Mädchenhassende Jungs

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Und so bauten wir, bis in den Abend hinein. Wir erfüllten alles, was notwendig war in unserer Form auf. Die Tribüne wurde aus alten Sofas und einem Holzgestell aufgebaut. Den coolste Notausgang der Welt weihten Joschka und Raban mit einer sexy James Puppe ein. Sie jubelten lauthals, als die Puppe vom Katapult aus über den Zaun flog. Wir alle sahen zu ihnen und konnten uns ein Grinsen nicht verkneifen. Interessant sah es ja schon aus. Aber das mit Abstand schwierigste beim Aufbau war unsere eigene Flutlichtanlage. Um genauer zu sein eine Baustrahler-Flutlichtanlage. Mit aller Kraft zogen wir diese auf den zugehörigen Platz. Als es soweit war schrie Leon Raban zu, dass er sie anmachen solle. Und ich schwöre bei den Fußballgöttern, es war wilder als man es sich vorstellen konnte. 

Gemütlich genossen wir auf der Tribüne die Strahlen der Flutlichtanlage, auch wenn es noch einigermaßen hell war, wollten wir sie testen. Sie stand nicht umsonst dort. "Ist das nicht Aladin ober fantastisch?", fragte Deniz schließlich. Grinsend sah ich zu ihm hoch, da ich eine Reihe unter ihm auf einem Sofa lag. "Was denkst du wohl. Das ist nicht nur fantastisch, das ist wild" Zustimmend sahen die anderen nun auch zu mir. Keiner von uns konnte es sich verkneifen zu grinsen. "Und ob es das ist", stimmte mir Marlon zu. Sein Blick wanderte über unser Stadion. "Schade nur, dass Vanessa das nicht sieht" "Klugscheißer! Das wird sie schon noch" Wiedermal klang Leon, als ob er in die Zukunft sehen könne. Ungläubig lachte ich leise auf. Zwar bemerkte Leon dies, sagte aber nichts dazu. Eher versuchte er mich mit seinen Blicken zu töten. Doch das machte mir nichts aus, nein. Es war mir viel mehr egal. Eine halbe Ewigkeit saßen oder lagen wir still schweigend so rum. Keiner von uns wollte noch trainieren, dazu war niemand in der Stimmung. Doch wollten wir alle unser geschaffenes Werk genießen. Erst als es schon lange dunkel war, machten wir uns auf den Heimweg. Ich wusste genau, dass einige tot sein würde, wenn sie keinen Plan hatten. Ich meine, welchen Eltern ist es egal, dass ihr Kind erst nach Hause kommt wenn es stockdunkel ist? Keinen! So machten wir uns schließlich wiederwillig auf den Weg. Die Jungs mussten so ziemlich in die gleiche Richtung, nur ich nicht. Ich musste durch den Finsterwald hindurch. Aber es war eh nicht das erste Mal, dass ich im dunklen dadurch fuhr. Die Strecke konnte ich blind. 

Am nächsten Tag trat ich durch de Tür der Eisdiele hindurch. Vor mir saßen alle Jungs an der Theke, alle bis auf zwei. Mal wieder waren Leon und Deniz nicht da. "Wo sind die anderen?", fragte ich beiläufig, während ich mich dazusetzte. Raban, der neben mir saß, gab mir ebenso beiläufig eine Antwort:"Den schwarzen Punkt überreichen" Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch. Das konnte nicht deren Ernst sein. "Und das soll was bringen?" Darauf bekam ich keine Antwort. Nur ein Räuspern hinter mir gefolgt von der Frage "Was ist ein schwarzer Punkt bei euch?" von Leons und Marlons Vater. "Eine letzte Warnung vor der Bestrafung. So als eine Art Zeichen, dass man ein Verräter ist", antwortete ich ihm. Sonst hätte es eh keiner getan. Nach meiner Erzählung zog auch er ein skeptisches Gesicht, schüttelte den Kopf, blieb jedoch stumm. Keine Minute später trafen dann auch Deniz und Leon ein. Niedergeschlagen setzten sie sich auf die freien Plätze. Leons Vater gab ihnen die übliche Eisbestellung, bevor er sich wieder seinem Malen widmete. Ein ironisches Lachen entfuhr mir:"Respekt. Schien ja was geholfen zu haben" Doch außer bösen Blicken bekam ich wieder keine Antwort. Stumm löffelte jeder sein Eis oder spielte mit den Schirmchen oder sonst was rum. Nur Raban versuchte die Stille zu durchbrechen. "Und? Was machen wir jetzt?" Abwartend sah er durch die Runde. "Wie wäre es mit kämpfen?", fragte der Vater. Doch anstatt irgendeiner freudigen Antwort, weil er versuchte uns zu helfen, zickte Leon ihn nur an:"Was mischt du dich da ein?" Wäre es eine andere Situation hätte ich wahrscheinlich gelacht. Die Jungs blickten ihn erschrocken wie kleine Erdmännchen an. "Ups! Ja! Entschuldigung", wendete sich nun der Mann an uns,"Ich bin aber auch ein Dummerchen. Na ja! Aber wisst ihr, ich glaube da passiert gerade was mit euch was ihr noch nicht kennt" Bitte nicht! Ich hätte alles ertragen, außer eine Aufklärungs-Rede. "Und was soll das sein?", fragte Marlon und drehte sich leicht zu ihm um. "Tja, ich weiß nicht wie ich euch das sagen soll" Flehend saß ich nun da, in der Hoffnung er würde von Kaninchen und Regenbögen reden wollen. Die Jungs mitzuerleben, wie sie über Gefühle, Mädchen und Liebe aufgeklärt werden sollten stand eindeutig nicht auf meiner To-Do-Liste. "Da geht es um Mädchen" Shitt. Da war es. Erschrocken drehten sich alle Jungs auf einmal um, sahen den Vater an, als ob ihnen der Tod prophezeit werden würde. "Was erzählst du für nen Mist Papa?" Danke Leon, er machte die Hölle in diesem Augenblick nur schlimmer. Ich hatte mich nicht, wie die anderen, umgedreht. Ich saß weiterhin mit dem Gesicht zur Theke und spielte mit einem Strohalm. Wenn ich könnte, wäre ich schon längst geflohen. Nun würden die Mädchenhassenden Jungs wieder zum Vorschein kommen. 

"Das ist kein Mist Leon. Vanessa war schon immer ein Mädchen und Ella auch" "Ach was du nicht sagst", genervt blickte Marlon seinen Vater an. "Mhm. Ihr habt es nur nicht gemerkt. Und um ein Mädchen muss man halt kämpfen, auf das wartet man nicht" In den Gesichtern der anderen war Schock und Anwiderung zu sehen. Nach dem mein Name gefallen war, hatte ich mich auch umgedreht und betrachtete die anderen gelangweilt. "Vanessa will sehen ob ihr das Zeug dazu habt" Das wurde immer schlimmer und peinlicher. In der Hinsicht Mädchen waren die Jungs wirklich noch kleine Kinder. Es war als ob der Kontakt mit dem anderen Geschlecht tödlich wäre. Vanessa und mich hatten sie dabei verdrängt. Wir waren quasi schon männlich. "Igitt, kotz und bäh", entwich es Joschka. Und er hatte Glück nicht neben mir zu sitzen. "Mädchen, die stinken" Raban hatte nach diesem Satz weniger Glück. Mit Schwung holte ich aus und traf ihn am Hinterkopf. Mit einem Mal war auch das Gekicher der anderen verstummt. "Hey", schrie er laut auf. Das konnte nicht wahr sein. "Nichts hey. Verdammt Nessa hat Recht. Ihr seid wirklich noch Kinder" Wütend sprang ich auf und verschwand aus dem Laden. Im Hintergrund hörte ich noch wie auf sie eingeredet wurde, aber es war mir egal. Mit Schwung schnappte ich mein Rad und verschwand in Richtung Graffitiburgen.  

Ella-Der Sturm kommt näherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt