Comatose.
I'll never wake up without an overdose of
You.
Nachdenklich betrachtete Hinata die schlafende Gestalt ihrer besten Freundin. Sie wirkte so unschuldig, friedlich. Seit zwei Wochen schlief sie nun schon und hatte keine Anstalten gemacht, aufzuwachen. Seit dem Unfall vor zwei Wochen lag sie im Koma. Und Hinata kam sie jeden Tag Besuchen. Sie sprach mit ihr, sang ihr leise etwas vor, hielt ihre Hand. So auch jetzt. Ihre Finger krampften sich um die schmale Hand der Bewusstlosen. Jeden Tag kam sie hierher, in der Hoffnung, dass etwas geschehen würde. Dass sie aufwachen würde.
Und jeden Tag ging sie wieder, die Hoffnungen aufs Neue zerschmettert.
Eine einzelne Träne suchte sich ihren Weg über die Wange der Hyuuga, während ihr Blick über das blasse Gesicht glitt. Schmale, geschwungene Augenbrauen. Die zart lavendelfarbenen Lider, an deren Rändern sich lange, dunkle Wimpern befanden, die nun leichte Schatten auf ihre hohen Wangenknochen warfen. Hinatas glänzende Augen streiften über die leichten Augenringe, die schmale, feine Nase und blieben schließlich an ihren vollen Lippen hängen. Eine Mischung aus rosa und rot, eine Kombination, die keinen Lippenstift erforderlich machte. Sie hatte sich schon immer gefragt, wie ein Mensch nur einen solch sündigen Mund haben konnte. Ihre Lippen waren einen spaltbreit geöffnet und luden geradezu dazu ein, geküsst zu werden. Für einen kurzen Moment fragte sich Hinata, wie es wohl wäre, genau das einfach so zu machen. Waren ihre Lippen so weich, wie sie aussahen? Wie würde sie schmecken? Würde...
Panisch schüttelte sie den hochroten Kopf. Was dachte sie denn da? Das konnte doch wohl nicht angehen. Ihre Freundin lag im Koma und sie überlegte, wie es wäre, sie zu küssen?
‚Schäm dich, Hinata Hyuuga', tadelte sie sich selbst. Sie begann, leise vor sich hinzusummen, in der Hoffnung, dass sie die Bewusstlose so irgendwie erreichen würde. Doch es tat sich nichts. Genau wie die unzähligen Male davor tat sich nichts. Keine noch so kleine Veränderung.
Mit einem Seufzen schloss Hinata die Augen und versuchte, die Tränen zu unterdrücken. "Was soll ich denn ohne dich machen?", flüsterte sie mit belegter Stimme. Als sie die Lider wieder öffnete, fiel ihr Blick erneut auf das Gesicht des schlafenden Mädchens. Wie eine Puppe sah sie aus, mit ihrer blassen Haut, so leblos. Der ruhige Ausdruck auf ihrem Gesicht erinnerte Hinata an die unzähligen Märchen, in denen die schlafende Prinzessin vom Prinzen geküsst wurde und daraufhin aufwachte. Mit dem Unterschied, dass dieses Mädchen vor ihr keine Prinzessin war und auch nicht aufwachen würde, sollte sie einen Kuss erhalten. Die weißen, pupillenlosen Augen der Hyuuga wanderten wieder zu den einladenden Lippen. Und wieder verspürte sie diesen unstillbaren Drang. Aber sie konnte ihm nicht nachgeben.
Unsicher richtete sie sich auf, hob den Kopf.
Sie durfte es nicht.
Vorsichtig blickte sie sich um, ob nicht doch noch jemand in dem Raum war. Nein. Sie war allein. Allein mit einer Komapatientin. Langsam wandte sie sich wieder ihrer Freundin zu. Ihre Zungenspitze strich über ihre vor Nervosität trockenen Lippen.
Es gehörte sich nicht.
Aber... Es würde ja keiner bemerken...
Hinatas Finger krampften sich um die Hand ihrer Freundin, die sie auch jetzt hielt. Wie immer, wenn sie hier war. Sie schluckte schwer.
Zögernd beugte sie sich ein Stück weit vor, brachte ihr eigenes Gesicht näher an ihres. Ihr Duft schlug ihr entgegen, genussvoll atmete sie ihn ein. Auch nach zwei Wochen Krankenhaus roch sie noch immer gut. Eine Mischung aus Kirschen, Blumen und Zimt. Hinata liebte diesen Geruch. Sie hatte noch nie genug davon bekommen können. Wie in Trance näherte sie sich ihrem Gesicht immer weiter, die Augen halb geschlossen. Kurz, bevor sich ihre Nasenspitzen berührten, hielt die Hyuuga inne. Es war so falsch, was sie hier machte. Es war einfach nicht richtig. Und doch... Sie konnte nicht anders. Und es würde ja niemand merken. Sie biss sich fest auf die Unterlippe, während sie mit sich selbst haderte. Ihre Finger waren schweißfeucht und zuckten nervös, ihr Herz flatterte vor Aufregung wie ein verschreckter kleiner Vogel. Noch könnte sie zurück.
Es kam ihr so vor, als wären es Stunden, die sie so verharrte, über ihre Freundin gebeugt, ihre Finger umfassend, nur ein minimaler Abstand zwischen ihnen beiden. Doch in Wirklichkeit waren es nur Sekunden. Ihr warmer, sanfter Atem streifte Hinatas Gesicht und nahm ihr die Entscheidung ab.
Sich innerlich einen letzten Ruck gebend, beugte sie sich nach vorne und legte ihre Lippen auf die ihres Gegenübers.
Ohne es wirklich zu wollen, schloss Hinata die Augen. Ein leises Seufzen entfuhr ihr, als sie sich ganz auf das Gefühl konzentrierte, das sie in diesem Moment spürte. Sie fand all ihre Fragen beantwortet. Ihre Lippen fühlten sich genauso an, wie die Hyuuga es sich vorgestellt hatte. Sie waren so weich... Und sie schmeckte so gut. Nach Zimt und Kirschen. Hinatas Körper kribbelte überall, eine Gänsehaut zog sich über ihre Haut. Ein Schauder nach dem anderen lief ihr Rückgrat hinunter. Ein weiteres Seufzen entschlüpfte ihren Lippen, als sie mit ihrer Zunge zögernd, vorsichtig, über die Unterlippe ihrer Freundin strich. Es fühlte sich so schön an, und doch gleichzeitig so falsch. Unbewusst vertiefte sie den Kuss, die Augen genießerisch geschlossen, während ihr Inneres brannte wie Feuer. Eigentlich hatte sie immer von sich gedacht, sie wäre das schüchterne, zurückhaltende Mädchen, das alle in ihr sahen, und würde alles, was auch nur im entferntesten nach unartig aussah, meiden wie die Pest. Sie hätte sie nie auch nur zu träumen gewagt, dass Verbotenes sich so anfühlen könnte, dass es ihr so gefallen würde. Und doch war es so.
Das, was sie hier tat, war... zwar nicht direkt verboten, aber es war auch nicht wirklich gern gesehen. Und es fühlte sich gut an. Es war so anders als alles, was sie bisher gewagt und ausprobiert hatte. Es war gegen die Norm.
Und sie liebte es.
Mit einem letzten, wohligen Seufzen löste sie den Kuss. Die Augen noch immer geschlossen setzte sie sich auf und atmete tief durch. Ein leises Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie ihrem rasenden Herzschlag lauschte. Ihre Haut kribbelte noch immer. Mit einer fahrigen Handbewegung strich sie sich ein paar Haare hinters Ohr und hob die Lider.
Vor Schreck wäre sie beinahe vom Stuhl gekippt. Tiefe, grüne Augen blickten sie an. Entgeistert starrte Hinata in das Gesicht ihrer Freundin. „Hi...Hinata?", flüsterte diese leise. Die Angesprochene hatte die Augen noch immer weit aufgerissen und bewegte sich nicht. Ihre Wangen färbten sich langsam, aber sicher tiefrot. „Hinata?", widerholte die junge Frau erneut und machte Anstalten, sich aufzusetzen. Hinatas Augen folgten geschockt jeder ihrer Bewegungen. „Sakura...", entwich es ihr entgeistert. Im nächsten Moment sprang sie mit hochrotem Kopf auf, wobei sie in ihrer Hektik den Stuhl umstieß, der laut krachend umkippte. Beinahe schon panisch warf sie sich herum, riss die Türe auf und rannte davon.
Zurück blieb eine verwirrte, junge Frau, die aufrecht in ihrem Bett saß und fassungslos mit den Fingerspitzen ihre Lippen berührte.
Ihre gewisperten Worte verklangen ungehört, blieben unbeantwortet.
„Hast du mich gerade geküsst...?"
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Richtlinien
FanfictionHinata fühlt sich schlecht. Sie hat ihre im Koma liegende Freundin praktisch wachgeküsst. Und es war kein Unfall. Nach dieser Aktion meidet sie fürs erste ein klärendes Gespräch aus Angst vor Zurückweisung und zieht sich zurück. Doch Sakura ist nich...