Siebzehn

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Die nächsten Minuten kamen Scarlett nur wie ein böser Traum vor. Wie sie zu den Fahrzeugen stürmte und den Schlüssel zum Pick-Up hervorholte. Wie sie zu den Felsen am Fluss raste. Wie sie die Böschung runterstolperte und nur Katy und ihr Junges da waren.

Wie sie zu dem Zaun an der Grenze rannte und zu ihrem Entsetzen feststellen musste, dass jemand ein riesiges Loch hineingeschnitten hatte.

Von da an geisterte ihr nur noch ein Satz im Kopf herum.

Die Wölfe waren weg.

Die Wölfe waren weg.

Die Wölfe waren weg.

Als sie wie betäubt zur Klinik zurückfuhr, waren auch schon zwei Polizisten und Andrew anwesend.

Immer noch geschockt erzählte sie was passiert war. Andrew wollte sofort los und sie sich suchen, aber einer der Polizisten hielt ihn zurück.

"Wenn Wildtiere aus einem Park ausbrechen ist es Aufgabe der Polizei die Sache wieder unter Kontrolle zu bringen.", erklärte er ausdruckslos.

Scarlett hätte am liebsten geschrien. "Sie meinen damit, es ist Ihre Aufgabe die Wölfe zu erschießen!" Immer noch verzog der Cop keine Miene.

"Wenn das unser Befehl ist, Miss. Warten wir erst mal ab. Wir haben Verstärkung gerufen. Wir versammeln  uns alle hier und warten auf Anweisungen von den hohen Tieren."

Wenig später war der Park mit Polizeiwagen übersät. Ein paar versuchten Andrew auszufragen, wo die Wölfe wohl am ehesten hingegangen sein konnten, aber er wusste genauso gut wie Scarlett, dass sie die Wölfe bei Gelegenheit erschießen würden. Und die Gewehre, die jeder der Cops bei sich trug, verstärkte ihre Vermutung nur.

Scarlett spürte, wie ihr Galle die Kehle hochkroch. Sie durften die Wölfe nicht umbringen.

Als dann noch ein Polizeiwagen stehenblieb und Scarlett sah, wer da in Uniform und mit Waffe ausstieg, gab es ihr den Rest.

"Alec?", fragte sie ungläubig. Er blickte ihr im gleichen Moment entgegen. Als könnte er ihre Enttäuschung spüren, sah er sie traurig an und kam langsam auf sie zu.

"Scarlett, ich..." Sie trat genauso viele Schritte zurück, wie er auf sie zu machte. "Sparen Sie es sich, Officer. Sie sind mir wirklich keine Erklärung schuldig." Diesmal kamen ihr wirklich die Tränen.

Warum war ihr dieser Idiot nicht egal? "Scarlett, bitte!" Er ging wieder mehr auf sie zu. Als er nochmal ihren Namen sagte, passierte etwas in ihr. Ihre Traurigkeit, ihre Enttäuschung ... Alles wandelte sich in brennende Wut.

"Passen sie auf, Officer Moore. Es ist mir egal, ob Sie mich dafür festnehmen können. Aber wenn Sie oder Ihre Kollegen den Wölfen auch nur ein Haar krümmen..." Er beendete ihren Redeschwall indem er sie in den Arm nahm.

Sie wollte ihn wegdrücken. Sie wollte schreien. Sie konnte ihre Tränen nicht mehr kontrollieren und ihr Protest ging nur noch in purer Verzweiflung unter.

Rotkäppchen (Märchenadaption)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt