7.3: Ich höre eine Straße!

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"Und was machen wir jetzt?", murrte ich schlecht gelaunt.

Super, ich hatte mich im Wald verlaufen, Louis hatte mir helfen wollen und jetzt stellte sich also heraus, dass er mindestens genauso aufgeschmissen war wie ich, wenn nicht sogar noch mehr.

"Wie lange bist du denn gelaufen?", bohrte ich nach, als er nicht antwortete.

"Keine Ahnung", grummelte er missmutig. "Zehn Minuten? Fünf? Fünfzehn? Sag du mir doch, wie lange du gewartet hast!"

"Ja, keine Ahnung! Wie es scheint, ja noch dazu ganz umsonst", brummte ich und kickte wütend einen Stein vor meinen Füßen einige Male empor, bevor ich ihn in ein nahegelegenes Gebüsch trat, aus dem einige Vögel erschrocken empor flogen.

"Guter Schuss", lobte er mich und klang ehrlich bewundernd.

"Nur, weil ich ein Mädchen bin, darf ich also kein Fußball spielen können?", fuhr ich ihn an. Ich war vielleicht ein wenig reizbar, denn er zuckte zurück.

"Eigentlich wollte ich eher sagen, dass wir mal zusammen spielen sollten, aber gut", gab er pampig zurück.

"Wenn wir jemals aus diesem verfickten Wald raus kommen!", fluchte ich.

Er tippte erneut auf seinem Handy herum, doch seiner Miene nach zu urteilen, schien er immer noch keine Karte zu bekommen.

"Okay, dann laufen wir jetzt einfach in irgendeine Richtung", meinte er schließlich. "Irgendwie müssen wir hier doch heraus finden können! Und wenn wir an einer Straße sind, rufe ich jemanden an, der uns abholen kann, ja?"

Ich nickte nur, während sich meine Finger krampfhaft um das Halsband meines Hundes schlossen. Warum war ich auch auf die bescheuerte Idee gekommen, mit Karly genau hierhin zu gehen?!

Das Licht von Louis' Taschenlampe hüpfte im Takt seiner Schritte auf und ab, während ich wie eine Motte dem einzigen hellen Fleck in dem ansonsten rabenschwarzen Wald folgte.

"Louis?", jammerte ich irgendwann leise.

"Was ist?", zischte er genauso leise zurück.

"Was ist, wenn wir hier nicht mehr rausfinden?"

Ich schluckte einmal schwer.

"Wir haben immer noch mein Handy", beruhigte er mich. "Im Notfall rufe ich jemanden an. Und im noch größeren Notfall wird schon irgendwem auffallen, dass wir weg sind und die Polizei kann ein Handy ziemlich schnell orten. Außerdem glaube ich nicht, dass wir hier nicht auch alleine rausfinden. Die Frage ist eben nur, wie lange das Ganze dauert."

Trotzdem legte ich einen Zahn zu, sodass ich zu ihm aufholen konnte und krallte mich an seinem Arm fest. Er gab mir das Gefühl, wenigstens nicht die Einzige zu sein, die hier elendig verrecken würde.

"Mia", wisperte er irgendwann und mir gefror das Blut in den Adern. Was war los?!

Bitte lass es keine Leiche sein!

"Louis?", piepste ich ängstlich.

"Du quetschst mir das Blut ab", flüsterte er.

"Ach so", gab ich zurück. "Egal."

"Nein, nicht egal", zischte er. "Könntest du bitte deinen Griff um meinen Arm lockern?"

Ich gab ein winselndes Geräusch von mir. Langsam ließ ich von seinem Arm ab, griff dann aber nach seiner Hand und hielt mich an dieser fest. Er ließ es mit einem resignierten Seufzen zu.

Eine Eule schrie in den Bäumen, ein einsames Geräusch zwischen den monotonen Fußschritten von Louis, Karly und mir. Mir lief ein Schauder über den Rücken. Dieser verdammte Wald!

"Mia", flüsterte Louis erneut, wieder zuckte ich zusammen. Wegen ihm würde ich noch einen Herzinfarkt bekommen!

"Ja?", antwortete ich mit piepsiger Stimme.

"Ich höre eine Straße."

Abrupt blieb ich stehen und begann ebenfalls zu lauschen.

"Bist du sicher?"

Er wandte sich zu mir um.

"Sag mir doch bitte nicht, dass du blind und taub bist!"

"Shhht!", fuhr ich ihn an und horchte erneut. Tatsächlich, wenn ich mich anstrengte, meinte ich, das leise Brummen von vorbei fahrenden Autos hören zu können.

"Oh mein Gott, Louis, da ist eine Straße!", rief ich aus, machte einen Satz nach vorne und zog ihn hinter mir her.

"Ja, das sag ich doch!", grummelte er, folgte mir jedoch, genau wie mein Hund, der meinen Enthusiasmus gespürt zu haben schien und seine Schritte ebenfalls verlängerte.

Vor mir erkannte ich, dass der Wald sich lichtete und auch die Geräusche wurden immer lauter. Erleichtert erkannte ich nun die rasend schnell vorbeiziehenden Lichter der Scheinwerfer. Wir waren an einer Autobahn angekommen!

"Wir haben es geschafft, Louis!", freute ich mich und fiel dem verdutzten Jungen in die Arme. "Uh yeah, wir sind so gut!"

Meine Fröhlichkeit steckte ihn an, bald schon setzte auch er ein Grinsen auf und lachte erleichtert.

Nachdem wir uns ein wenig beruhigt hatten, sahen wir leicht außer Atem durch unsere Feudenschreie auf die Autobahn, an der wir standen.

"Und nun?", fragte er, immer noch grinsend.

"Deute mal mit dem Daumen nach oben in eine Richtung", befahl ich ihm.

Er befolgte meine Anweisung, sah mich kurz darauf aber skeptisch an.

"Wofür soll das gut sein?"

"Wir fahren per Anhalter", teilte ich ihm achselzuckend mit.

Schlagartig nahm er seinen Arm wieder herunter.

"Ich bin Louis Tomlinson, ich kann nicht per Anhalter fahren!", protestierte er.

"Du hast dich gerade in einem scheiß Wald verirrt und hast trotzdem noch ein Problem damit, per Anhalter zu fahren?", meinte ich ungläubig.

"Natürlich! Und noch dazu ist es gefährlich!"

Schnaubend rollte ich mit den Augen.

"Ich beschütze dich schon", brummte ich, doch auch das schien ihn nicht zu überzeugen.

Er holte sein Handy hervor.

"Bessere Idee: Wir rufen jemanden an, der uns abholt."

"Und wer soll das sein?", konterte ich. "Außerdem, wie willst du jemandem erklären, dass wir uns spät abends gemeinsam in einem Wald, der wahrscheinlich auch noch ziemlich klein ist, verirrt haben?!"

Ungerührt scrollte er seine Kontakte durch.

"Ich rufe Hannah an. Die ist sowas von mir gewöhnt", erklärte er mir dann, bevor er sich das Handy ans Ohr hielt.

Oh Scheiße, das konnte mal wieder peinlich werden!

Schutzengel || l.t. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt