ZWEIUNDZWANZIG - Surprise Surprise

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Noch immer völlig verwirrt und leicht ängstlich was Nico von mir wollte, ließ ich mich von ihm die Treppe hinunter in den zweiten Stock ziehen.
"Was ist passiert?", wiederholte ich meine Frage jetzt schon bestimmt zum zehnten Mal. Und wie jedes Mal war Nico's Antwort darauf eisernes Schweigen. Überhaupt schwieg mich hier jeder an, naja fast jeder. Mittlerweile hatte es sich zwar schon erheblich gebessert, die anderen hatten mich in ihrer Mitte aufgenommen und ich fühlte mich hier auch Tausend mal wohler als ich je beim FIGR, für mich waren Sie mehr als nur Freunde, Sie waren schon so etwas wie meine kleine Familie, aber trotzdem, es war schon manchmal etwas beklemmend. Ach was beschwerte ich mich hier eigentlich?! Ich liebte es hier, klar merkte man, das nicht alle mich hier gerne hatten und doch hatte ich hier auch eine Menge Freunde, ganz oben auf meiner "Best-Friends-Liste", wie Sirius Sie nur zu gerne nannte, stand natürlich er selbst. Wir machten so gut wie alles zusammen, wirklich alles! Nur hatten wir leider nicht viel Zeit gemeinsam, denn ich musste viel Zeit in die Ausbildung meiner Kräfte stecken, so Aramis. Trotzdem saßen wir oft noch bis spät in die Nacht gemeinsam in meinem Zimmer und alberten herum, was anderes klappte auch nicht wirklich, denn Sirius konnte einfach nicht ernst bleiben. Es tat manchmal echt gut ihn als besten Freund und so auch ein bisschen als Ablenkung zu haben, wenn ich zum Beispiel wieder meinen dunklen Gedanken nachging. Was ich ziemlich oft tat. Zu oft. Wir erzählten uns alles, na gut, ich erzählte fast alles. Meine Träume von dem langen weißen Korridor, die ich immer noch hatte, hatte ich bis jetzt noch niemanden erzählt, nicht einmal Sirius. Das machte mir natürlich ein schlechtes Gewissen, aber... ich weiß auch nicht warum ich es niemanden erzählen wollte.
Wir liefen den schmalen Korridor entlang, an den Schlafräumen vorbei, auf die nächste Treppe zu, Nico hielt meine Hand noch immer fest umklammert. Ich wusste das es keinen Sinn hatte ihn weiterhin zu fragen was den nun zur Hölle passiert war, als hakte ich mich kurz entschlossen mit meinen rechten Arm am Geländer der Treppe ein.
Nico zog mich allerdings weiter, sodass mich der starke Ruck von den Beinen riss und ich schmerzhaft auf meinem linken Knie landete. Nico wurde ebenfalls zurück geworfen, er konnte sich allerdings besser halten und torkelte nur leicht, bemüht das Gleichgewicht zu halten. Aufgebracht wirbelte er zu mir herum.
"Was zum... was zur Hölle sollte das?". fragte er mich entgeistert, doch ich konnte noch immer den nervösen Unterton hören. Ich rieb mir während dessen meinen schmerzenden rechten Arm. Ich hatte nicht an meine Verletzung gedacht, denn obwohl Sie schon zwei Monate alt war, riss Sie ständig auf, eiterte und wollte einfach nicht heilen. Etwas gutes hatte Sherlocks Unterricht ja doch, denn von ihm hatte ich erfahren, das es sich bei der scharfen Wand um Obsidian handelte, an der ich mich so tief geschnitten hatte. Dieses Material, oder Stein, Glas was auch immer, besaß die Eigenschaft die Kräfte zu "bändigen", was so viel bedeutet, das wenn Obsidian in der Nähe ist man seine Kräfte nicht benutzten konnte. Wackelig kam ich auf die Beine und klopfte mir demonstrativ den Staub von der schwarzen Hose. Natürlich Schwarz. Ich war froh, als ich endlich meine eigene Kleidung haben konnte und mit nicht länger Sachen von Mercedes und Annabell leihen musste. Dieses Rot was Merc anhimmelte war nur einfach zu... Rot und auffällig. Ich hatte es lieber umgesehen zu bleiben, was mir mit meinen Haaren schon so schlecht gelang. Darum Schwarz.
Nico rang während dessen immer noch etwas nach Luft, wobei mir das schnelle Tempo überhaupt nichts auszumachen schien. "Ich will wissen was passiert ist!", war meine Antwort "Wo warst du? Und wie siehst du überhaupt aus? Und was um alles in der Welt ist denn jetzt passiert?", sprudelte es aus mir heraus. Nico hatte sich wieder gefangen und schaute mir tief in die Augen. Oh mein Gott, diese Augen... Halt! Unterbewusstsein, stopp! "Ich kann dir nicht sagen was passiert ist, selbst wenn ich es wollte und falls es dich beruhigt, es ist nicht mein Blut und warum ich ausgerechnet dich brauche...", sagte er in einem sehr leisen und fast schon etwas bedrohlichen Ton, der mir eine Gänsehaut verpasste. "... wirst du noch früh genug erfahren. Und jetzt komm!", sagte er und packte schon wieder mein Handgelenk. Widerwillig ließ ich mich dieses mal mitziehen. Ich versuchte mir keine Gedanken darüber zu machen, was mich nun erwarten würde und musste mich unbedingt mit irgendetwas ablenken. Gedankenverloren starrte ich auf Nico's Hinterkopf. Seine schwarzen Haare wirkten von dem ganzen Schmutz etwas grau und Sie standen alle wirr vom Kopf ab. Ich hatte ihn schon lange nicht mehr gesehen und er hatte sich auch nicht wirklich verändert. Woran lag es wohl das er so nervös war? An dem, was er mit nun zeigen wollte, oder vielleicht an... ja an was? Insgeheim hoffte ich ja schon irgendwie das etwas super aufregendes passiert war, schon allein um den Alltag etwas... bunter zu gestalten. Vielleicht war ha jemand gestorben? Aber stop Unterbewusstsein! Hatte ich dir denn nicht verboten sich zu melden?
Ich musste jetzt wirklich an was anders denken, das war doch nicht ich! Ich bin keine kleine sabbernde Gafferin die nur darauf wartet Aktion geboten zu bekommen, außerdem musste ich ans trainieren denken! Bäh, schon allein der Gedanke wie ich... Nein! Unterbewusstsein hör auf! 
Wir waren bereits im ersten Stock angekommen. Hier befanden sich der Gemeinschaftsraum, die Küche, Nico's Büro und seine privaten Räume. Wo also wollten wir hin? Wir machten vor der Wand gegenüber der Küche halt und Nico ließ das erste mal meine Hand los um etwas aus seiner Tasche zu kramen. Wer zog eine kleine Glasscheibe aus seiner Tasche, nicht viel größer als seine Hand. Ich wusste was das war, der Name war mitlr allerdings wieder entfallen, es war so was langes kompliziertes, jedenfall war es gleichzeitig so etwas was man vor ein paar Jahrzehnten noch Handy nannte und ein Scanner.
Nico ließ jetzt seinen Daumen am unteren Rand entlang fahren und das Ding erwachte zum Leben. Eine hellblaue Dreidimensionale Holoprojektion erschien in der Luft über der Scheibe und drehte sich langsam im Kreis. Nico tippte ein paar mal daran herum und plötzlich machte die Wand vor uns ein lautes, kratzendes Geräusch und mit einem leisen Zischen glitt die Wand zur Seite. Ich starrte wie gebannt in den schummrig erleuchteten Korridor der sich dahinter erstrecke. Warum hatte ich das noch nie bemerkt? Ich lief hier bestimmt zehn mal am Tag entlang! Nico grinste mir zu, griff wieder nach meiner Hand und zog mich durch den Korridor. Hinter uns glitt die Wand wieder an Ort und Stelle. Mir stand mein Mund wohl immer noch offen.
Wir erreichten eine dicke Eisentür am Ende des Ganges und Nico zückte noch einmal sein Glas-Ding und öffnete die Tür. "Ich bin der einzige der Sie öffnen kann", sagte er auf meinen Blick hin. Oh Gott! Was wartete denn dann hinter der Tür wohl auf mich? Auf einmal wollte ich überhaupt nicht mehr weiter.
"Ähm, also Nico...", wollte ich zu meiner Ausrede ansetzen, doch er schüttelte nur den Kopf, öffnete die Tür und ohne das ich mich hätte wehren können schob er mich in den kleinen hell erleuchteten Raum dahinter. Die Tür hinter mir viel mit einem lauten Knall ins Schloss. Ich schluckte schwer und drehte mich langsam um. Hätte ich das mal nicht getan, denn was ich jetzt sah ließ mein Herz für eine Sekunde still stehen. Entsetzt schnappte ich nach Luft.
Mein Gegenüber grinste mich nur fieß an. Das konnte doch nicht! Nein das war unmöglich, er... das war doch nicht er! Und doch, ohne Zweifel er war es.
"Guten Abend, Alice. Hat du mich denn schon vermisst?", sagte Alec.

Lost Memory [On Hold]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt