Ich liebe ihn. Es ist seltsam, doch da ist etwas. Etwas Wirkliches. Es ist etwas Warmes, etwas, das vom Bauch aus bis in die äussersten Ecken meines Körpers geht. Ist das Liebe? Ja, ich denke schon. Ja, ich liebe ihn. Es war Liebe. Vom ersten Augenblick an, als ich ihn sah. Doch was empfand er damals? Hatte er dieses Kribbeln auch? War es Schicksal, dass er mich fand und springen sah?
Der Sprung
Es war der 22. Juni im Sommer 2017. Seit 3 Tagen war ich 16. Ich war mit meinen Freundinnen Ann und Alex in Florida in den Sommerferien, der erste Urlaub ohne unsere Eltern. Wir waren schon die 2. Woche dort und entdeckten einen 6 Meter hohen Felsvorsprung am Meer. Als wir das erste Mal dort waren, sprang eine Gruppe von Jugendlichen den Felsvorsprung hinunter. Ich war beeindruckt und wollte es unbedingt auch versuchen. Ich legte mein T-Shirt auf den Boden, gab meine Tasche meiner besten Freundin Ann, zog meine Flipflops aus und holte tief Luft. Damals hatte ich einen schwarzen Bikini mit einem pinken Roxy Zeichen an. „Bist du sicher, dass du das tun willst?", fragte Ann mich beunruhigt und schaute dabei auch Alex an. Ich lächelte und nickte ihnen zu: „Kommt runter zum Strand, wenn ich unten bin." Ich sprang. Ich spürte, wie das Adrenalin in mir hoch kam. Und schon war ich unten. Wie lange bin ich geflogen? Ich sah, wie Ann und Alex die steinerne Treppe hinunterliefen. Als die beiden den Strand erreichten, schwamm ich in ihre Richtung. Das Meer war klar und wunderschön blau. Eigentlich mag ich Blau nicht sehr, aber dieses Blau war einfach wunderschön. Sofort musste ich an meine Schwester denken. Seine Lieblingsfarbe war Blau. Das Wasser war angenehm warm. Als ich den Strand erreichte, kamen Ann und Alex auf mich zu gerannt und sagten lächelnd und voller Begeisterung:
„Joyce abgefahren. Du hast es wirklich gemacht! Und du lebst auch noch!" „Und wie war's?", fragte Alex mich. Ich lächelte. Doch ich konnte nicht sofort antworten. Plötzlich schoss mir die letzte halbe Minute noch einmal durch den Kopf. Ich musste diese Bilder zuerst ordnen. Da bemerkte ich, wie Alex gespannt auf meine Antwort wartete. „Cool", antwortete ich. Etwas Besseres fiel mir nicht ein. Ann reichte mir meine Sachen, die ich vorhin auf dem Felsvorsprung ihr gegeben hatte und nahm sie an mich.
Zum Hotel
Alex hatte im März den Führerschein gemacht und fuhr uns mit einem Mietwagen zum Hotel zurück. Auf der Fahrt zum Hotel sprach ich kein Wort. Ann schaute mich vom Vordersitz aus beunruhigt an. Zum Glück sagte sie nichts. Ich dachte über Sam nach. Er sprang viel von solchen Klippen. Wir hatten uns kurz vor den Sommerferien getrennt. Ich glaube, wir waren fast ein halbes Jahr zusammen. Die Sache lag mir immer noch auf dem Magen. Als wir das Hotel erreichten, versuchte ich mich etwas abzulenken. Ich holte mir ein Schokoladeneis im Park des Hotels. Ich setzte mich auf eine Bank und schaute verträumt in die Gegend. Es war 39 Grad heiss. Das Eis kühlte mich ein wenig ab. Auf einmal spürte ich eine Hand auf meiner rechten Schulter. Ich zuckte zusammen. Ich drehte meinen Kopf nach rechts und atmete auf: „Ach, du bist es. Erschreck mich doch nicht so!" Ann stand neben mir und sagte: „Sorry, aber ich habe dich doch gerufen und du hast nicht reagiert." „Oh, tut mir leid. Ich muss wohl in Gedanken gewesen sein", sagte ich. „Ist alles in Ordnung?", fragte sie mich. Ich nickte. „Gut, dann komm mal mit", sagte sie grinsend zu mir. Wir liefen durch die Eingangstür des Hotels und betraten den Lift. Es dauerte einige Sekunden bis die Tür des Liftes sich wieder öffnete. Wir gingen den langen, weisen Gang bis zu unserer Zimmertür entlang. Ann klopfte an der Tür, Alex öffnete sie und machte einen seltsamen Knicks mit einem Handwedel dazu.
Steilen
5 Minuten später sass ich in einem Sessel im Zimmer mit dem Fernseher. Als die Tür hinter mir aufging, drehte ich mich um und starrte auf Ann und Alex. „Schau doch nicht so verdutzt", meinte Alex. Sie hatte ihren riesigen Schminkkoffer in der linken Hand und viele Haarspangen und Haargummis in der Anderen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie ein komisches, schadenfreudiges Lächeln aufgesetzt hatte, welches ich bei ihr noch nie gesehen hatte. Ann dagegen grinste nur. Sie hielt mehrere, verschiedene Haarbürsten in der rechten Hand und die andere Hand hatte sie hinter ihrem Rücken versteckt. Als ich realisiert hatte, was die Beiden vorhatten, war es schon zu spät. Auf einem Tisch im Zimmer stellten sie ihre Sachen ab und Ann stellte den Spiegel, der sie hinter ihrem Rücken versteckte hatte, auf. Bevor ich irgendetwas sagen oder etwas dagegen tun konnte, werkelten Ann und Alex an meinen Haaren herum. Nach einer guten halben Stunde waren sie dann fertig mit ihrem Werk. Ich war beeindruckt. Ich wusste gar nicht, dass sie so talentiert im Frisieren und schminken sind. Als ich die Beiden genauer ansah, bemerkte ich, dass sie selbst total auf gesteilt waren und Alex hatte sogar ein schwarzes Kleid an. Ann reichte mir ein paar Kleidungsstücke aus meinem Koffer und zeigte in Richtung meines Zimmers. Ich verstand sofort und machte mich auf den Weg zu meinem Zimmer um mich umzuziehen.