Too Near

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"Jongin, du legst das Stuhlbein sofort wieder auf den Boden und versuchst es nicht wieder an den Stuhl zu kleben." erklang Chanyeols Mutter verzweifelt aus der Küche, als ich am Samstag wieder bei Chanyeol war, damit wir an unserer Geschichtsarbeit zum Thema Zweiter Weltkrieg weiterarbeiteten.
Bevor wir in sein Zimmer waren, hatte Chanyeols Mutter Mittag zubereitet und mich mehr oder weniger dazu genötigt mit den dreien zu essen.
Das Essen war gut, wenn nicht sogar perfekt, aber was die muntere Stimmung am Tisch, wortwörtlich zum kippen brachte, war dass Jongin so lange kippelte, bis sein Stuhl kaputt ging.
Um jeglicher Konfrontation aus dem Weg zu gehen, hatten Chanyeol und ich uns in sein Zimmer verzogen, um uns wieder an die Arbeit zu machen, während die anderen beiden versuchten irgendwie wieder den Stuhl auf seine vier Beine zu stellen.
"Aber Tantchen, mit Klebeband kann man alles kleben. Damit hab ich sogar meine Beats wieder zusammengeflickt, als ich mich mal drauf gesetzt habe und die gehen heut immer noch." behauptete Chanyeols Cousin laut und stolz von sich.

Chanyeol lachte und scrollte sich über seinen für mich viel zu hellen Monitor nach Infos.
Ich dagegen hatte mich auf sein Bett gesetzt und schrieb einige Notizen über die damalige Lage Deutschlands aus dem Internet auf, die ich auf meinem für mich idealisierten, eigenen, Laptop ablas.

"Das sind aber keine überteuerten Kopfhörer, das ist ein Stuhl zum Sitzen.
Wenn du den so zusammenklebst, dann wird er wieder zusammen brechen, wenn du dich darauf setzt." Kisae klang als würde sie versuchen einem Kind zu erklären, wie Kinder gemacht wurden, nur verzweifelte sie ungemein daran.
Auf der einen Seite war es wirklich witzig, auf der anderen Seite tat sie mir Leid, da ich in der vergangenen Woche gesehen hatte, wie schwer Jongin sein konnte.
Klar er war total cool und lässig drauf, lässiger noch als Chanyeol, aber dennoch war er ein totaler Trampel und Tollpatsch, der es noch immer unverändert auf Kyungsoo abgesehen hatte, der von Jongin jedoch nichts wissen wollte, was den neuen ziemlich verzweifeln ließ und Chanyeol, Chen und mich zum lachen brachte.
"Dann setzt man sich da halt nicht mehr hoch. Es gibt doch extra so Dekostühle und dann ist das so einer." beschloss er.
Chanyeol lachte erneut tief auf.

Kisae war verstummt und wir erfuhren nun nicht mehr was aus dem kaputten Stuhl wurde, aber wir würden es ja eh sehen, wenn wir Chanyeols Zimmer wieder verlassen würden.

Zum dritten Mal lachte Chanyeol und drehte sich auf seinem Drehstuhl in meine Richtung, als ich aufsah.
In seinem Gesicht herrschte ein überaus amüsierter Gesichtsausdruck und seine schmalen Lippen waren zu einem breiten Lächeln verzogen, was ihn wirken ließ, wie einen kleinen Jungen.
Und obwohl es in Chanyeols Zimmer eigentlich nicht warm war, war es mir aufeinmal wie einfach so einen Schalter eingeschaltet.
Sein lächeln war so unbeschwert, so als hätte das Biest was sich als meine Mutter ausgegeben hatte nie seine Familie in den Ruin getrieben.

"Weißt du, dass Hitler ein totaler Idiot war?" fragte er mich völlig aus meinen Gedanken um Deutschland vor der Zeit des Nationalsozialismus gerissen und beugte sich vor, um mit mir auf Augenhöhe zu sein.
Ein wenig verdattert schüttelte ich den Kopf.
"Jedenfalls, er war gebürtiger Österreicher und jetzt kommts, er ist nach Deutschland maschiert, als Österreicher, behalte dir das im Kopf, und hat dort angefangen mit seinem gelaber über perfektes Deutschland und alle anderen Länder und Religionen sind nichts Wert. Er hat sich ideale gesetzt denen er selber nicht mal passte oder an die er sich hielt.
Klar er war depressiv darüber, dass der erste Weltkrieg auch nicht gut ausging.
Das ist aber kein Grund sein Bild von einem perfekten Deutschen umzusetzen, wenn er selber nicht mal Deutsch war.
Ich weiß nicht ob die deutschen damals einfach grenzenlos bescheuert waren oder es total gefeiert haben, dass ein Ausländer ihnen vorgeschrieben hat, wie man sich zu verhalten hat.
Der dazu auch noch den zweiten Weltkrieg heraufbeschworen hat und ein verdammter Massenmörder war und dazu noch rassistisch in einem Land dessen Nationalität er nicht mal hatte." fand er es äußerst witzig.
"Die Menschen in Deutschland haben ihn auch nicht deshalb an die Spitze kommen lassen, sondern weil er allen das blaue vom Himmel versprochen hat.
Nach dem ersten Weltkrieg lag ganz Deutschland brach und er hat ihnen mit seinen überspitzten und nicht zurückhaltenden Reden wieder mehr oder weniger Mut gemacht und sie gewollt nach seinem Bilde manipuliert." stellte ich mit Fakten richtig und hätte mir lieber auf die Zunge gebissen, da Chanyeols Lächeln erstarb und er mich mit diesem 'Typisch Streber' Blick ansah, den ich in meinem Leben schon zu oft abbekommen hatte.
Um die Situation ein wenig zu entschärfen und um ein wenig Amüsantheit zu schüren lachte ich schwächlich, doch ich war nichtmal selber von mir überzeugt Chanyeols Fakten witzig zu finden.

Um meine Nase wurde mir noch wärmer, aber diesmal wusste ich dass es von meinem plötzlichen Scharm kam.

Chanyeol seufzte und legte den Kopf schief.
"Tust du lose Worte immer mit Fakten nicht mehr lustig machen?" harkte er nach und zog eine Augenbraue hoch.
Mein Herz raste.
Ich wusste nichtmal wieso, aber ich hatte das Gefühl, dass Chanyeol mir ein scharfes Messer an die Brust gesetzt hatte und mich abstechen würde, würde ich einen Ton von mir geben, weshalb ich einfach nur stumm den Kopf schüttelte und mein Mund wie zu geklebt war.
Was war den los mit mir?
Weder quasselte ich mit Fakten vor mir herum, noch raste mein Herz wegen einer einfachen und eigentlich rhetorischen Frage.
"Du brauchst nicht rot zu werden.
Ich wusste das selber. Aber das ist ein Punkt in der Geschichte den ich lustig und ein wenig unverständlich zugleich finde."
Rot.
Farben.
Farben, die ich nicht sehen konnte, die sehen würde.

Aufeinmal änderte sich Chanyeols Gesichtsausdruck und versteinerte fast in einer ziemlich verträumten Art und Weise, während er mich nicht aus seinem unbeirrten und klaren dunklen Blick ließ.
"Rot ist das, was man fühlt, wenn einem einfach mal so warm wird, oder die Farbe des Blutes.
Rot ist warm, kann einen aber auch aufbrausend, dann bedeutet es sowas wie Wut."
hielt er mir vor die Nase und ließ mich noch immer nicht aus seinen Augen, während ich vor ihm saß, einfach nur vor mich hinblinzelte und in sein Gesicht sah.

Der Stuhl stand nicht sonderlich weit von dem Bett entfernt und zwischen meinem und Chanyeols Gesicht herrschte maximal ein Abstand von dreißig Zentimetern, der langsam immer weniger zu werden schien.
Ich streckte meinen Rücken durch und wollte irgendwo anders hinsehen, doch Chanyeols Augen hatten mich gefesselt und ließen mich nicht mehr entwischen.
Mein Herz schien mir aus der Brust zu springen, während alles an mir kribbelte und ich mir nicht erklären konnte was das in mir auslöste, aber ich hatte es bis jetzt nur bei Chanyeol gefühlt.
Total komisch und nicht grade logisch in meinem Empfinden.

"Chanyeol! Deine Eo..." Jongin stürmte in Chanyeols Zimmer und verstummte in seinem Satz, als Chanyeol von mir wegschreckte und ich ziellos mit meinem Blick im Raum herumirrte, dessen Fenster zugezogen waren, damit ich besser sehen konnte.
"Was habt ihr grade gemacht?" fragte Chanyeols Cousin in der Tür und klang, als hätte er uns dabei erwischt, wie wir mit Gras gedealt hatten.
Wobei ich mir die Frage stellte bei was Jongin uns eigentlich erwischt hatte?
Chanyeol und ich hatten nichts verbotenes getan oder?
Wir hatten gar nichts getan, außer dass er versucht hatte mir auf seine komische Art und weise eine Farbe zu erklären, die ich nicht sehen konnte.
Damit konnte ich immer noch nicht viel anfangen und verstehen tat ich es auch immer noch nicht.
Er konnte es sich eigentlich sparen, aber er versuchte sich dennoch weiter damit.
Sein Ehrgeiz war ganz niedlich, aber es brachte mir nicht viel, denn ich hatte noch immer meine Farbenblindheit und würde diese nie loswerden.
Dennoch hatte ich genau das bereits in meinem leben gefühlt, was er beschrieben hatte. Mir war in letzter Zeit ziemlich oft einfach so warm geworden und auch war ich wütend, unergründlich wütend auf mich selber, dass ich mich nicht traute Chanyeol die Wahrheit über seine Familientragödie zu erzählen und das ich so feige war und es für mich behielt, so wie auf die Frau, die Schuld daran war und mich auch noch von meiner leiblichen Mutter weggerissen hatte.

...

OMG...
Nach dieser Woche hab ich alle klassenarbeiten und den ganzen Kram durch und kann endlich mehr an den neuen anstehenden storys schreiben
😄

Übrigens lass ich da wo ich grad schreibe es hier langsam aufs Ende zu gehen
Aber wirklich langsam
😂

So wie ich mich kenne wird es hier dann mit 70 oder 75 kapiteln enden und auch festgelegt als einteiler Enden
😆

Ich hoffe Colourfull Desire gefällt euch xD
Und spoiler: an der stelle an der ich grad schreibe wird es traurig
Ihr wisst wie ich drama und tränen liebe
😘

Wir lesen uns vielleicht heute nochmal
Eure dreamtaels
😘😘😘

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