#Tonia Os

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PoV Nia
Langsam setzte ich einen Fuß vor die Tür. Sofort spürte ich, wie der Regen sanft mein Gesicht benetzte. Ich strich mir eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht und verteilte dabei Tränenflüssigkeit auf meiner Schläfe. Mein Herz fühlte sich an, als ob es implodieren würde, meine Füße stolperten orientierungslos über den nassen Asphalt. Ziellos wanderte mein Blick über das graue Wolkenmeer, das mit mir weinte. "Nia. Steven. Es tut mir leid. Ich kann nicht mehr. Ich... mache Schluss... Bitte... vergiss mich..." Die letzten Minuten spielten sich immer und inmer wieder vor meinem inneren Auge ab, Tonis Abschiedsworte hatten sich in meinem Magen festgesetzt, umklammerten mich heiß und kalt, zogen mich wie ein schweres Gewicht zu Boden. Das Ausmaß dieses Satzes wurde mir nur langsam wirklich bewusst, hinterließ ein schwarzes Loch in mir... "...nicht mehr... Schluss... Bitte vergiss mich..." Keinen Schritt weiter, nicht ohne ihn! Hilflos stürzte ich zu Boden, alles überwältigte mich, der Schmerz war nicht mehr auszuhalten, ich kam nicht gegen ihn an. Heiße Tränenströme, im nächsten Moment stechend kalt, liefen über mein Gesicht und auf den harten Untergrund. Zitternd versuchte ich, wieder auf die Beine zu kommen, doch es ging einfach nicht. Auch der kraftlose Ansatz, von der Straße herunter zu kriechen, misslang. Ich weiß nicht, wie lange ich im Endeffekt einfach nur bewegungslos dalag, weinend. Irgendwann erschienen in der Ferne zwei gleißend helle Lichter. Was das das Ende, die Erlösung? Ich habe nie an Gott geglaubt, doch jetzt erschien es mir gar nicht mehr so abwegig. Blinzelnd versuchte ich, meine Augen etwas weiter zu öffnen, doch mein Körper wollte mir nicht mehr gehorchen. In dem kurzen Moment, in dem ich ein klares Bild vor Augen hatte, erkannte ich es. Ein Auto. Nicht irgendein Auto. Tonis Auto. Er fuhr viel zu schnell. In den letzten Momenten, vielleicht auch Jahren, fühlte ich überhaupt nichts mehr. Ein letztes Mal hallten Tonis Worte in meinem Kopf wider, ein letztes Mal war es, als würde ich einen seiner perfekten Küsse auf meinen aufgesprungenen Lippen spüren, während sich die entgültige Schwärze wie samtige Wellen über mich legte.

PoV Toni
Ein heftiger Ruck. Die Vodkaflasche verschüttete ihren Inhalt, während sie fiel. Mit meiner verbliebenen Kraft bremste ich ab. Ich stieg langsam aus, immer noch geknebelt vom Schock, der meinen Rausch jedoch größtenteils verschwinden lassen hat. Moment. Nein. Nein, nein, nein. Das konnte nicht sein. Wie auch? Nein. Jeder Rest von Stärke wich aus meinem Körper und ich brach zusammen. Leere. Nichts als Leere. Das war das letzte, was ich wollte. Warum? Ich hatte nur gehofft, dass es ihm ohne mich besser gehen würde. Dass er nicht so stark getroffen würde, wenn ich nicht mehr wäre. Ich hatte vor, an den Rhein zu fahren. Um alles an einem friedlichen Ort zu beenden. Wie konnte ich es jemals über mich bringen, ihn gehen zu lassen? Oh, wie ich mich hasste. Noch mehr als vorher. Viel mehr. Wie ich die Kraft aufbrachte, weiß ich nicht mehr, doch ich zog die Klingen aus meiner Jackentasche. Der Refrain eines Songs begann wie auf Abruf in meinem Hinterkopf abzulaufen. 'I give up... I give in... I lay down... I surrender... I won't fight... I won't try... I lay down... at your side... I won't cry... why should I... I lay down... at your side... I surrender.' Während die Klinge aufblitzte und meine Pulsader durchtrennte, gab ich Nia einen letzten Kuss. Er würde mir niemals verzeihen können. Stille. Schwärze.

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