Mir geht’s gut.
Hab dir nichts gesagt, weil erst letzte Woche
kurzzeitig ein Platz freigeworden ist.
Tut mir Leid.
Aber wie sieht’s bei dir aus?Hektisch kaute Sakura auf ihrer Unterlippe, bevor sie mit flinken Fingern eine Antwort tippte.
Typisch Kakashi.
Alles immer auf den letzten Drücker machen.
Mir geht’s den Umständen entsprechend.
Können wir uns treffen?
Beinahe schon panisch starrte Hinata auf ihr Handydisplay. Sakura wollte sich allen Ernstes mit ihr treffen? Wieso? Damit sie ihr ins Gesicht sagen konnte, wie abartig sie war? Wie falsch und egoistisch sie sich verhalten hatte? Schon wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen. Einerseits wollte sie nichts lieber, als Sakura sehen, sie umarmen, sich bei ihr entschuldigen. Sie wollte sehen, dass es ihr gut ging, wollte sichergehen, dass sie wirklich nicht mehr im Koma lag. Sie wollte einfach nur ihre beste Freundin neben sich spüren und gemeinsam mit ihr lachen. So wie immer. Andererseits, Sakura wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben. Sonst hätte sie im Krankenhaus doch gesagt, dass Hinata ihre beste Freundin war. Nicht nur eine „gute“ Freundin. Bestimmt schämte sie sich für sie. Hinata biss sich auf die bebende Unterlippe, eine Angewohnheit, die sie unbewusst von Sakura übernommen hatte und nun einfach nicht mehr losbekam. Mit einer fahrigen Bewegung strich sie sich die Haare aus dem Gesicht hinters Ohr und schrieb zurück.Geht leider nicht.
Sorry. Muss noch packen und so.Dumpf starrte sie auf die Nachricht, ehe sie schweren Herzens auf Absenden drückte. Sie hoffte, Sakura würde sie verstehen. Sie ballte die freie Hand zur Faust – in der anderen hielt sie noch immer das Handy – und versuchte, ihr schlechtes Gewissen bezüglich dieser weiteren Lüge zu ignorieren. Sakura war ein guter Mensch, sie hatte es nicht verdient, belogen zu werden. Ihre Fingernägel gruben sich schmerzhaft in ihre Handfläche, während ein kleiner Teil von ihr hoffte, ihre Freundin möge zurückschreiben.
Müde lag sie auf dem Bett, den Kopf in die Kissen gebettet, das Handy direkt daneben. Seit fünf Minuten lag sie hier und versuchte sich einzureden, dass sie einfach nur so verharrte, da sie nicht besseres zu tun hatte. Weil sie demotiviert war. Aber das stimmte nicht, und dessen war sie sich auch bewusst. Sie wartete. Auf eine SMS, einen Anruf, irgendein Lebenszeichen ihrer Freundin, das ihr zeigte, dass Sakura nicht böse mit ihr war.
Obwohl sie sich sicher war, dass ihre Freundin sie nun hasste, hoffte sie.
Als es klingelte, zuckte sie zusammen und saß im nächsten Moment aufrecht im Bett. Ihre Augen fielen auf das leuchtende Display ihres Handys, auf dem der Anrufer angezeigt wurde. Hinatas Herzschlag beschleunigte sich augenblicklich, ihr wurde abwechselnd heiß und kalt. Sie spielte noch mit dem Gedanken, einfach nicht abzuheben, während ihre bebenden Finger schon wie von selbst das Telefon hochhoben und den grünen Knopf drücken.
Mit klopfendem Herzen presste sie den Lautsprecher an ihr Ohr. Das einzige, was sie hörte, waren die schweren Atemzüge der Person am anderen Ende der Leitung. Hinata wollte gerade etwas sagen, als eine leise Stimme erklang.
"Hinata?", flüsterte Sakura. Die Hyuuga schluckte und nickte, erinnerte sich dann aber daran, dass ihre Freundin es ja nicht sehen konnte. Sie räusperte sich kurz, ehe sie mit möglichst normal klingender Stimme antwortete. "Ja?" Wieder wurde es eine Zeit lang still, Sekunden verstrichen, in denen Hinata versuchte, die aufsteigende Nervosität niederzukämpfen. Als ihr das Schweigen zu unheimlich wurde, sprach sie erneut. "Sakura? Was ist los?" Wieder trat eine schwer wiegende Stille ein. "Hinata?", wisperte Sakura schließlich. Ihre Stimme klang belegt, atemlos, ganz so, als hätte sie geweint. "Kann ich zu dir kommen?" Hinata erstarrte, während ihre Gedanken davon galoppierten. Sakura wollte sie besuchen. Was könnte sie von ihr wollen? Ihr sagen, wie schlecht sie war? Oder würde sie… Die Hyuuga hielt sich selbst davon ab, den Gedanken zu Ende zu spinnen, indem sie in den Hörer sprach. "Ich… glaube, das ist keine so gute Idee. Ich muss noch packen und…" "Hinata, bitte. Ich muss mit dir reden.“ Hinata biss sich so fest auf die Unterlippe, dass diese weiß wurde. Sakura wollte also mit ihr reden. Über das, was im Krankenhaus vorgefallen war? Hinata ballte die Finger ihrer linken Hand zur Faust.
Das war genau der Satz, vor dem sie sich gefürchtet hatte. Weshalb sie gezögert hatte, Sakura zu schreiben und weshalb sie sie nicht sehen wollte. Sie war nicht dazu bereit, ihre jahrelange beste Freundin einfach gehen zu lassen. Und ein klärendes Gespräch barg das Risiko, dass Sakura ihre Freundschaft als unmöglich einstufen würde, nach diesem Vorfall. Dass sie nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte. Hinata hatte Angst.
„Sakura, ich…“, begann sie stockend, doch die andere fiel ihr ins Wort. „Hinata bitte, ich brauche dich… Bitte…“ Das letzte Wort hatte sie nur noch geflüstert. Ein ersticktes Schluchzen drang an die Ohren der Hyuuga, gefolgt von schweren Atemzügen. Hinatas Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als ihr bewusst wurde, dass ihre Freundin weinte.
„Na gut…“, stimmte sie zögernd zu. „Wie kommst du her?“ Sie konnte hören, wie Sakura noch einmal tief durchatmete, ehe sie antwortete. „Ich leih mir den Wagen meiner Eltern. Meiner ist Schrott… Denke ich.“ „Ist er“, erwiderte Hinata trocken. Sie wusste nicht, wieso, doch sobald sie Sakuras Stimme hörte, schien ein Teil ihrer Anspannung von ihr abzufallen und sie benahm sich so, wie sie sich immer in ihrer Gegenwart benahm. Normal. „Ich habe nachgesehen.“ Ein Teil von ihr war erleichtert, dass Sakura sie nicht am Telefon anschrie, und freute sich sogar darauf, sie zu sehen. Ihre grünen, funkelnden Augen, ihre unbändigen Locken. Der andere Teil hatte panische Angst vor dem Zusammentreffen. Sakuras Stimme riss sie wieder aus ihren Gedanken. Sie klang besser.
„Wirklich? Oh, Hinata, du bist die Beste! Ich bin in ungefähr einer halben Stunde da, in Ordnung?“
„In Ordnung…“, wisperte die Hyuuga. Dann ertönte das Freizeichen und sie senkte langsam, wie in Trance das Handy.
Als es klingelte sprang Hinata wie von der Tarantel gestochen auf. Mit schnellen Schritten eilte sie aus ihrem Zimmer Richtung Haustür, um Hanabi zuvor zu kommen. Ihre kleine Schwester liebte die Haruno und würde sie so schnell nicht mehr hergeben, wenn sie sie einmal in den Fingern hatte. Mit fliegenden Fingern schloss Hinata die Haustüre auf und öffnete sie, den Kloß in ihrem Hals hinunterschluckend. Die Maske, die sie aufgesetzt hatte um ihre Nervosität zu überspielen, war wie weggewischt, als ihr Blick auf die junge Frau vor ihr fiel.
Grüne, matte Augen schauten ihr entgegen, rosa Haare, die sich schwach kringelten umrahmten ein kränklich blasses Gesicht. Darauf trat ein beinahe bittender Ausdruck, als Sakura ihre Freundin ansah. Wortlos trat Hinata auf sie zu und schloss sie in die Arme, wobei sie versuchte, das kribbelnde Gefühl in ihrer Magengegend zu ignorieren. Ein leichter Schauder durchlief sie von Kopf bis Fuß, als Sakura sich an sie schmiegte, ganz so, als wollte sie Hinata nie wieder loslassen. Oder so, als suchte sie Schutz.
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Richtlinien
Fiksi PenggemarHinata fühlt sich schlecht. Sie hat ihre im Koma liegende Freundin praktisch wachgeküsst. Und es war kein Unfall. Nach dieser Aktion meidet sie fürs erste ein klärendes Gespräch aus Angst vor Zurückweisung und zieht sich zurück. Doch Sakura ist nich...