Picture Perfect

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Nach einer super langweiligen Doppelstunde Mathe begab ich mich in den hinteren Teil des Gebäudes zu den Kunst und Musikräumen.
Aus dem Raum des Schauspielkurses waren Stimmenübungen zu hören, aus dem des Musikraums klang weiches Gitarrenspiel. Am Ende des Ganges fand ich dann endlich den Kunstraum. Der Geruch von Acrylfarbe und Papier durchströmte meine Nase. Es war ein heller Raum, der an einer Seite komplett verglast war. An den Wänden hingen verschiedene Fotografien, die von einer jungen Frau gemustert wurden. Außer uns beiden war noch niemand im Raum.
Ich sah sie fragend an, hatte ich mich im Raum geirrt? "Bin ich hier richtig im Kunstkurs von Frau Swan?" sagte ich leise um sie nicht allzu sehr zu stören. Sie sah mich an und machte ein nachdenkliches Gesicht: "Wie ist dein Name?" "Lana." "Also, Lana." Sie sah mich immer noch an. "Was kannst du mir über diese Bildreihen erzählen und darüber, wie sie entstanden sind?" Ich betrachtete die beiden Bilderserien, die jeweils aus drei Bildern bestanden. "Die Aufgabe war, Architektur darzustellen. Was meinst du, was gefällt mir als Kunstlehrer wohl besser?" fügte sie hinzu. Ich sah sie kurz: "Geschmäcker sind sehr verschieden.", betrachtete dann die Fotografieren. "Ich denke aber Ihnen gefallen diese hier besser." ich zeigte auf die Bilderserie von Strommasten, einer eisernen Brücke und Eisenbahnschienen. "Der Fotograf hat sich mehr mit der Aufgabe beschäftigt. Bahnschienen sind zwar nicht das erste; was man in Architektur einordnen würde, aber sie passen sehr gut in die Serie. Alles ist eisern, kantig und symmetrisch. Die Bildausschnitte sind gut und sehr interessant gewählt; der Fotograf hat ungewöhnliche Blickwinkel benutzt. Der Fokus liegt insgesamt nur auf der Architektur, nichts stört." Frau Swan nickte. "Die andere Serie hat mehr den Stil einer Postkarte. Es ist nett, aber es sieht aus, als wäre der Fotograf wahllos durch den Ort gefahren und hätte ein paar Schnappschüsse gemacht ohne darüber nachzudenken."
Ich sah Frau Swan wieder an. Sie nickte wieder:" Sehr gut, Lana." sie lächelte mich an. "Ich freue mich, dich in meinem Kurs zu haben."

Die Glocke leutete und Stück für Stück eilten Schüler zu ihren Plätzen. Auch ein Rotschopf mit leuchtend roten Lippen nahm Platz. Cheryl hatte ich eher im Schauspielkurs erwartet mit ihrem Hang zu Drama. Sie saß ganz allein, nicht umringt von einer Schaar Stammriver Vixens wie sonst. Kunst musste ihr sehr wichtig sein, wenn sie ihre schützenden Hündchen dafür zurück ließ.
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Frau Swan lief mit einem Leinenbeutel durch die Reihen, jeder Schüler zog daraus einen kleinen Zettel mit einem Namen drauf.
Die Aufgabe für die kommenden Wochen war, jemanden aus dem Kurs anonym zu porträtieren. Den Stil und die Mittel konnte man sich aussuchen, es sollte allerdings nicht beleidigend sein.
Viele waren glücklich über ihre Muse, einige aber auch nicht so. Mein Blick fiel auf Cheryl, die nahezu angewidert auf ihren Zettel schaute. "Bitte Miss Swan, ich möchte tauschen!" flehte sie Swan an, die gereizt verneinte.

"Reggie Mantle" stand auf meinem Zettel. Er war ein Freund von Archie, ein wandelndes, football spielendes Cliche. Er war groß, hatte dunkle Haare und war wahrscheinlich ein richtiger Mädchenschwarm.
Es würde nicht sehr schwer sein, jemand extrovertierten wie ihn darzustellen.

Bild: https://goo.gl/images/DHTv95

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