopf das Zimmer. Verwirrt irrte sie durch die Gänge um die Küche zu finden.

Wieso ist Ian so schnippisch? Gestern war er noch so süss zu mir. Hat er das mit dem Paar etwa doch nicht ernst gemeint? Hat er es etwa vergessen? Nein, so etwas vergisst man nicht einfach. Lohnt es sich wirklich, dass ich hier bin?

„Was tust du hier“, herrschte sie ein Koch an, als sie die Küche betrat. Sie bereute ihre Entscheidung augenblicklich. „Ich habe mich verlaufen“, stotterte sie und verliess den Raum. Hinter ihr hörte sie den Koch in einer seltsamen Sprache fluchen. Sie flüchtete in ihr Zimmer und warf sich aufs Bett. Ich halte das nicht aus. Ich muss hier weg. Ich hätte das alles auf mich genommen, wenn Ian nett zu mir gewesen wäre. Gestern war er ja auch nett aber heute ist er so komisch. Sie stand auf und schwamm zum Waschraum. Sie wusch sich das Gesicht und während das heisse Wasser über ihr Gesicht lief, rannen ihr Tränen aus den Augen. Traurig trottete sie zurück in ihr Zimmer, auf dem Weg begegnete sie Ian. Sie blieb stehen, in der Hoffnung, dass er sich für sein benehmen entschuldigen würde. Doch er starrte sie nur an, blinzelte ein-zweimal, drehte sich wortlos um und verschwand. Nun waren Mariettas Tränen keinen Halt mehr zu bieten. Mit geschwollenen Augen stürmte sie in ihr Zimmer, liess sich erneut auf ihr Bett plumpsen und heulte hemmungslos in ihr Kissen. Sie fühlte sich betrogen. Abserviert. Alleine. Es schien, als hätte all das Glück das sie Gestern verspürt hatte, sich auf einmal in eine Wolke der Trauer verwandelt und sich gegen  sie gestellt. Marietta beschloss, Ian zur Rede zu stellen, sie hatte lange genug gewartet. Sie hastete in sein Zimmer. „Ian!“, sagte sie und versuchte ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen, „Liebst du mich?“ Er sah sie an, zuerst schien es als wolle er nicken, doch plötzlich lief ein Schauer durch ihn und er schüttelte langsam den Kopf.

Wutentbrannt stürmte sie in ihr Zimmer und wollte ihre Sachen packen, doch da ertönte ein Schrei: „Wir werden angegriffen!“ Plötzlich trat Ian ein, packte wortlos ihr Handgelenk und rannte mit ihr aus dem Raum. Gemeinsam hasteten sie zu einem Gang, der wie eine Treppe gebaut war. „Komm“, hetzte Ian. Sie rannten hinauf und Ian führte sie in einen Raum, von dem aus man den ganzen Palast und auch die Umgebung erblicken konnte. Ihr versagte die Stimme, was sie sah war überwältigend. Hunderte Nixen stürmten auf den Palast zu, an deren Spitze die Nixe aus Mariettas Traum. Schlagartig begann Marietta zu zittern. Ian sah sie an und sie meinte, Sehnsucht in seinen Augen erkennen zu können. „Wir müssen gehen“, sagte er barsch und zog sie die Treppen wieder hinunter. Sie folgte ihm widerspruchslos und schliesslich stand sie mit ihm in einem Raum, der mit Waffen vollgestopft war. „Nimm das und komm mit“, forderte Ian sieh auf und gab ihr ein grosses Schwert. „Ian?“, keuchte Marietta, „Was wollen die von uns?“ Sie wollte sich von Ian umarmen lassen, damit sie sich besser fühlte, doch er drehte sich weg und nahm eine Harpune zur Hand. Sie rannten wortlos zu den Toren des Palastes, die gänzlich durchsichtig waren. Entsetzt starrte Marie auf das Schlachtfeld vor ihnen. Die Kanali waren ebenfalls zum Angriff bereit und lieferten den Nixen einen erbitterten Kampf. Die Nixe aus Mariettas Traum war nirgends zu sehen. Sie sah Ian von der Seite an. „Was jetzt?“, fragte sie ihn. „Wir gehen diese Nixe suchen. Ich bin sicher, dass sie meine Mutter entführt hat.“ Und meinen Vater hat sie vermutlich auch. Marietta nickte langsam „Und wo ist sie?“ Ian zeigte mit seinen grünen Händen auf ein Zelt in der Ferne. Sie folgte ihm wortlos durch die Gänge.

Sie rannten an kämpfenden Soldaten vorbei. Überall lagen reglose Körper herum, doch Marietta konnte nicht erkennen ob es sich um Kanali oder Nixen handelte. Schliesslich standen sie vor dem Zelt, auf Zehenspitzen schlichen sie in den Raum, dort stand Kremea mit dem Rücken zu ihnen. Ian bedeutete ihr, sich ruhig zu verhalten. Er schlich zu Kremea doch in dem Moment, in dem er sie hätte schlagen können, drehte sie sich um. In ihrer Hand, ein Schwert welches grünlich schimmerte. „Ich hab euch schon erwartet“, sagte sie mit eiskalter Stimme, „willkommen in meinem Palast, eine Schande, dass ihr ihn nicht lebend verlassen werdet.“ Mit diesen Worten liess sie ihr Schwert auf Ian zu sausen. „Nein!“, schrie Marietta und stürzte sich auf Kremea. Verwundert sah sie auf, was Ian Zeit gab sich wegzurollen und erneut seine Harpune zu schwingen. „Wo hast du meinen Vater gelassen“, fragte Marietta zähneknirschend während sie mit Kremea die Schwerter kreuzte. „Du wirst ihn nie finden, ich werde dir sein Versteck nicht verraten.“ „Dann sollst du sterben!“, brüllte Marietta und drosch mit all ihren Kräften auf Kremea ein. Ian kam ihr zur Hilfe. Gemeinsam konnten sie Kremea in eine Ecke drängen und Marietta hielt ihr Schwert an Kremeas Hals. „Willst du uns vielleicht jetzt etwas sagen?“, zischte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Doch Kremea verriet nichts und sie schien auch keine Angst zu haben. Sie lachte und ihre Augen blitzten so kalt wie nie zuvor. „Ihr Narren, in diesem Moment sind eure Truppen dabei, gegen meine zu verlieren ihr werdet nichts erreichen, ni…“, weiter kam sie nicht, Ian schnitt ihr das Wort ab, indem er ihr seine Harpune in ihre Brust stach. Sie holte nach Luft und löste sich einfach in Luft auf. „Wie…“, stotterte Ian. Dann schien er zu verstehen. „Dies war nur ein Klon! Die echte Kremea, sitzt vermutlich in ihrem Schloss und lacht sich kaputt.“ Marietta sah ihn bestürzt an, war dies alles umsonst gewesen? Ein Geräusch liess sie herumfahren. In dem Eingang standen zwei maskierte Wachen mit langen Speeren in der Hand. „Wo ist sie?“, fragte einer barsch. Marietta wich zurück doch nun ertönte auch hinter ihr ein Geräusch. Sie wirbelte herum, hinter ihr standen zwei weitere Wachen und musterten sie wütend. Mit einem Schlag wurde Marietta klar, dass sie dieses Zelt niemals lebend verlassen würden und ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken, Kremea hatte alles geplant. Ian blickte sie aus den Augenwinkeln an. Er ballte seine Hand zu einer Faust und bedeutete Marietta damit, dass sie sich nicht geschlagen geben würden. Er zeigte ihr drei Finger und zählte ab. Bei drei stürzten sich die Beiden auf die Wachen, die den Eingang versperrten. Sie konnten sie zurückdrängen, doch Marietta wurde an der Schulter verletzt. „Ian“, keuchte sie als der Weg frei war, „ Du…warst super…ich war…einfach nicht schnell genug…es tut mir leid.“ „Nein!“, keuchte Ian und machte Anstalten, sie zurück zum Palast zu tragen.

An den Rückweg konnte sich Marietta kaum noch erinnern. Sie bemerkte, dass die Kämpfe aufgehört hatten, die Kanali jubelten. Das musste bedeuten, dass sie gewonnen hatten. Überall wo Ian mit ihr vorbeikam, hörte der Jubel auf und alle starrten ihren Prinzen mitfühlend an. Als sie in den Palast eintraten, begann Mar0iettas Sicht unscharf zu werden. „Ian“, stöhnte sie. Er stoppte nicht sondern lief zügig weiter. „Ich kann es schaffen“, murmelte er, mehr um sich selbst überzeugen zu können. Er erreichte den Krankenflügel doch Marietta in seinen Armen wurde immer schwächer. Er legte sie in ein Bett und kniete sich neben sie. „Alles wird gut“, flüsterte er. Doch Marietta wusste, dass er selbst nicht wirklich davon überzeugt war. „Ian...es ist ok...such deine Mum, wenn…wenn mein Vater dabei ist…sag ihm, dass…dass es mir leid tut...sag ihm, dass ich ihm verzeihe.“ „So darfst du nicht sprechen, alles wird gut“, sagte Ian. Marietta stöhnte, ihre Schulter schmerzte. Vor ihren Augen begann Ian zu weinen. „Marietta! Verlass mich nicht, du bist das erste Mädchen, dass ich wirklich mag. Bitte geh nicht Marietta, ich liebe dich!“ Dann schlossen sich Mariettas Augen und alles um sie herum wurde schwarz.

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