Nach langer Zeit melde ich mich mal wieder. Diesmal ist es kein Text von mir, sondern einer aus dem Buch "Poetry Slam" von designatedguys.
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Weißt du,
es ist drei Uhr morgens,
oder so,
ich weiß nicht so genau.
Ich erinnere mich an die Zeit,
in der ich noch keine Uhr lesen konnte,
und immer auf die Hilfe anderer angewiesen war.Ich erinnere mich genau daran,
als mein größtes Problem war,
den zweiten Barbieschuh zu finden,
weil er mal wieder verschwunden war.Ich erinnere mich,
wie ich nach Großmutters Tod
Rotz und Wasser geheult habe,
weil ich wusste,
dass sich das so gehörte.
Ich hatte doch keine Ahnung vom Tod
oder dem, was danach kommt.Ich hatte keine Ahnung von
Bürgerkriegen
oder Flüchtlingsströmen,
ich hatte keine Ahnung von Harry Potter
oder Michael Jackson oder Nirvana oder den Rolling Stones.Ich kannte nicht den Text zu Smoke On The Water
oder Smells Like Teen Spirit,
aber ich hatte Ahnung über die Barbapapas,
und darüber hätt' ich Stunden diskutieren können.Ich hatte keine Ahnung von meiner epischen Ader,
mit der ich Goethes Texte in die Generation Plus umsetzte.
Wusste nicht,
wann der Anfang in den Hauptteil in den Schluss überging.Ich dachte, dass man Liebe in Form von Zimtschnecken
und Kokusküssen weitergab.
Dachte, die lange Ehe meiner Eltern sei selbstverständlich.Aber manchmal bemerkt man etwas erst,
wenn es nicht mehr da ist.
Wenn es nie da war und plötzlich den Platz
von etwas Wichtigen einnimmt.
Manchmal hört man mitten in der besten Phase auf,
weil man weiß, dass alles spätere schlechter sein wird.
Und manchmal kostet man die Sekunde bis ins letzte aus,
schnuppert an der Luft,
will sie in ein Marmeladenglas stecken und immer daran riechen, wenn es einem schlecht geht.Die zwei schlimmsten Dinge meiner Kindheit,
Steichen von Kindergeburtstagen und Hausarrest,
wurden zu meinen Hobbys.Das WLAN wurde plötzlich mein bester Freund und
die Familienversammlungen der Tiefpunkt meines Lebens.
Ich dachte plötlich sinnlicher über Shakespeares Worte nach,
bemalte meine Chucks und hörte Musik,
die dem Winnie Pooh Banner so gar nicht ähnelte.Ich dachte über Tod und Leben nach,
über Himmel und Hölle,
über Arm und Reich.
Verschenkte meine Zeit an die Gedanken,
die mir früher niemals in den Sinn kamen.Und wenn du mich heute fragst,
wann man erwachsen ist,
dann werde ich sagen:
Wenn du anfängst,
über den Tod nachzudenken.