»4« Una vida conmigo

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K A T R I N A

Das Plätschern von Tropfen, immer wieder in derselben Geschwindigkeit, hallt in meinen Ohren wie ein Echo durch die Berge und lässt mich auf einen Schlag die Augen aufreißen. Zunächst fühlt es sich wie in einem Traum an; das Geräusch kaum zu identifizieren, bis es immer lauter und lauter wird und du unwillkürlich den Kopf schüttelst, spürst wie du panisch wirst, ehe du verschreckt aufwachst und feststellen darfst, dass es nur ein Albtraum gewesen ist.

Doch diesmal ist es kein Albtraum.

Der Geruch von Benzin und Lack bahnt sich in meinen träge hängenden Kopf, lässt mich langsam aufschauen. Ich zucke zusammen, als ein stechender Schmerz durch meinen Nacken zieht.

Wo bin ich?

Stoßweise ausatmend durchsuchen meine Augen von Panik bestimmt die Umgebung.

Eine Lagerhalle?

Ein raues Seil kratzt um meine Handgelenke, welches ich erst bemerke, als ich mir über die brennenden Augen reiben möchte. Festgebunden bin ich auch noch. Als hätte ich jemanden ermordet und nicht die Leute, die mich entführt haben.

Gott, ich wurde einfach mitgenommen!

Erst jetzt scheine ich zu realisieren, was eigentlich geschehen ist und mein Körper reagiert dementsprechend. Die Panik überkommt mich wie eine Flutwelle, schnürt mir die Kehle zu und nimmt mir die Luft zum Atmen. Wo zum Teufel bin ich? Und was hat man mit mir vor? Wird man mich umbringen? All die Fragen sorgen für einen ziehenden Schmerz in meinem Kopf, sodass ich dem hastig ein Ende bereite.

Beruhige dich, Rina...

Erst ausflippen, wenn du weißt, dass du hier nicht mehr lebend rauskommst.

„Solch ein Fehler ist beschämend und darf nie wieder passieren. Jetzt muss ein unschuldiges Mädchen darunter leiden. Es wäre falsch sie einfach zu töten", ertönt eine aufgebrachte Stimme und reißt mich aus den Gedanken. Stirnrunzelnd halte ich rasch den Atem an und lausche.

„Wieso? Ich meine, wir können sie einfach aus der Welt schaffen. So wichtig ist ihr Leben nun auch wieder nicht", erwidert jemand anderes.

Mein Herz setzt einen Schlag aus. Sie werden mich töten.

„Sei still, bevor der Boss dich hört! Willst du etwa, dass er dir die Ohren abschneidet, du Idiot?  Er entscheidet, was mit dem Mädchen geschehen wird", antwortet nun jemand anderes. Oder war es derjenige, den ich zuerst gehört hatte? Keine Ahnung. Mir schwirrt der Kopf und es tanzen immer wieder mal kurz schwarze Punkte vor meinen Augen. Ich beiße die Zähne zusammen, um ja nicht das Bewusstsein zu verlieren. Ich muss wach bleiben und schauen, wie ich hier wegkomme!

„Boss", räuspert der Kerl sich nun. Ich höre feste, jedoch langsame Schritte, die immer näher kommen.

„Ich glaube, sie ist noch gar nicht wa...", fügt er hinzu, doch da wird er von einer tiefen Stimme unterbrochen.

„Ruhe." Gelassen und melodiös zugleich, dennoch fest genug, sodass keiner sich traut zu widersprechen. Ich erschaudere.

Mit einem qualvollen Geschrei, öffnet sich die Metalltür. Mein Körper quittiert dies mit einer unangenehmen Gänsehaut. Mein Blick ist gesenkt - bis ich seine Anwesenheit spüre. Er kommt langsam näher. Bei dem Gedanken fängt mein Herz schneller an zu schlagen. Meine kalten Hände schwitzen und ich streiche sie an meiner Hose ab.

„Du bist wach."

Ich schrecke auf, verkrampfe mich total als ich dem tiefen Klang seiner Stimme folge. Mein Kopf schnellt hoch und ich sehe ihn an. Langsam lasse ich die angestaute Luft aus meinen Lungen entweichen als mir klar wird, dass er mich gar nicht mal so böse ansieht. Seine große, aufrechte Figur wirkt bedrohlich und wirft einen Schatten auf mich. Er hat breite Schultern, Muskeln zieren seinen eindrucksvollen Körper - nicht zu viele, doch genug, um mich einzuschüchtern. Scheu lasse ich meinen Blick schweifen, sehe sein sandfarbenes und in Wellen zurückgekämmtes Haar, seine perfekt geschwungenen Augenbrauen, die leicht gefurcht sind. Seine kalten, distanzierten giftgrünen Augen zeigen keine Emotionen, blinzeln nicht einmal. Mein Blick gleitet weiter, entdeckt das Ende eines Tattoo's, der nur wegen des geknickten Kragens seines schwarzen Hemdes zu sehen ist und ihn gefährlicher wirken lässt. Seine dunklen Klamotten verstärken den Effekt. Ihn umgibt eine düstere, unheimliche Aura.

Belleza del SilencioWo Geschichten leben. Entdecke jetzt