Gaia weiß, dass es ihr nur so vorkommt.
In dem Moment, in dem sie nach vorne tritt scheint die Zeit für einige Sekunden still zu stehen.
Es ist so leise, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte.Nur das laute Klicken ihrer Stilettos auf dem dunklen Parkettboden, das immer lauter werdende Rauschen ihres eigenen Blutes in ihren Ohren.
Sonst nichts.Ein kühles, berechnendes Lächeln in die Runde, dann geht sie bewusst langsam auf das Ende des langen Tisches zu, bleibt direkt neben Choi stehen.
Direkt ihr gegenüber sitzt Oberhauser, flankiert von seinen Leibwächtern.Gaia bildet sich ein, sein siegessicheres Lächeln sehen zu können.
Er ist weit weg. In sicherer Entfernung.
Jeder weiß, wie es bei diesen Übergaben zugeht.Eine perfekte Inszenierung von Oberhauser, um sich seiner untreuen Anhänger zu entledigen.
Gaia lässt den Blick schweifen und ihre Augen bleiben an Bond hängen. Er steht unter einem der Bögen, seine Augenbrauen fragend zusammengezogen.
Er weiß es noch nicht.„Was berechtigt Sie dazu, Mr. Choi's Platz einzunehmen?"
Sie antwortet nicht.
Ihr Glasauge bleibt völlig starr nach vorne, auf Oberhauser gerichtet, und sie zögert, wartet auf den richtigen Moment, um wieder zu Bond zu sehen.
Sein Schussfeld ist gut. Ein einziger Schuss und er wird sie niederstrecken.Genau so hat sie es sich vorgestellt.
Er greift langsam, beinahe unsicher nach seiner Waffe.
Der Befehl aus London ist da. Die finale Entscheidung, sie tatsächlich zu erschießen.So viele unausgesprochene Fragen in seinen Augen, so viel Unverständnis.
Falls er dieses Meeting lebend verlässt, wird man ihn sobald er zurück in Vauxhall ist, erleuchten.Er legt einen Finger an den Abzug, zielt auf sie.
Ihre Hände finden den Hemdkragen des Mannes vor ihr und er zuckt überrascht zusammen, sieht zu ihr auf.
Er versteht nicht, was sie vorhat.Der Schuss zerfetzt die Stille.
Der Moment, in dem er abdrückt, in dem das Projektil auf sie zu fliegt und sie Choi grob und ruckartig nach oben zieht, fühlt sich surreal an, läuft wie in Zeitlupe ab.
Ein menschliches Schutzschild.
Der letzte Mensch, den sie tötet.Ihr Puls schnellt nach oben, Adrenalin schießt in ihre Venen, lässt die Hand, in der sie ihre Waffe hält, zittrig werden.
Sie lässt den Mann los und sein lebloser Körper sinkt zu Boden."Sie überraschen mich immer wieder, Gaia."
Sie sieht direkt in den Lauf von Bonds Walther, macht einen Schritt zurück. Weg von dem roten, beinahe schwarzen Blut des Spectre-Funktionärs, das sich langsam auf dem Parkett ausbreitet. Ihr wird übel.
Warm und klebrig...es durchtränkt ihre Jeans, klebt an ihren Händen und unter ihren Fingernägeln. Es ist überall.Überall.
Und sie wird es nicht mehr los.
Kann ihre Schuld nicht abschütteln."Haben Sie wirklich geglaubt, Sie würden lebend aus dieser Nummer kommen?"
"Ich glaube es immer noch."
Sie sieht ihn an.
Der Mann, der für all ihren Schmerz verantwortlich ist, den sie mehr hasst, als alles in der Welt.
Es gibt nur noch sie und ihn.
James Bond.
Gaia Sciarra.In diesem Moment stehen sie sich als 007 und Pikdame gegenüber.
"Sie können sich nicht vorstellen, wie lange ich auf diesen Moment gewartet habe", ihre Mundwinkel zucken leicht nach oben, "Sie haben die Pikdame. 13 Minuspunkte für Sie und Ihre Kavallerie. Genau, wie beim Hearts."
"Du musst das nicht tun."
"Doch", sie hebt die Waffe. Langsam, ganz langsam. "Für meinen Vater. Er hätte genau das gewollt."
"Er war ein schlechter Vater."
"Immer noch ein besserer Mensch als Sie."
"Ich werde dich nicht zuerst erschießen, Gaia. Der erste wird Gino sein. Er wird wird langsam verbluten und du wirst dabei zusehen, wie er sich vor Schmerzen windet und um den Tod bettelt. Genau, wie du es in La Paz getan hast", in seinen kalten, blauen Augen blitzt es gefährlich, "Das Licht in seinen Augen wird verlöschen, genau wie bei deiner geliebten Mutter. Genau davor wollten sie dich alle warnen."
"Passen Sie auf Bond..."
"Am Ende wirst auch du mich anflehen, dir den Gnadenschuss zu verpassen..."
"Nicht heute."
Ihre Finger schließen sich so fest um den Griff ihrer Waffe, dass ihre Knöchel weiß hervortreten.
Und dann drückt sie den Abzug durch.
Ein zweiter Schuss.
Die Kugel durchschlägt Bonds Oberschenkelknochen und reißt ein Loch in seine Chino.
Genau so hat sie Emilio getroffen...in der Nacht nach der Beisetzung ihres Vaters."Nicht heute."
Gino ist plötzlich neben ihr, legt einen Arm um sie und zieht sie bestimmt in Richtung des Ausgangs.
Gaia dreht sich noch einmal zu Bond um und ihre Blicke treffen sich.
Man wird ihn nicht sterben lassen.Sie hat sich oft vorgestellt, wir gut es sich anfühlen wird, ihm endlich alles heimzuzahlen...wir glücklich sie in diesem Moment sein wird.
Der Moment, in dem sie über ihm steht und über Leben und Tod entscheidet.Leben und sterben lassen...
Ganz am Anfang war das Gefühl in dem Moment, in dem sie das Licht in den Augen ihres Gegenübers erlöschen sah, berauschend.
Die Macht war berauschend.Dieses Mal ist da nichts...
Kein Triumph, kein Hass, kein Mitleid.
Nichts.
Kein Unterschied zu vorher.Es ist ernüchternd.
Eine Enttäuschung.Sie weiß, dass sie dieses Spiel wirklich nicht mehr spielen kann.
Es fühlt sich sinnlos an, Bond anzuschießen. Genauso, wie sich alle anderen Toten, die auf ihre Rechnung gehen, plötzlich sinnlos anfühlen.So unendlich sinnlos...
Rache ist ein sinnloses Konzept.
Es macht nichts besser, kann nichts an den Dingen der Vergangenheit ändern.Sie reißt sich vom Anblick des schwer verletzten Agenten los und dreht sich um, wendet sich endgültig von diesem Leben ab
Hinter fallen die großen Flügeltüren mit einem lauten Schlag ins Schloss.
Gaia sieht nicht mehr zurück.
Es ist vorbei.
Endgültig vorbei.
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Queen Of Spades - g1nsterkatze - 007 - James Bond
FanfictionQ verlor 009 in La Paz zum ersten Mal. Dann kam ihre Mission mit 007. Und das streng geheime SPECTRE-Meeting... [Fortsetzung zu 'Blood On Our Hands'; Abgeschlossen: 05. April '18 || OC x OC; Q/William Carter x OC; James Bond x OC]