Die Drachenexpertin

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Das Feuer in den Mäulen der anwesenden Drachen hatte mein Schuppenkleid und den Sattel getrocknet, wodurch dieser nicht mehr klebte.
Ich eilte hinter Hicks zu einem Höhlengang und erspähte den Drachenreiter.

Moment - die Maske war weg! Es war kein Drachenreiter, es war eine Drachenreiterin! Eine Frau!

"Hicks!", rief ich meinen Freund, "Willst du mir nicht erklären, was hier los ist? Ich verstehe das nicht!"

Aber mein Reiter schenkte mir keine Beachtung, im Gegenteil, er war vollkommen aufgewühlt und vielleicht genauso durcheinander wie ich es war.
Der Höhlengang erwies sich als eine Hindernisstrecke, denn die Gasse war eng und Steine blockierten uns ab und an den Weg. Dennoch zwängten wir uns hindurch, um der Frau zu folgen. Sie hatte es eilig, schon fast hysterisch kletterte sie durch den Gang und machte uns klar, ihr zu folgen.

"Äh, je- je- jetzt warte doch mal 'n Moment!", ergriff Hicks das Wort.

Die Frau ging nicht darauf ein und deutete uns: "Hier lang!"

Wir hasteten ihr weiterhin hinterher, aber Hicks ließ nicht locker: "Komm zurück!"

"Komm!", die Reiterin huschte um eine Felswand.

"Du kannst doch nicht einfach so was sagen und davonlaufen!", beschwerte sich mein Freund.

Jetzt hakte ich nach: "Was hat sie denn gesagt?" Wieder keine Beachtung von Hicks.

Aber nun bekam ich die lang ersehnte Antwort: "Du bist meine Mutter!?"
Ich stockte. Mutter!? Jetzt konnte ich der Situation überhaupt nicht mehr folgen! Drago Blutfaust, okay. Drachendieb, auch okay. Aber Mutter!? Das war mir zu viel!
Ich hetzte den beiden wieder hinterher und fand sofort den Anschluss. Aber das war wahnsinnig! Einfach irre!

Hicks war ganz meiner Meinung und setzte an: "Ich meine, was!? Ist-ist dir klar, wie verrückt das klingt?"

Die Frau - Hicks' Mutter - wies uns hin: "Komm, schnell!", stieg eine steile Felswand hinauf und verschwand. Was sich dahinter verbarg, konnte ich nicht sehen, dafür war die Felswand zu steil.

Mein Freund quasselte weiter: "Ich habe Fragen!", dabei sprang er die Felswand hinauf, rutschte jedoch ab. Ich half ihm, indem ich ihn mit meinem Kopf nach oben schob, "Wo warst du die ganze Zeit?"
Er purzelte auf den Boden und ergriff sofort wieder das Wort: "Was hast du gemacht?"

Wir quetschten uns zwischen die Wände, immer weiter. Was wollte sie uns so dringend zeigen? Besonders als Drache wie mich war dieser Weg ein Hürdenlauf. Viel zu eng, viel zu viele Hindernisse. Das war nicht drachengerecht! Es gab mit Sicherheit einen besseren Weg!

"Es hat immer geheißt, du wärst tot! Alle Welt denkt, du wärst gefressen worden von-" Hicks stoppte, nachdem er durch eine Lücke gekrochen war. Ich schnaufte. Hatten wir es bald geschafft? Der Weg war ermüdend! Ich presste meine Flügel zusammen, zog meinen Bauch ein, legte die Ohren an und drückte mich durch die Öffnung.

Jetzt verstand ich Hicks' Stoppen. Wir waren in einer gigantischen Höhle, erhellt, farbig, riesig und vor allem - gefüllt mit hunderten Drachen verschiedenster Arten! Es war bombastisch! Bläuliche Eiszapfen krönten den Anblick, ließen den Raum beinahe majestätisch wirken. Kühl war es, erfrischend kühl. Schlüpflinge tobten umher, junge Drachen flatterten herum und ältere Drachen legten sich zur Ruhe und gönnten sich ein Nickerchen in den unterschiedlichsten Höhlen, entstanden an den monströsen Felswänden und abseits des Tumults. Es war der Wahnsinn! Alle Drachen waren so munter und zufrieden! Ein Traum!

Wir bewunderten das Paradies und spazierten auf dem mit Pflanzen bewachsenen Boden. Gronkel-Babys wälzten sich im Moos, die Fröhlichkeit der Kinder war himmlisch. Hätte meine Kindheit bloß so ausgesehen...

Ohnezahns LebensgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt