Die Bahntür öffnete sich zischend und entließ mich auf einen sauberen Bahnsteig.
Ich sah mich nervös um.
"Wenn sie ein Taxi brauchen...", sagte eine rothaarige Frau in Lederjacke und deutete auf den großen Parkplatz.
Ich nickte ihr dankend zu und lief mit zitternden Beinen zu einem der Autos.
Der Taxifahrer lächelte mich freundlich an, "Wohin soll's gehen?"
"Tunsas Countey, Hotel Maey.", sagte ich und schlug die Auotür zu.
Ich zog meine Tasche auf den Schoß, um mir meine Sonnenbrille aufzusetzen.
"Passt die zum Wetter?", fragte ich den Taxifahrer, der gerade auf die Schnellstraße einfuhr.
Er grinste amüsiert, "Sind sie Britin?...Natürlich passt sie zum Wetter."
Er ließ seinen Blick noch einmal über mich streifen, bevor er ihn wieder auf die Straße richtete.
"War es eine spontane Reise hier her nach Tunsas?", fragte er.
Ich verstummte, "Nein. Es war...nur für später geplant."
Viel später. Dachte ich. Wahrscheinlich wäre ich sogar niemals hergekommen.----
Der Ausblick war unfassbar.
Sah man aus dem rechten Panoramafenster, konnte man die Tunsas Skyline sehen.
Sah man aus dem Linken, sah man das türkis-blaue Wasser des Flusses.
Ich stellte meine Tasche neben mir auf dem Boden ab und ließ mich auf das große Sofa fallen.
In meinem Kopf herrschte ein einziges Chaos.
Einerseits war ich fasziniert von dieser Aussicht, den Früchten und dem Champagner neben mir (gut, den Champagner könnten sie auch gegen Bier austauschen), aber andererseits hatte ich so schrecklich viel Angst vor dem, was uns erwartete.
Es klopfte an der Tür und ein Kellner trat ein.
Er trug eine streng zurückgekämmte Frisur, eine große Brille und eine Serviette über dem Arm.
"Kann ich ihnen noch irgendetwas bringen, Ma'am?"
Ich nickte, "Ich hätte gerne ein Bier."
Er verbeugte sich leicht vor mir, "Sicher."
Eilig zog er eine Flasche aus dem Wagen hinter sich und reichte sie ihr.
"Ich hoffe, der Aufenhalt hier ist eine Erholung für Sie."
Und damit verschwand er.
Aufseufzend ließ ich mich zurück auf das Sofa sinken und nahm einen ordentlichen Schluck Bier.
Ich spürte, wir die kühle Flüssigkeit meine Kehle hinunterfloss und legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen.
Mein Inneres zerriss im Chaos meiner Gedanken förmlich.
Ich trank nochmal von meinem Bier.
Vielleicht würde ich es hier ja doch ausha-
Das Glas rutschte aus meinen schlaffen Fingern und zerbrach auf dem Boden.
Mein Kopf fiel zurück und mir wurde schwarz vor Augen.----
Ich blinzelte einmal, zweimal, dreimal...
Dann richtete ich mich auf.
Alles schwankte.
Was war passiert?
Wo war ich?
An der Tür konnte ich die Umrisse einer Person erkennen.
"Robby?", hauchte ich und meine Stimme klang schwammig, "Robby?"
Der Boden schwankte, als ich auf meinen kleinen Bruder zuging.
"Robby!"
Das Echo kam hundertfach zurück, doch mein Ruf schien ihn nicht zu erreichen.
Er schwankte mehr, als es der Boden tat.
"Rob!", schrie ich, als ich die Wunde an seinem Kopf sah, "Robert!"
Ich rannte los, doch ich schaffte es nicht, die Distanz zu überbrücken.
Ich blieb immer an einer Stelle, egal wie schnell ich rannte.
Plötzlich knallte es, ein stechender Schmerz durchzuckte mich und ZACK!
Schon wieder Schwarz.----
Mein Kopf tat weh, als hätte mir jemand eine Flasche auf dem Kopf zerschlagen.
Über mir erkannte ich Logans Gesicht, "Logan? Was machst du hier?"
Er strich mir beruhigend das Haar aus der Stirn und küsste mich auf die Wange.
"Wir sind an einem Ort.", hauchte er mir entgegen, "Das ist alles was zählt."
Verwirrt richtete ich mich und sah mich um.
Scherben lagen auf dem Boden, an den Rändern gelblicher Schaum, eine Blutspur zog sich durch den kompletten Raum, bis vor die Tür.
"Was ist passiert?"
Logan seufzte, "Die haben versucht dich zu vergiften."
Und plötzlich war alles wieder da!
Ich schreckte hoch, "Robby!"
Er runzelte die Stirn, "Was ist denn mit Robby?"
"Er war doch hier.", sagte ich verwirrt, "Und er war verletzt."
Logan schüttelte den Kopf, "Das war sicher nur das Gift."
"Wie lang war ich weg?", Ich ließ mich zurück in seine Arme sinken.
"Eine Stunde oder so.", sagte Logan leise, "Du hast vorne an der Tür gelegen und geblutet. Mensch! Du hast mir so einen Schrecken eingejagt. Selbst jetzt läuft's mir noch kalt den Rücken hinunter, wenn ich daran denke, wie du da lagst."
Ich küsste ihn auf die Wange, "Du bist der Beste, Logan."
Ich richtete mich auf und-
"Verdammt!"
Eine Hand vor den Mund gepresst stürzte ich ins Badezimmer, riss den Toilettendeckel hoch und erbrach meinen gesamten Mageninhalt in die Schüssel.
Ich würgte, ich hustete und spürte, wie Logan meine Haare im Nacken drehte und aus meinem Gesicht hielt.
Seine Finger strichen über meinen Oberarm, während sich Tränen meine Wangen hinunterstahlen.
"Geht's wieder?", fragte er, als ich mich mit dem Rücken gegen die Wand fallen ließ und den Kopf in den Nacken fallen ließ.
Ich nickte und Logan ließ meine Haare los.
"Mir ist so unfassbar schlecht."
Logan erhob sich und hob mich hoch.
Ich schlang meine Arme um seinen Hals und er fasste mich unter den Kniekehlen.
"Ich bring dich in's Bett."
Ich nickte abwesend und schloss die Augen.
Erst als er mich auf dem großen Bett ablegte, öffnete ich sie wieder.
"Bleib.", murmelte ich in die Kissen und neben mir senkte die Matratze sich unter Logans Gewicht.
"Schlaf.", flüsterte er zurück.----
Es krachte und klirrte und ich schreckte hoch.
"Was war das?!", fragte ich panisch und sah mich um.
Logan zuckte die Achseln und zog mich zurück in die Kissen.
Doch im selben Moment krachte es noch lauter, so, als würde jemand gegen die Fensterscheibe treten, schlagen oder...schießen.
"Das sind sie!", keuchte ich und sprang auf.
Logan schlug die Bettdecke zurück und stellte dich schützend vor mich.
Mein Atem pfiff und ich krallte mich in Logans T-shirt fest.
"Ich-", begann ich, doch ich wurde unterbrochen von meinem eigenen Schrei, als die Tür aufgestoßen wurde.
Logan rannte los, in Richtung Fenster und zog mich mit sich.
"Was wird das?!", schrie ich ihn an und zuckte zusammen, als Schüsse, die Luft zerissen.
"Bleibt stehen!"
"LOGAN!"
Noch ein Schuss zeriss die Luft und ich ließ mich zu Boden fallen.
"LOGAN!!!"
Ich hörte es noch mal laut klirren und dann spürte ich, wie mich jemand vorwärts zog.
Plötzlich war da nichts mehr, was mich hielt.
Ich fiel.
Mein Schrei tat mir selber in den Ohren weh.
Eine Millisekunde stand die Zeit völlig still.
Dann schlug ich hart auf dem Boden auf.
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Lass mich noch 5 Sekunden leben!
ActionAcht Jugendliche. Zwei Serienmörder. Die komplette Mafia. Nachdem Eliza Miracel und ihre Freunde Zeugen eines Mafiamordes geworden sind, sind sie auf der Flucht. Angst und Dunkelheit folgen ihnen auf ihrer unfreiwilligen Reise und egal wohin sie...