Kapitel 1

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Selbst für kalte März Verhältnisse strotzte die gut besuchte Diskothek nur so vor knappen Kleidern und tiefen Ausschnitten. Überall wo man hinsah wurde getanzt, geflirtet, geknutscht oder gesoffen, bestenfalls auch alles auf einmal. Es war auch kein Geheimnis, dass die Hälfte der Mädchen, die herkamen, es darauf anlegten, flachgelegt zu werden und die Kerle bereitwillig die Aufgabe dafür übernehmen wollten.
Mich - im übrigen Danny - beeindruckten sie allerdings nicht. Auch nicht jetzt, als sie mir ihr Angebot versüßen wollten, indem sie vor mir einen halben Lesbenporno vorführten und mich dazu einluden mitzumachen. Doch egal wie hitzig sie auch zu Gange waren, mein Blick schweifte an ihnen vorbei. Fernab von dem Geschehen direkt vor mir, zu etwas, in meinen Augen, viel heißerem und obwohl an seiner Tätigkeit - die daraus bestand ohrenbetäubende Musik aufzulegen - nichts erotisches war, kam ich nicht umhin, mir mit der Zunge langsam über meine trockenen Lippen zu fahren.
„Und? Was meinst du?"
Ich meine, dass er die unglaublichsten Lippen hat, die ich je gesehen habe. Und ich würde sie gern die ganze Nacht küssen. „Was meine ich wozu?"
Sie gaben ein enttäuschtes Seufzen von sich und ließen voneinander ab, als sie merkten, dass meine Aufmerksamkeit nicht ihrem hitzigen tête-à-tête galt und ihr Versuch, mich heiß zu machen, daher erfolglos war. „Vergiss es."
Nicht im Geringsten traurig darüber, dass ich wieder alleine war, beobachtete ich das Duo bei ihrem Abgang und musste feststellen, dass beide eine hübsche Figur hatten und wäre ich nicht schon anderweitig interessiert gewesen, hätte ich mich vielleicht für eine der beiden erwärmen können.
Schulterzuckend schob ich die belanglosen Gedanken beiseite, um mich wieder wichtigeren Dingen widmen zu können. Dem Mischpult. Oder vielmehr dem, der es bediente. Rayn. Egal wie oft ich ihn noch ansehen werde, satt würde ich nie sein. Und ich musste es wissen, immerhin kam ich seit vier Monaten beinahe täglich her, nur um ihn zu sehen.
Jedes Mal nach meiner Schicht im Restaurant führte mich mein Weg geradewegs in den Club, wo ich mir ein Feierabendbier genehmigte und von meiner Stammecke gegenüber des Mischpults, die Aussicht genoss. Bei Letzterem war ich längst nicht mehr alleine, wie ich schon einige Male zähneknirschend feststellen musste. Hin und wieder kam es vor, dass sich interessierte Mädchen Mut antranken und Rayn mit ihrem liebreizenden Wesen ansprachen, doch der schien einer von der kalten Sorte zu sein, was nicht jedem zu gefallen schien und mir jedes Mal aufs neue ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Zugegeben war ich neidisch auf alle, die sich vornahmen ihm näher zu kommen. Etwas, das ich einfach nicht schaffte. Selbst heute, nach so vielen Monaten, brachte ich es nicht über mich die wenigen Meter zwischen uns zu überwinden und ihn anzusprechen. Von meiner Ecke zu ihm waren es nur wenige Schritte, doch ich bekam meine Beine nicht zum Gehen, als würden sie sich vehement dagegen sträuben, mich Spaß haben zu lassen. Und so konnte ich den blonden Kerl wieder einmal nur still beobachten - heimlich war es schon seit einiger Zeit nicht mehr gewesen, denn er wusste sowohl um meine Existenz, als auch um mein Interesse. Dabei an meinem Bier nippend, malte ich mir aus, was für unsittliche Dinge hätten passieren können, wenn ich zu ihm gegangen wäre, während ich darauf hoffte, dass sich zumindest unsere Blicke auch heute Abend begegnen würden.

⏤「 Ꭱ 」⏤

Danny war einer dieser Menschen. Einer dieser Menschen, an denen man vorbei geht und die sich im Kopf festsetzen wie ein Holzwurm in einer Diele.
Schleichend, sodass man es erst merkt, wenn es zu spät ist. Ohne, dass es einem bewusst ist, übernehmen sie dein Unterbewusstsein und tauchen in den ungünstigsten Momenten wieder darin auf. Aber zu dem Zeitpunkt, als ich das noch hätte ändern können, war mir das längst noch nicht klar.

Laute Musik dröhnte in meinen Ohren, betäubte mich akustisch schon beinah und versetzte mich in eine Trance, in der es nur mich und das Mischpult gab. Rhythmisch flossen die Bässe durch meinen Körper und brachten mich in Bewegung, während ich zu relativ später Stunde doch einen Blick auf die Tanzfläche warf, die Kundschaft heute checkte.
Einige Gesichter kannte ich, flüchtig versteht sich, denn ich stand nicht auf tiefere Bekanntschaften. Ich könnte auch keine führen, selbst wenn ich gewollt hätte, denn man sagte mir egoistische Züge, kombiniert mit sozialer Inkompetenz nach. Spätestens, wenn ich allerdings den nächsten Joint in der Hand hielt, war mir das ziemlich egal. Während ich glasklar meine eigene Situation einschätzte, bemerkte ich erst, was meine Augen taten, als ich seit diversen Momenten den selben dunklen Haarschopf in einer Ecke mir gegenüber fixierte.
Tatsächlich gehörte dieser einem jungen Mann, dessen Gesicht mir nicht unbekannt war, denn ich sah ihn nun schon seit einigen Monaten mehrmals in der Woche und ich meinte mich auch daran erinnern zu können, einige Male auf der Tanzfläche an ihm vorbei gegangen zu sein.
Ich ertappte mich dabei, wie ich an die fein geschwungenen Lippen in seinem Gesicht dachte, die ein Lächeln zustande bringen konnten, welches die Frauen sicher schwach werden ließ und tatsächlich gaben sich gerade zwei Damen vor ihm wirklich Mühe, den Burschen dahingehend zu beeinflussen, dass er sich ihrer annahm. Fuck, mich hätten die Beiden wohl überzeugt, denn reizten sie meine, von purer Oberflächlichkeit geprägte, Vorliebe für schöne Körper.
Ihn hingegen schienen sie nicht erweichen zu können, doch bevor ich das Endergebnis seiner Entscheidung sehen konnte, wanderte mein Blick weiter.
Ich sah Leon schon von Weitem um die Ecke biegen, seine schlaksige Figur drängelte sich durch die Mädchen hindurch nach vorn. Zielstrebig auf mich zu, so wie immer. Es war schon fast sein Ritual geworden, sich so meine Nähe zu verschaffen und seinen Namen zu kennen war, da er sich mir schon vor einiger Zeit vorgestellt hatte, reine Selbstverständlichkeit. Könnte man zumindest meinen, jedoch blieben mir normalerweise weder Namen noch Gesichter lange im Kopf. Wozu auch?
Leon jedoch ließ mir kaum eine Chance, ihn zu vergessen, denn er brachte sich in mein Gedächtnis so oft er eben konnte und nicht selten vermasselte er mir mit seiner Anhänglichkeit die ein oder andere Partie. Ein tiefes Seufzen entkam mir, als ich zusehen durfte, wie der Bursche sich in seinem Unterfangen beinah mit dem eigenen Drink überschüttete, den er in der Hand hielt. Der Typ hatte einfach nichts Attraktives an sich. Spielte sein Äußeres ihm in die Karten, so zerstörte spätestens sein Auftreten jede Anziehungskraft, die von ihm hätte ausgehen können.
Ihn betrunken anzuflirten, war insofern nicht meine beste Idee gewesen.
Aber das war nur eine weitere Eigenschaft meinerseits: Ich war gänzlich unfähig, Verantwortung für mich oder die Konsequenzen meines Handelns zu übernehmen.
Ich wandte mich ab, doch von dem Dunkelhaarigen war keine Spur mehr auszumachen, also verbrachte ich den restlichen Abend damit, meiner Tätigkeit nachzugehen, bis endlich der wohlverdiente Feierabend anstand.
In meine Lederjacke gehüllt, so vor der Kälte geschützt und mit einer glühenden Zigarette in der Hand verließ ich den Club, an dessen Eingangsbereich eine Dame meines Alters wartete, die mich gerade so den Qualm aus meinem Mund ausstoßen ließ, dann landeten ihre Lippen auf meinen und nahmen mich in Beschlag.
Ihre Zunge wanderte dabei über meine Lippe und ich grinste süffisant, kaum dass ich wieder dazu fähig war, schließlich kannte ich sowohl das Mädchen als auch diese Art mich zu begrüßen. Es war nicht das erste Mal und ich wusste, was sie nun wollte, würde es ihr bereitwillig geben.
Mit meinem Arm um ihre Schulter gelegt, schlenderten wir durch die Nacht in Richtung meiner Wohnung. Der Schlaf musste heute wohl noch etwas auf mich warten.

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Hallo liebe Leserschaft,
so, das erste Kapitel unseres Buches ist da und das ist ziemlich aufregend für uns, auch wenn noch nicht viel passiert ist.
Wir freuen uns natürlich über Kommentare, Feedback usw. , aber seid gnädig mit uns, das hier ist eine Premiere für uns auf dieser Plattform! :D

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 27, 2018 ⏰

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ⲃᴏᴜɴᴅ ⲧᴏɢᴇᴛʜᴇʀWo Geschichten leben. Entdecke jetzt