Die Pause verbrachten wir schweigend in der Cafeteria, sie vor ihrem Tablett und ich vor meiner Flasche Wasser an der ich gedankenverloren das Etikett herunterkratzte.
Nach einiger Zeit wandte sie sich von ihrem Essen ab und schaute mich eindringlich an. Ich schüttelte verzweifelt meinen Kopf und verkroch mein Gesicht in meinen Händen.
Langsam richtete sich mein Blick auf sie, da ihrer immer noch auf mir ruhte.
„Ich hab deine Arme gesehen Chloe."
Beschämt zog ich die Ärmel noch weiter über meine Hände. Warum schämte ich mich vor ihr? Sie hatte das auch schon durchgemacht und ich tat so als wäre ich der erste Mensch der sich selbst verletzen würde. Irgendwie Lächerlich.
Ich räusperte mich und erzählte ihr kurz was passiert war. Traurig sah sie mich an: „Willst du noch etwas raus? Wir haben noch etwas Zeit bis zum nächsten Kurs."
Wir hatten jetzt eine Freistunde und dann nur noch einen Kurs bis zum Unterrichtsende.
Ich nickte und versuchte vergeblich den Klos in meinem Hals herunterzuschlucken.
„Ich weiß nicht, irgendwie bricht zurzeit alles zusammen. Warum bin ich eigentlich noch da? Macht doch keinen Sinn.", entsetzt darüber dass ich das gerade laut gesagt hatte biss ich mir auf die Lippe und starrte auf den Boden.
„So darfst du nicht denken, es macht Sinn, dass es uns gibt. Irgendwas muss sich doch der da oben", sie blickte in den Himmel, „ dabei gedacht haben als er uns erschaffen hat. Hört sich jetzt so dumm an, aber ich hab auch schon sehr oft daran gezweifelt und war mir ziemlich sicher, dass ich nutzlos bin und nur ein Hindernis für alle bin. Aber so dämlich und lächerlich sich das jetzt auch anhören wird....es wird alles irgendwann wieder leichter. Ich spreche aus eigener Erfahrung."
Ich dachte eine Zeit lang über ihre Worte nach und schüttelte dann den Kopf; „Wer sagt, dass das bei mir auch so sein wird? Anscheinend bin ich nicht die richtige für diese Welt. Ich pass hier nicht rein. Ich mein Schau mal irgendwie läuft alles gegen mich. Aber was rede ich da....ich brauch dich jetzt nicht mit Selbstmitleid volljammern."
„Selbstmitleid bringt auch nicht viel. Ist jedem ziemlich egal wenn's einem schlecht geht. Die meisten bemerken es nicht einmal. Und wenn du ihnen mit Selbstmitleid anfängst bist du eh unten durch bei denen weil du dann ihrer Meinung nach nur Aufmerksamkeit suchst."
Ich stöhnte und musste ihr leider zustimmen. Es stimmte schon und was brachte es mir? Nichts. Gar nichts. Für die meisten Menschen ist man immer die gleiche Person oder eher nur ein Gegenstand der einfach funktionieren musste wie es normal war. So wie man es sich vorstellt und es sich eben gehört.
Ich schaute auf die Uhr und bemerkte, dass schon über eine dreiviertel Stunde vergangen war und wir uns bald mal auf den Weg zum nächsten Kurs machen sollten.
Auch der verging überraschend schnell und als es zum Schulschluss läutete beeilten wir uns aus diesem Gebäude heraus zu kommen.
Wir kamen an einem kleinen Lokal vorbei, welches ich noch kein einziges Mal gesehen hatte, obwohl es in einer Seitenstraße entfernt von meinem normalen Weg lag.
Wir kauften uns etwas zu essen, da es hier wie ein kleines Paradies für mich war.
„Wir achten sehr darauf, dass die tierischen Produkte die wir verwenden von der Region sind und die Tiere niemals leiden mussten. Hier,", sie zeigte auf eine kleinere Theke, „findet ihr Vegane Gerichte und der Rest ist natürlich alles Vegetarisch.", erklärte uns die freundliche Verkäuferin.
***
„Das Essen war großartig! Ich glaub hier muss ich öfters her.", sagte ich glücklich zu Selina.
„Oh ja das werde ich auch tun!", stimmte sie mir zu, da sie ebenfalls sehr begeistert von dem Essen war.
Auch wenn es gerade nur ein kleiner Augenblick war, konnte ich für einen winzig kleinen Moment die ganzen Sorgen und Probleme der letzten Zeit hinter mir lassen und etwas unbeschwerter den Moment genießen.
Aber sobald sich Selinas und mein Weg trennten, brach alles noch viel schwerer auf mich zurück. Meine Schritte wurden schwerfälliger, mein Atem schwerer zu kontrollieren und ich hatte das Gefühl, eine unsichtbare Hand schloss sich um meinen Hals.
Ich war froh, als ich endlich den kalten Griff des Gebäudes in meine zitternde Hand schloss. Jetzt war es nicht mehr weit bis ich mich endlich setzen konnte, denn allmählich verlor ich das Vertrauen in meine dünnen, schwachen Beine. Ich wusste nicht, wie lange, sie noch vorhatten mich zu tragen.
***
Langsam versuchte ich meine Augen zu öffnen, was mich so viel Kraft kostete, dass ich mich schon allein durch diese Bewegung um so vieles erschöpfter fühlte.
Ich lag zusammengekauert auf dem Fußboden hinter unserer Wohnungstür und es war mir ein Rätsel wie ich es bis hier her geschafft hatte.
Meine keuchende Atmung wurde wieder regelmäßiger und mein extremer Herzschlag wurde allmählich auch wieder etwas langsamer.
Vorsichtig bewegte ich langsam all meine Gliedmaßen nacheinander um zu testen ob ich mich bei dem Sturz verletzt hatte. Doch nach der ersten Einschätzung war soweit alles in Ordnung.
Meine Haare klebten mir kreuz und quer im nassen Gesicht, teils vom Schweiß aber auch von den Tränen, die immer noch dick meine Wangen herunterkullerten. Mit einer Atemtechnik versuchte ich mich weiter zu beruhigen, was nur sehr langsam klappte.
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Verlass mich nicht!
Teen FictionMit dem Tod geht jeder anders um, doch wenn man mal wirklich in der Situation ist bricht die ganze Welt für einen zusammen. Wofür lebt man noch? Macht es noch Sinn irgendetwas zu tun? Diese Fragen stellt sich Chloe, die vor kurzen ihren besten Freu...