ER

1

Dort sitzt er. Sieht mich mit seinen leeren und kalten Augen an, als würde er in diesem Moment ertrinken. Seine einst wunderschönen Augen waren voller Glanz, hatten Farbe, strahlten vor Freude. Doch jetzt haben seine Augen ihren Glanz verloren, sind kalt, leblos und leer. Seine Haare hängen herunter, er stylt sie schon seit längerem nicht mehr. Mir hat es jedes mal Spaß gemacht, mit meinen Händen durch seine wunderschönen Haare zu fahren. Sie zu verwuscheln. Strähne für Strähne zu drehen. Er hinterließ jedes mal einen sehr angenehmen Geruch. Er roch so vertraut, sanft und ließ meine Nase süchtig nach ihm werden. Und jetzt. Jetzt stinkt er, duscht sich nur alle paar Tage und hinterlässt eine Fahne die nach Schweiß riecht. Seine Haut war so sanft und weich, er hat sie sehr gut gepflegt. Sich sehr gut um sie gekümmert. Er hatte einen rosa Stich in seinem Gesicht. Seine Arme, muskulös, gebräunt und glatt, waren ebenfalls weich. Nun sind seine Arme übersät mit rosa und roten Strichen, zwischendrin sind einige verbleichte Narben aufzufinden. Seine Stimme. Seine Stimme war so wundervoll. Seine tiefe Stimme die brummt wenn er geredet hat. Seine sanfte Stimme. Seine Stimme hat mir jedes mal Gänsehaut bereitet. Seine Stimme hat mich süchtig gemacht. Süchtig nach seiner Stimme. Süchtig nach ihm. Seitdem er raucht ist seine Stimme kratzig. Jedes mal wenn er redet kommt es mir wie ein kreischen vor. Ein Junge der kreischt wenn er anfängt seine Stimmbänder zu benutzen um zu reden. Was ist nur aus ihm geworden? Was ist nur aus uns geworden? Warum ist er nur so geworden? Warum ist er nicht so geblieben wie früher? Warum? Warum? Warum?

Ich zerbreche mir den Kopf. Zerbreche meinen Kopf um ihm. Ist es das Wert? Nach alledem was er getan hat? Nach alledem was er mir angetan hat? Wie kam es dazu das wir uns so auseinander gelebt haben? Wir waren einst so glücklich. Hatten vieles zusammen erlebt. Hatten so vieles zusammen gelernt. Hatten uns Gegenseitig so stark geliebt. Ich liebe ihn insgeheim immer noch. Aber liebt er mich noch? Hat er nach unserem auseinander Leben dennoch Gefühle für mich?

Er sieht mich immer noch an. Schaut mich so an als würde er mich immer noch lieben. Liebt er mich immer noch? Ich würde alles geben damit wir wieder zusammen sind wie früher. Ich hasse es. Hasse ihn, mich selbst, uns. Ich hasse alles. Wir sind durch dick und dünn gegangen. Wir waren ein Dream-team. Er wusste alles von mir. Ich wusste alles von ihm. Wir waren wie Sonne und Mond. Wie Pech und Schwefel. Wir konnten nie ohne einander auskommen. wenn wir uns einen Tag nicht sahen, sind wir durchgedreht. Ein Tag ohne ihn war wie der Weltuntergang. Seine Nähe. Sie tat mir so gut.

Sie nahm mir jede Sorge, jede Verzweiflung. Ich vergaß alles in seiner Anwesenheit. Ebenso wie seine Küsse. Seine Küsse, mit seinen prallen vollen Lippen die eine rote Farbe hatten. Mir haben sie so gefallen, vor allem wenn seine Lippen auf meine waren. Er hinterließ ein Kribbeln in meinem Körper, ich bekam jedes mal Gänsehaut die lange nicht weg ging, kleine, leichte angenehme Stromschläge. Es explodierte jedes mal ein Feuerwerk in mir. Seine intensive Küsse waren so atemberaubend. Ich war süchtig. süchtig nach ihn, als wäre er eine Droge. Ich war Jahre lang abhängig von ihn. Er war das fehlende Puzzle teil in meinem Herzen. Er vervollständigte mich, er war das Licht in meiner Dunkelheit, die Leiter, die aus diesem Loch führte. Er. Nur er war's. Nur er war's, der mich aus diesem Loch geholt hat. Nur er war's, der meine dunkle und verdrehte Seele, wieder zum erhellen brachte. Er war der Weg im dichten Nebel. Ein Weg der für mich geschaffen war. Der Weg der mich zur Sonne gebracht hat. Aber jeder Weg führt wieder zurück in den Nebel, in die Nacht, ins dunkle und verdrehte. Er führte mich in den kalten Entzug. In den kalten Entzug meiner Lieblingsdroge, ihn. Er war es, der mich weiter in das Loch schubste. Er war nicht nur das Puzzle teil was verschwand, er nahm viele kleine Teile von mir mit. Hat sie an sich gerissen, hat gesagt, dass diese Teile von Anfang an ihn gehörten.