Prolog

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Ich fuhr mit meiner Mutter die Landstraße entlang. Die Stimme von Elvis kam laut aus dem Radio und meine Mutter sang lauthals mit.  Es kam gerade der Song "Can't help falling in Love", das war der Lieblingssong von meiner Mutter. Die Sonne schien mir ins Gesicht, es war ein wunderschöner Frühlingstag. Weit und breit an der Landstraße waren nur Bäume. Überall. Und wir waren das einzige Auto, das fuhr. Unser kleiner, blauer Volvo hatte seine besten Jahre schon hinter sich, doch er blieb treu und fuhr zum Glück noch einwandfrei, denn einen neuen konnten wir uns eindeutig nicht leisten. Ich würde nicht sagen, dass wir arm waren, aber wir passten schon auf, dass wir nicht zuviel ausgaben.

Plötzlich konnte ich einen Klingelton neben der Stimme von Elvis ausmachen. "Ist das dein Handy?" fragte ich meine Mutter. Sie schaute mich erst etwas verwirrt an, begriff dann aber recht schnell und holte ihre Tasche auf den Schoß. Dann fing sie an in ihrer Tasche zu wühlen, und achtete dabei kaum noch auf die Straße. Mir war ziemlich unwohl, dass mitanzusehen und fragte sie: "Soll ich nicht lieber für dich suchen, Mama? Du solltest dich echt auf die Straße konzentrieren". Wir fuhren gerade an einer kleinen Nebenstraße vorbei, als plötzlich, wie aus dem Nichts, ein großer Laster kam und, ohne zu schauen, auf die Straße fuhr. Wir hatten den Laster beide gesehen, doch es war zu spät. Wir fuhren mit einer rasenden Geschwindigkeit in den Laster. Ich hatte das Gefühl, als ob alles in Zeitlupe passiert, aber gleichzeitig einfach an mir vorbei zieht und ich konnte nichts dagegen tun. Dann war plötzlich alles Schwarz. Ich dachte, ich sterbe.

Als ich wieder zu Bewusstsein kam, lag ich in etwas weichem. Neben mir piepte etwas gleichmäßig im Takt. Ich konnte meine Augen nicht öffnen, mein Körper schien einfach nicht auf mich hören zu wollen. Dann schlief ich wieder ein und mit mir schien die ganze Welt zu erstarren. Ich nahm noch war, wie in weiter ferne ein Alarm losging, doch dann war da nichts mehr. Ich sah nur schwarz, aber es war ein angenehmes Schwarz, und ich fühlte mich unendlich müde.

Irgendwann wachte ich wieder auf. Diesmal konnte ich sogar meine Augen öffnen, doch ich musste sie direkt wieder zusammen kneifen, da das Weiß der Wand mich so blendete. Der Raum war generell nur weiß. Außer die Maschinen, die neben meinem Bett standen. Von einer, dieser Maschinen kam auch dieses gleichmäßige Piepen. Ich fragte mich, warum ich hier war. Ich hatte das Gefühl, als ob ich irgendwas wichtiges vergessen hatte.

Plötzlich fiel es mir wieder ein. DER UNFALL. Ich musste meine Mutter finden, sie muss doch hier irgendwo sein. Ich setzte mich an die Bettkante und versuchte aufzustehen, doch mir wurde schwarz vor Augen und musste mich schnell wieder auf das Bett setzen. Auch Schläuche, die mich an diesen blöden Geräten anschlossen, hinderten mich am Gehen. Ich war ziemlich entschlossen alles von mir abzureißen und meine Mutter suchen zu gehen. Draußen konnte ich hören, wie ein Alarm anging, und ich war mir ziemlich sicher, dass er wegen mir war, aber es war mir egal. Ich stand schon neben meinem  Bett, und versuchte die Schläuche zu entfernen,als plötzlich Krankenschwestern und Ärzte in mein Zimmer gestürmt kamen. In diesem Moment verließen mich meine Kräfte, und ich fiel mit voller Wucht auf den Boden. Dann kamen die Krankenschwestern bei mir an, hieften mich hoch und drückten mich sanft, aber bestimmt, in das Bett zurück.

"Wo ist meine Mutter?" fragte ich, in dem Versuch, ruhig zu bleiben. Als sie nicht antworteten, ahnte ich schon schlimmes. "Wo ist mein Mutter?" fragte ich sie nun hysterisch, ich schrie sie fast schon an.

"Deine Mutter ist tot. Sie hat den Unfall nicht überlebt. Sie hat sich über dich geschmissen, dich beschützt, und musste dafür mit ihrem Leben zahlen."

LillianWhere stories live. Discover now